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Schweifsterne: Was von Komet Elenin übrig blieb

Mehreren Astronomenteams ist es um den 23. Oktober offenbar gelungen, die Überreste des zerbrochenen Kometen C/2010 X1 (Elenin) aufzufinden. Zuvor waren alle Versuche, den Kometen nach seiner Sonnenpassage wiederzufinden, erfolglos geblieben. C/2010 X1 war Ende August bei seiner Annäherung an das Zentralgestirn auseinander gebrochen.
Die Reste des Kometen Elenin
Einige der bislang besten Aufnahmen von dem, was von C/2010 X1 übrig geblieben ist, gelangen den Amateurastronomen Giovanni Sostero, Ernesto Guido und Nick Howes mit ferngesteuerten Teleskopen des GRAS-Netzwerks (Global Rent A Scope) in New Mexico. Sie fanden auf ihren Bildern vom 21. Oktober 2011 eine lang gestreckte, sehr lichtschwache "Wolke" an der Stelle, an der sich den Ephemeriden zufolge der Komet befinden müsste. Zunächst waren die Astronomen skeptisch – sie vermuteten etwa eine Reflexion in ihrem Teleskop als Ursache.

Als sie jedoch am 23. Oktober erneut belichteten, fanden sie dasselbe Objekt wieder, jedoch hatte es sich, wie für eine Kometenwolke erwartet, weiterbewegt. Die Wolke ist Sostero, Guido und Howes zufolge 40 Bogenminuten lang und sechs Bogenminuten breit. Sie bewegt sich mit der für den Kometen erwarteten Geschwindigkeit. Es handelt sich damit mit ziemlicher Sicherheit um das Trümmerfeld des zerstörten Kometen Elenin.

Inzwischen gelang es auch anderen Amateurastronomen, die Wolke zu sichten. Noch wenige Tage vorher waren alle Versuche, den Kometen wiederzufinden, fehlgeschlagen. Dies lag zum einen an seiner niedrigen Horizonthöhe und seiner Position im Zodiakallicht, zum anderen am störenden Mondlicht. Auch mit den Kameras des Sonnenobservatoriums SOHO war der Komet zuvor direkt nach seinem Periheldurchlauf nicht mehr zu erkennen gewesen. Inzwischen hat sich die Beobachtungsposition des Kometen aber deutlich verbessert.

Vor dem Auseinanderbrechen hatte man dem Kometen Elenin eine Maximalhelligkeit von bis zu 4 mag prognostiziert – er wäre damit knapp zum Objekt für das bloße Auge geworden. Statt dessen ist er jetzt nur auf lang belichteten Aufnahmen zu sehen.

Entdeckt wurde C/2010 X1 am 10. Dezember 2010 durch den russischen Amateurastronomen Leonid Elenin. Wie Sostero, Guido und Howes verwendete Elenin dazu ein ferngesteuertes Teleskop. Es war der erste Sonnenumlauf des Kometen – und wohl auch sein letzter. Am 19. August wurde C/2010 X1 von einem starken Sonnenflare und einem koronalen Materieauswurf getroffen. Auf den SOHO-Bildern war zu erkennen, wie der Schweif des Kometen kurzzeitig aufleuchtete, um in den folgenden Tagen rapide an Helligkeit zu verlieren. Von ursprünglich achter Größe fiel seine Helligkeit innerhalb weniger Tage um wenigstens eine Größenklasse. Vermutlich verursachte der Sonnensturm einen sprunghaften Ausstoß von Eis aus dem Kometenkern. Der fragile Komet zerbrach daraufhin wohl durch die Gezeitenkräfte der Sonne.

Dass Kometen infolge der Schwerkraft der Sonne oder großer Planeten wie Jupiter auseinanderbrechen, ist nicht ungewöhnlich. Im Jahr 2000 zerbrach Komet C/1999 S4 LINEAR ebenfalls beim Anflug auf die Sonne. Der Komet 73P/Schwassmann-Wachmann zerfiel über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren in eine große Zahl von Fragmenten, von denen die beiden größten bei ihrem letzten Vorbeiflug an der Erde im Frühjahr 2006 um 5 mag hell leuchteten. Am berühmtesten ist wohl der Komet D/1993 F2 (Shoemaker-Levy), besser bekannt als Shoemaker-Levy 9, dessen Fragmente im Sommer 1994 auf den Planeten Jupiter stürzten.

C/2010 X1 bewegt sich in den kommenden Tagen entlang der Ekliptik durch die Sternbilder Zwillinge, Fuhrmann und Stier. Er gewinnt aufgrund der steilen Lage der Ekliptik zum Horizont dabei schnell an Höhe – allerdings müssen sich Astrofotografen beeilen: Seit dem 16. Oktober entfernt sich Elenin von der Erde, und seine Trümmerwolke dürfte schon bald nicht mehr sichtbar sein.

Jan Hattenbach

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