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Wetter: Was machen Tiere bei einer Kältewelle im Regenwald?

Kälte am Amazonas? Das kommt tatsächlich vor. Die meisten Tiere reagieren jedoch gelassen – bis auf wenige Ausnahmen.
Ein Wollaffe sitzt auf einem Ast in einem dichten, grünen Regenwald Südamerikas. Die Umgebung ist üppig mit Laub bedeckt, und der Hintergrund zeigt verschwommene Baumkronen. Der Affe scheint entspannt zu sein und blickt in die Ferne.
Südamerikanische Wollaffen haben ein dichtes Fell. Das nützt ihnen auch bei Kaltlufteinbrüchen.

Im Juni 2023 erlebten die deutsche Biologin Kim Lea Holzmann und ihr peruanischer Kollege Pedro Alonso-Alonso von der Universität Würzburg eine Überraschung in ihrem Arbeitsgebiet am Amazonas im Süden Perus: Eine Kältewelle ließ die Temperaturen von im Mittel 23,9 auf 10,5 Grad Celsius abstürzen. Erst eine Woche später hatten sich die Werte wieder erholt. Damit begann die erste Studie, die sich solchen Kaltlufteinbrüchen und ihren Folgen für die lokale Tierwelt widmete, schreiben Holzmann und Co. Bisherige Untersuchungen hatten sich nur damit befasst, wie sich dieses Extremwetter auf die Landwirtschaft auswirkt.

Laut Aussagen der einheimischen Feldassistenten kommen derartige Kältewellen regelmäßig vor: Eine Datenanalyse kam auf mindestens 67 solche Ereignisse zwischen 1980 und 2017, die stark unterdurchschnittliche Temperaturen an mindestens drei Tagen hintereinander nach Amazonien bringen. Sie entstehen durch Kaltluftfronten, die ausgehend von der Antarktis weit nach Norden ziehen und zwischen den Anden und dem brasilianischen Hochland bis in die inneren Tropen vorstoßen können. Sie sind also nicht völlig außergewöhnlich für die Tierwelt.

Das legen auch die Ergebnisse von Holzmann, Alonso-Alonso und ihrer Arbeitsgruppe nahe. Für ihre Untersuchung konnten sie auf Daten zurückgreifen, die sie schon 2022 für Biodiversitätsstudien erhoben hatten, etwa zur Biomasse von fliegenden und am Boden lebenden Insekten. Mit zwölf Kamerafallen war zudem die Aktivität von Jaguaren, Tapiren, Nabelschweinen und anderen wild lebenden Säugetieren dokumentiert worden. Diese Daten sammelten die Wissenschaftler auch während der Kältewelle sowie noch einmal einige Monate danach.

Mit den sinkenden Temperaturen gingen sowohl die Aktivität als auch die Biomasse der Insekten zurück: Weniger Tiere landeten in den Fallen. Doch dies blieb nicht dauerhaft so, denn bei der späteren Erfassung waren alle Werte wieder im Normalbereich. Nur bei den Dungkäfern hatte die Kälte Spuren hinterlassen, denn sie waren bei der Nachuntersuchung immer noch deutlich seltener als vor dem Extremwetter. Ein Test mit verschiedenen Insekten zeigte zudem, dass viele Arten wesentlich kältetoleranter sind als vermutet: Sie überstanden sogar noch tiefere Temperaturen als in jenem Juni 2023 ohne Schaden. Auch die Säugetiere waren weniger aktiv und tauchten seltener vor den Kameras auf – vermutlich, um Energie zu sparen.

Nach der Kältewelle kehrten die beobachteten Säugetiere zu ihren gewohnten Abläufen zurück. »Daten über Vögel, Reptilien und Amphibien haben wir nicht erhoben, aber unseren subjektiven Beobachtungen nach waren auch diese Tiergruppen weniger aktiv als sonst. Während der Kältewelle herrschte im Regenwald eine ungewohnte Ruhe«, so Holzmann in einer Mitteilung.

Während diese Kaltlufteinbrüche also weitgehend schadlos an der Tierwelt vorübergehen, deuten Studien darauf hin, dass die zunehmende Erwärmung der Regenwälder durch den Klimawandel problematisch wird: Vielen Insekten scheint es inzwischen zu heiß und/oder zu trocken zu werden, weshalb ihre Biomasse zurückgeht.

  • Quellen
Biology Letters 10.1098/rsbl.2024.0591, 2025

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