Bipolare Störung: Weniger depressiv dank Tiefenhirnstimulation
Bei Personen, die unter bipolarer Störung leiden, verkehren sich regelmäßig depressive Phasen voller Niedergeschlagenheit und Antriebslosigkeit ins Gegenteil: In den manisch genannten Phasen leben dieselben Patienten dann eine Überschwänglichkeit aus, die mitunter selbstzerstörend wirken kann. Forscher um Helen Mayberg von der Emory University in Atlanta haben nun untersucht, ob sich zur Behandlung dieser Störung die so genannte Tiefenhirnstimulation einsetzen lässt.
Bei diesem Verfahren werden Hirnregionen mit Hilfe implantierter, drahtförmiger Elektroden kontinuierlich stimuliert, ähnlich wie bei einem Herzschrittmacher. Das Verfahren hat seine Wirksamkeit gegen die Parkinsonkrankheit bereits unter Beweis gestellt. Auch gegen schwere Depression gilt es als viel versprechend.
Mayberg und Kollegen rekrutierten nun insgesamt 17 Personen, von denen zehn an starker, therapieresistenter Depression und sieben an ebenfalls therapieresistenter bipolarer Störung vom Typ II litten. Bei dieser Form folgt auf eine ausgeprägte depressive Phase eine milde Form der Manie, die Hypomanie. Die Probandengruppen erhielten zwei Jahre lang kontinuierlich Tiefenhirnstimulation. Ob die Therapie anschlug, bestimmten die Wissenschaftler anhand standardisierter psychologischer Kriterien.
Bei rund 40 Prozent der Probanden zeigten sich bereits nach einem halben Jahr erste Besserungen. Die elf Patienten, die über die vollen zwei Jahre beobachtet wurden, wiesen am Ende nur noch leichte depressive Symptome auf oder waren völlig symptomfrei. Begleitende Psychotherapie könnte womöglich den Eintritt der Wirkung beschleunigen, vermuten die Forscher.
Eine Befürchtung beim Einsatz des Hirnschrittmachers ist es, dass die Stimulation die Patienten enthemmen könnte, was besonders bei Betroffenen, die an bipolarer Störung leiden, bedenklich wäre: Die Behandlung könnte sie in starke manische Phasen treiben. Laut den Forschern traten jedoch während des gesamten Untersuchungszeitraums keine solchen Stimmungsumschwünge auf. Dies lässt sich möglicherweise darauf zurückführen, dass Mayberg und Mitarbeiter mit ihren Elektroden ein anderes Ziel anvisierten als viele der früheren Studien anderer Forschergruppen. Die Wissenschaftler platzierten die Elektroden in der weißen Substanz der Area subcallosa, einem unterhalb des Balkens gelegenen Teil des vorderen Zingulums, und nicht im Belohnungssystem. Die Wirkung, die sie dort entfalten, ist allerdings nicht im Detail verstanden.
Weitere Hinweise auf die Effektivität der Tiefenhirnstimulation haben die Forscher mit Hilfe einer Art Placebokontrolle gesammelt. Für gewisse Zeiten während des Experiments stellten Mayberg und Mitarbeiter die Stimulation ab, ohne dass dies für die Teilnehmer erkennbar gewesen wäre. Allerdings verschlimmerte sich dadurch der Zustand der Probanden erheblich, wenn die Behandlung schon weit fortgeschritten war. Die Forscher nahmen daher nach nur drei Patienten auf Grund ethischer Bedenken von dieser Praxis wieder Abstand.
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