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Ultraschallrufe: Weddellrobben erfüllen Antarktis mit Scifi-Klängen

Bislang haben wir offenbar »nur einen Teil der Unterhaltung« gehört. Denn die Wedellrobben der Antarktis produzieren einzigartige Sphärenklänge im Ultraschallbereich.
Wedellrobbe guckt in die Kamera

»Die Rufe der Weddellrobben erzeugen eine beinahe unglaublich geisterhafte Klangwelt unter dem Eis«, sagt Paul Cziko, der als Forscher in der antarktischen McMurdo-Station das Kommunikationsverhalten der Tiere ausgewertet hat. »Es klingt wirklich, als stecke man mitten in einer Weltraumschlacht von ›Krieg der Sterne‹.« Es sind die Ultraschallrufe der Tiere, die für diese Geräusche verantwortlich sind. Um sie als Mensch hören zu können, muss man sie darum auch in ihrem Frequenzspektrum nach unten schieben.

In einem Aufsatz im Fachblatt »Journal of the Acoustical Society of America« schildert das Team um Cziko, Forscher der University of Oregon, wie sie dem Kommunikationsverhalten von Leptonychotes weddellii auf die Spur gekommen sind. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hatten demnach eine Messstation unter dem Eis versenkt. Zwei Jahre lang bekamen sie so Bild und Ton aus der Unterwasserwelt in ihre Labors gestreamt. Dabei bemerkten sie, dass die Ultraschallrufe der Tiere kein Nebenprodukt »normaler« Lautäußerung zu sein scheinen, sondern einen eigenständigen und durchaus nennenswerten Teil ihres Repertoires ausmachen: Etwa 17 Prozent ihrer Rufe lägen ausschließlich im Bereich jenseits der menschlichen Hörschwelle von 20 Kilohertz. Die Wissenschaft habe darum »im Grunde einen Teil der Unterhaltung verpasst«, sagt Cziko.

Dass die Weddellrobben zu solchen Rufen in der Lage sind, war bislang unbekannt. Überhaupt kannte man zuvor ein solches Verhalten in der gesamten Gruppe der Robben nicht, zu denen auch Seebären oder das Walross zählen. Die Tiere sind extrem gut an das Leben im Wasser angepasst. Mit einem Atemzug können sie bis zu 80 Minuten tauchen und dabei sogar in Tiefen von 600 Metern vordringen.

© McMurdo Oceanographic Observatory
Ein Zusammenschnitt der Sphärenklänge mit Erläuterungen (englisch)

Insgesamt neun verschiedene Arten von Rufen hat das Team um Cziko nun identifiziert. Die höchsten hatten ihre tiefste Frequenz bei ungefähr 50 Kilohertz. Ob alle Tiere, gleich welchen Geschlechts und Alters, diese Ultraschallrufe ausstoßen, ist noch offen.

Auch wozu diese Äußerungen überhaupt dienen, fand das Forscherteam noch nicht heraus. Möglicherweise kommunizieren die Tiere auf diese Weise mit ihren Artgenossen; die hohen Töne könnten helfen, den Umweltlärm bei niedrigeren Frequenzen zu übertönen. Möglich sei aber auch, dass sich die Robben damit wie Wale oder Delfine unter Wasser orientieren. Gerade im polaren Winter mit seiner ganztägigen Dunkelheit wäre das sicher von Vorteil.

Was ihr Zweck auch ist, eine Wirkung hatten die Ultraschallrufe auf jeden Fall: Die menschlichen Zuhörer oberhalb des Eises haben den Livestream aus der Tiefe offenbar tatsächlich zum Einschlafen genutzt. Das erzählt Cziko jedenfalls in einer Pressemitteilung seiner Universität.

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