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News: Wenn Wellen wechselwirken

Interferenz ist ein Phänomen, das entsteht, wenn Wellen aufeinandertreffen und sich entweder zu einer noch größeren Welle auftürmen oder gar auslöschen. Der Effekt lässt sich sowohl an der Oberfläche eines Gewässers beobachten, wie auch bei Licht, Elektronen oder anderen quantenmechanischen Systemen. Nun konnten Physiker diese Art von Quanteninterferenz auch zum ersten Mal in einer Flüssigkeit beobachten: in suprafluidem Helium-3.
Jeder, der schon einmal Steinchen in einen See geworfen hat, kennt die Muster, die entstehen, wenn sich zwei Wellenfronten treffen. Da türmt sich das Wasser an manchen Stellen auf einmal besonders hoch auf, während es an anderer Stelle so aussieht, als würden die Wogen gleich ganz verschwinden. Physiker bezeichnen das als konstruktive und destruktive Interferenz. Ein Phänomen, das immer dann auftritt, wenn sich zwei Wellen – welcher Natur auch immer – überlagern.

Forscher beobachteten den Effekt auch bei unzähligen quantenmechanischen Systemen, denn gemäß der Quantenmechanik darf jedes Objekt, sowohl als Teilchen als auch als Welle aufgefasst werden. Aus diesem Grund kann ein Elektron sogar mit sich selbst interferieren, wenn es einen Doppelspalt passiert.

Wissenschaftler konnten also Interferenz sowohl in Flüssigkeiten als auch in quantenmechanischen Systemen nachweisen, jedoch scheiterten bislang alle Versuche, das Phänomen auch in einer Kombination dieser beiden Medien festzustellen. Zwar hat man Quanteninterferenz in einer Flüssigkeit schon lange vorausgesagt – denn die Theorie vermag das Verhalten relativ leicht zu beschreiben – aber der experimentelle Aufwand war bislang zu groß.

Nichtsdestotrotz gelang es nun Séamus Davis von der University of California in Berkeley und seinen Kollegen, eben jene Quanteninterferenz an suprafluidem Helium-3 zu beobachten. Dabei handelt es sich um eine Flüssigkeit, deren Temperatur gerade mal ein Tausendstel Grad über dem absoluten Nullpunkt liegt. Bei derartiger Kälte verhält sich das Edelgas eher wie ein einziges quantenmechanisches Teilchen, als wie eine Flüssigkeit. So fließt das Helium beispielsweise ohne jeglichen Widerstand durch Röhren und Kapillaren.

Die Physiker wiesen nun die Quanteninterferenzen mit einem Gerät nach, das gleichsam das Äquivalent eines supraleitenden Quanteninterferometers ist, eines so genannten SQUID. Hierbei handelt es sich um das empfindlichste Messgerät für Magnetfelder überhaupt. Herzstück ist ein supraleitender Stromkreis mit einer Leiterschleife, die von zwei so genannten Josephson-Kontakten unterbrochen wird. Im Wesentlichen sind das dünne, isolierende Barrieren, durch die der supraleitende Strom "tunneln" muss. Ein Magnetfeld beeinflusst nun diesen Tunnelvorgang, sodass sich anhand von Spannungspulsen die Stärke des magnetischen Flusses durch die Leiterschleife "abzählen" lässt.

Das Gerät in Berkeley bestand aus einer kleinen ringförmigen Röhre, die an zwei Stellen durch Membranen unterbrochen war. Die Membranen waren nun das Gegenstück zum Josephson-Kontakt: Hergestellt aus 60 Nanometer dickem Silizium-Nitrid und durchlöchert von 4225 jeweils hundert Nanometer großen Löchern, sorgten sie dafür, dass das Helium periodisch in der Röhre hin- und her floss. Da nun zwei Membranen die Quantenflüssigkeit zu Schwingungen anregten, kam es zur Interferenz – die sich wiederum als Flüssigkeitsschwingung bestimmter Frequenz ausdrückte. Sie ließ sich nun mit hochempfindlichen Mikrophonen auf zwei Seiten des Rings detektieren. Zu hören war ein klares Signal bei 273 Hertz.

Je nachdem, wie nun die Forscher den Ring im Vergleich zur Erdachse orientierten, änderte sich die Lautstärke des Signals in vorhergesagter Art und Weise. Der Grund dafür ist, dass eine Rotation des Ringes die Phasen der Wellen auf beiden Seiten des Ringes unterschiedlich änderte, was dann wiederum ein leicht unterschiedliches Interferenzsignal hervorruft.

Die Forscher mussten dabei ihre Experimente während der Weihnachts- und Neujahrsferien durchführen, da die Klimaanlage der Universität in dem betreffenden Gebäudeteil abgeschaltet werden musste. Die Vibrationen hätten zu sehr gestört, denn das Gerät erkennt noch Schwingungen, die 100 000 mal kleiner als ein Atom sind. Davis schwärmt: "Mit unserem Experiment haben wir zunächst das Prinzip überprüft. Aber wenn es uns gelingt, Störungen weiter zu reduzieren und wir eine noch größere Version des Geräts bauen, können wir so vielleicht einen Sensor schaffen, der selbst kleinste Änderungen der Erdrotation misst."

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