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News: Weibliche Hormone für ein besseres Gedächtnis

Hormone beeinflussen alle möglichen Prozesse in Körper und Gehirn. Sie können nicht nur das Verhalten ändern, sondern haben auch Einfluß auf Lernfähigkeit und Erinnerungsvermögen. Ein weniger bekannter Effekt des weiblichen Geschlechtshormons Östradiol - die Form, in der Östrogen im Körper am häufigsten vorliegt - ist, daß es besondere Verbindungen im Gehirn vermehrt, die mit dem Gedächtnis zusammenhängen.

Bereits seit einiger Zeit ist bekannt, daß Östradiol die Zahl der dendritischen Dornen – synaptische Verbindungen zwischen Nervenzellen – im Hippocampus erhöht. Diese Gehirnregion ist an Lernvorgängen und am Gedächtnis beteiligt. Mehr Schaltstellen zwischen ihren Neuronen sollten zu einem verbesserten Erinnerungsvermögen führen. Auf welche Weise das Horman allerdings die Anzahl der Verbindungen erhöht, war unbekannt.

Diane Murphy vom National Institute of Neurological Disorders and Stroke und ihre Kollegen lösten das Rätsel: Ihre Studie zeigt nicht nur, wie das Hormon die Neuronen beeinflußt, sondern auch, zu welchem Zeitpunkt des Menstruationszyklus welche Arten des Lernen verbessert werden. Die Wissenschaftler entdeckten, daß Östradiol eine zeitweilige Abnahme in der Konzentration des brain-derived neurotrophic factor (BDNF) im Hippocampus verursacht. Der Effekt ist nach einem Tag am deutlichsten sichtbar, die Abnahme des Nervenwachstumsfaktors beträgt zu diesem Zeitpunkt 40 Prozent (Proceedings of the National Academy of Sciences vom 15. September 1998).

Die Reduktion von BDNF ist anscheinend der erste Schritt einer Kettenreaktion, an deren Ende sich die Zahl der dendritischen Dornen erhöht hat, welche die Nervenzellen des Hippocampus miteinander verbinden. BDNF kontrolliert die Freisetzung eines inhibitorischen Transmitters im Gehirn. Eine geringere Konzentration an BDNF verringert daher auch das Ausmaß an hemmenden Signalen dieser Gehirnregion. Als Kosequenz daraus ist der Hippocampus weniger gedämpft und leichter zu aktivieren.

Diese Erregbarkeit ist der Schlüssel zum Lernen: Je leichter Neuronen zu erregen sind, um so wahrscheinlicher werden sie aktiv. Wiederholte Aktivität in einem bestimmten Erregungsgang im Gehirn stärkt die Verbindungen zwischen den Zellen dieser Leitbahn. Aktivität ist analog zum Lernen oder zur Wiederholung von etwas, das gelernt werden soll. Starke Verbindungen sind die Basis starker Erinnerungsspuren.

Bei Frauen nach der Menopause verbessert eine Hormonersatztherapie anscheinend das verbale Gedächtnis und erhält ihnen die Fähigkeit, Neues zu lernen. Vielleicht könnte eine Behandlung mit Östrogenen auch helfen, das Auftreten der Alzheimerschen Krankheit hinauszuzögern, einer degenerativen Nervenerkrankung, die das Gedächtnis betrifft.

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