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Kreativität: Wenn der Blick schweift, sind die Gedanken frei

Immer nur auf den Bildschirm starren: Das tut der Kreativität nicht gut. Wer stattdessen frei im Raum herumguckt, kommt auf doppelt so viele verschiedene Ideen.
Mann schaut aus einer breiten Fensterfront über eine Stadt

Wenn man sich nicht frei bewegen kann, stockt der Ideenfluss. Das liegt aber nicht an der fehlenden Bewegung selbst, so das Ergebnis von Experimenten an der Universität Würzburg. Wie die Neurowissenschaftlerinnen Barbara Händel und Supriya Murali in »Psychological Research« schreiben, bleiben die Ideen deshalb aus, weil sich der Aufmerksamkeitsfokus verengt.

Die Forscherinnen unterzogen 60 Studierende einem klassischen Kreativitätstest: Über Kopfhörer spielten sie ihnen Wörter vor, wie »Stuhl«, »Tisch«, »Zeitung«, »Handtuch« und »Lippenstift«. Nach jedem Wort hatten die Versuchspersonen drei bis vier Minuten Zeit, um originelle Verwendungsmöglichkeiten für diese Gegenstände aufzuzählen. Mal sollten sie währenddessen frei im Raum umherlaufen oder einer Markierung auf dem Boden folgen, mal bequem auf einem Stuhl sitzen oder einen Punkt auf einem Bildschirm fixieren. Ein Eyetracker verfolgte ihre Augenbewegungen. Gemessen wurde, wie viele Ideen die Studierenden dabei hatten. Ein Handtuch zum Rock und zum T-Shirt umzufunktionieren, zählte als zwei Ideen, aber nur als eine Ideenkategorie. Gänzlich unpraktikable Ideen galten nicht.

Beim freien Laufen und freien Sitzen kamen die Versuchspersonen im Mittel auf mehr als zehn Ideen aus sieben bis acht Kategorien, beim beschränkten Laufen und Sitzen auf mehr als neun Ideen aus drei bis vier Kategorien beziehungsweise fünf bis sechs Ideen aus zwei bis drei Kategorien, wenn sie weniger Zeit zum Nachdenken hatten. Kurz: Je weniger Freiheit, desto weniger Ideen, vor allem aber weniger verschiedene Ideen. Ob sie liefen oder saßen, spielte dabei keine so große Rolle.

Ein weiter Fokus bringt eine breitere Vielfalt an Ideen

»Unsere Forschung zeigt, dass es nicht die Bewegung an sich ist, die uns hilft, flexibler zu denken«, sagt Barbara Händel. Verantwortlich sei vielmehr die Freiheit, Bewegungen nicht unterdrücken oder in bestimmte Bahnen zwingen zu müssen. Als die Versuchspersonen auf die Markierungen achten oder einen Punkt auf dem Bildschirm fixieren sollten, verengte sich ihr Fokus und damit auch die Ideenvielfalt. Menschen, die ihre Aufmerksamkeit breiter verteilten, entwickelten mehr kreative Ideen. Den Blick frei schweifen zu lassen, könnte deshalb den Ideenfluss fördern.

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