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News: Wasser, das nicht spritzt

Wenn es regnet, ist für die Pflanzen Waschtag. Eine gute Gelegenheit, sich von den Schmutzpartikeln zu befreien, welche die Gesundheit oder Photosynthese der Pflanze beeinträchtigen können. Die Evolution entwickelte auch hierfür eine ausgeklügelte Idee: Die Blattoberflächen sind von einer wasserabweisenden, wachsartigen Schicht überzogen, von der Regentropfen abperlen und dabei den Schmutz mitnehmen. Ganz zum Ärger vieler Landwirte, denn nur etwa die Hälfte der versprühten Pflanzenschutzmittel erreichen ihr Ziel. Französische Forscher entdeckten nun, wie sie die Selbstreinigung der Pflanzen überlisten können. Indem sie dem Wasser eine geringe Menge an Polyethylenoxid zufügen, verwandeln sie es in eine Flüssigkeit, die sogar auf den abweisenden Blättern haftet.
Nur eine saubere Pflanze ist eine gesunde Pflanze. Deshalb entwickelten die Blätter vieler Arten eine wasserabweisende, wachsartige und raue Oberfläche. Mit Hilfe von Regenwasser werden so Verschmutzungen weggespült. Die Fähigkeit der Pflanzen nicht zu verschmutzen, bezeichnen Wissenschaftler als Lotus-Effekt. Vom Standpunkt des Züchters ist die Wasserscheu seiner Gewächse jedoch kontraproduktiv, denn Tropfen flüssiger Pestizide prallen von den Blättern einfach ab. Wenn ein Tropfen auf einer hydrophoben Oberfläche landet, wird dieser durch seinen Impuls zu einer Art flachem Pfannkuchen geformt. Die hydrophoben Moleküle der Blattoberfläche bilden keine Anziehungskräfte zu den Wassermolekülen aus. Der flache Tropfen zieht sich also ungehindert wieder zusammen. Dabei werden die Wassermoleküle so schnell, dass sie beim Zusammenstoß in der Mitte nach obern ausweichen und sich kleine Tröpfchen lösen. Dieser Vorgang bewirkt, dass rund die Hälfte der versprühten Pflanzenschutzmittel einfach zu Boden fällt und somit verloren geht und die Umwelt belastet.

Der französische Materialwissenschaftler Vance Bergeron und seine Mitarbeiter des Rhodia Researches in Saint Fons, Frankreich, fanden nun heraus, dass die Zugabe von nur 0,1 Gramm Polyethylenoxid pro Liter Wasser verhindert, dass die Tröpfchen zurückprallen. Die Forscher vermuten, dass die spiralförmigen Moleküle des Polymers die Verformung des Tropfens erschweren, indem sie seine Ausbreitungsgeschwindigkeit herabsetzen. Da sich der Tropfen jetzt langsamer ausdehnt, zieht er sich anschließend weniger heftig zusammen, und nur ein sehr kleiner Teil des Wassers gelangt wieder in die Luft.

Wie vielseitig das Polymer eingesetzt werden kann, beeindruckt die Experten. Denn Bergeron´s Beobachtungen könnten nicht nur die bisher eingesetzte Menge an Pflanzenschutzmitteln um die Hälfte reduzieren, sondern beispielsweise auch den Verbrauch von Tintenstrahldruckern und Farbsprühanlagen senken. "Es passiert nicht oft, dass man einen solch raffinierten Effekt derart vielseitig einsetzen kann", meint Jacob Klein, Materialforscher am Weizmann Institute of Science in Rehovot, Israel. Er bemerkt jedoch, dass das Polymer den Tropfen vermutlich nicht zusammenhält, sondern stattdessen die Flüssigkeit an die Blattoberfläche kettet. "Die Forscher haben den Effekt verständlich erklärt, aber keinen direkten Beweis hierzu präsentiert", bemerkt er.

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