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Flüsse: Wenn Flusspferdekot tödlich wird

Flusspferde benötigen viel Futter - und verdauen entsprechend viel. Das ist normalerweise kein Problem. Doch manchmal verenden dadurch Fische massenhaft.
Plantschendes Nilpferd

Ausgewachsene Flusspferde (Hippopotamus amphibius) wiegen bis zu 4,5 Tonnen und benötigen täglich einige Dutzend Kilogramm Pflanzenkost. Und wer viel frisst, verdaut auch viel: Die 4000 Flusspferde des kenianischen Flusses Mara beispielsweise entlassen täglich 8,5 Tonnen Kot in ihr Ökosystem. Und das kann bisweilen tödliche Folgen für andere Lebewesen im Strom haben, wie Christopher Dutton von der Yale University und sein Team in »Nature Communications« schreiben. Die Biologen haben dazu 171 so genannte Flusspferd-Pools beobachtet, wo sich größere Sippen der Dickhäuter regelmäßig tagsüber im Wasser tummeln, bevor sie nachts zum Fressen an Land gehen.

Diese Pools bilden sich während der Trockenzeit. Dann führt der Mara weniger Wasser, und die Flusspferde ziehen sich in ausreichend tiefe Becken zurück. Dort entleeren sie sich dann auch. Der Kot sinkt zu Grunde und sammelt sich auf dem Boden – sofern die Flusspferde ihn nicht wieder aufwirbeln und belüften, wie die Forscher schreiben. Oft genug unterbleibt diese Sauerstoffzufuhr allerdings, und die verwertenden Bakteriengemeinschaften brauchen noch vorhandenen Sauerstoff zusätzlich auf. Dadurch entstehen sauerstofflose oder gar -freie Zonen am Grund der Pools, so dass dort kein höheres Leben mehr möglich ist.

Für den Rest des Flusses ist diese Nebenwirkung der Hippo-Verdauung meistens kein Problem, denn eine Durchmischung mit höheren Wasserschichten unterbleibt üblicherweise: Die Brühe verteilt sich unter normalen Bedingungen nicht. Doch das ändert sich, wenn die Regenzeit einsetzt und starke Gewitter zu plötzlichen Fluten führen. In den drei Jahren ihrer Studie beobachteten Dutton und Co 55 derartige Ereignisse – und 49 davon hatten teils drastische Folgen.

Der schwallartige Zustrom wirbelte die Fäkalien-Bakterien-Gemeinschaft auf und verteilte sie flussabwärts. Dadurch sank auch außerhalb der Pools der Sauerstoffgehalt des Wassers messbar ab. In 13 Fällen stellte sich sogar akute Sauerstoffarmut ein, die neunmal zu einem massenhaften Fischsterben führte. Erschwerend für die anderen Lebewesen kommt hinzu, dass nicht nur Atemnot herrscht; auch Ammonium und Schwefelwasserstoff werden dann in das umliegende Ökosystem eingetragen: Sie können Fische und andere Wasserorganismen ebenfalls töten.

Langfristig aber hätten diese Ereignisse ihr Gutes für den Fluss. Denn der Kot trägt wichtige Nährstoffe in den Mara ein, was den Fischbestand fördert. Ohnehin muss das Gewässer jedes Jahr aufs Neue mit einem drastischen und kurzzeitigen Anstieg an organischer Substanz fertigwerden. Die jährliche Wanderung der Gnus aus der Serengeti nach Norden sorgt für tausende tote Tiere, die im Fluss verwesen oder gefressen werden.

Vor Jahrzehnten kamen auch größere Kotfluten sogar noch häufiger zu Stande, schreibt Duttons Team. Wilderei hat die Flusspferdherden jedoch deutlich dezimiert. Kurzzeitige Sauerstoffarmut und anschließendes Aufblühen des Lebens waren daher wohl früher weit verbreitete Phänomene in tropischen Flüssen Afrikas und fehlen heute in diesem Ausmaß.

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