Motivation und Burnout: Na, wie läuft das Studium?

Viele Studierende sind hoch motiviert und wollen viel lernen. Andere versuchen, mit möglichst wenig Aufwand an einen Abschluss zu kommen. Findet man beide Gruppen in jedem Studienfach gleich häufig vor? Das wollte eine finnische Forschungsgruppe um die Pädagogin Satu Laitinen von der Universität in Turku wissen. Insgesamt wurden 2347 Studierende in Finnland befragt – etwa zwei Drittel im Jahr 2019, das verbleibende Drittel im Jahr 2022. Wie zielstrebig lernten sie? Wie interessiert und wie engagiert waren sie? Neigten sie dazu, Aufgaben aufzuschieben? Ließen sie sich leicht ablenken? Daneben wollten die Forschenden wissen, wie die Befragten ihr Studium erlebten: Fühlten sie sich der studentischen Gemeinschaft zugehörig? Waren sie erschöpft? Litten sie unter Stress oder Versagensängsten?
Wie das Team nun in der Fachzeitschrift »Learning and Individual Differences« berichtet, ließen sich die Studierenden anhand ihres Lernverhaltens grob drei Gruppen zuordnen. 35 Prozent neigten eher dazu, das Lernen zu vermeiden, das heißt, nur das Nötigste zu tun, Aufgaben aufzuschieben oder sich ablenken zu lassen. 15 Prozent tendierten zum anderen Extrem: die Aufgaben zielorientiert anzugehen und meistern zu wollen – von den Forschenden »Mastery«-Orientierung genannt. Diese Gruppe hatte auch die höchste Selbstwirksamkeitserwartung und verspürte am wenigsten Angst und Stress. Die übrigen 50 Prozent lagen dazwischen, erreichten also durchschnittliche Werte, was die Autoren als womöglich flexiblere »moderate« Orientierung interpretieren.
Die drei Profile waren in den Fachrichtungen unterschiedlich häufig vertreten. Laitinen und ihr Team fanden den größten Anteil an »Mastery«-Profilen in der Pädagogik mit mehr als 20 Prozent und den kleinsten Anteil in den Naturwissenschaften mit weniger als zehn Prozent. »Moderate« gab es am häufigsten in der Medizin und die meisten »Vermeider« in den Geisteswissenschaften. Die Studierenden aus den Natur- und Geisteswissenschaften neigten überdies am ehesten zu Burnout-Symptomen, Jurastudierende dagegen am wenigsten. Aufgabenorientierung und Zugehörigkeitsgefühl waren in der Medizin am ausgeprägtesten. Pädagogen berichteten am seltensten über unangenehme Gefühle wie Angst und Stress, Geisteswissenschaftler taten dies am häufigsten. In den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften lagen die Werte überwiegend im Mittelfeld.
Die beobachteten Tendenzen können mit Selbstselektion zusammenhängen: Viele angehende Studierende entscheiden sich vermutlich bewusst oder unbewusst für ein Fach, von dem sie erwarten, dass die Anforderungen zu ihrer Person passen. Denkbar ist aber auch, dass Eigenheiten des Studiums ein bestimmtes Erleben und Verhalten fördern. Der freiere Studienaufbau in den Geisteswissenschaften etwa könnte verunsichern, die Verschulung in der Medizin dagegen die Studierenden zusammenschweißen.
Anmerkung der Redaktion: In der ersten Fassung hatten wir den Anteil von »Vermeidern« und »Moderaten« vertauscht. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.
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