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News: Wetterfühlig

Lange vor unserer Zeitrechnung ließen sich in Neumexiko die nomadisch lebenden Vorfahren heutiger Indianer nieder und begannen Landwirtschaft zu treiben. Später stellten sie kostbare Keramiken her, zogen in prächtige Holzbauten, hatten aber auch mit Rückschlägen zu kämpfen. Dieses Auf und Ab der Anasazi ist in den Tropfsteinen nahe gelegener Höhlen überliefert.
Tropfsteine
4000 Jahre ist es her, da gaben die Jäger und Sammler im Südwesten Nordamerikas nach und nach ihr Nomadenleben auf und versuchten sich als bodenständige Bauern. Innerhalb der kommenden 1000 Jahre ließen sich die Anasazi - Ahnen der heutigen Pueblo-Indianer - endgültig nieder und begannen schließlich auch mit dem Anbau von Mais.

Niederschläge sind in Neumexiko selten und ein kostbares Gut. Der Maisanbau und überhaupt der Entschluss, sesshaft zu werden, war somit wohl eine Konsequenz veränderter Wetterlagen. Jedenfalls stießen Victor Polyak und Yemane Asmerom von der University of New Mexico in den berühmten Höhlen der Guadalupe-Moutains auf einen erstaunlichen Gleichklang von Klimaschwankungen und kulturellem Fortgang der Anasazi.

Die Forscher hatten in den Carlsbad- und Hidden-Höhlen fünf, jeweils etwa dreiviertel Meter lange Stalagmiten gesammelt, aufgesägt und die einzelnen Calcit-Schichten datiert und deren Dicke studiert. Jede dieser Schichten entstand innerhalb eines Jahres. War es feuchter, tropfte mehr Wasser durch das Höhlendach auf den Boden, in trockenen Jahren entsprechend weniger. In besonders niederschlagsreichen Jahren konnten die Stalagmiten schon mal 0,2 Millimeter wachsen, fiel wenig Regen, waren es nur 0,05 Millimeter.

Mithilfe radiometrischer Verfahren gelang den Forschern eine überaus genaue Altersbestimmung der Stalagmiten, deren Wachstum vor über 4000 Jahren begann. Auf dieser Basis korrelierten Polyak und Asmerom sodann die dicken und dünnen Schichten der Tropfsteine und verglichen sie mit der Kulturgeschichte der Anasazi - und stießen auf erstaunliche Übereinstimmungen.

So war die Sesshaftigkeit und der Anbau von Mais wohl nur möglich, weil es in dem Neumexiko jener Zeit deutlich feuchter wurde. Erst um 300 nach Christus ließen die jährlichen Niederschlägsmengen allmählich nach, sodass die Anasazi Trockenzeiten zu überstehen hatten. Sie passten sich an und begannen, ihre Vorräte nicht mehr in offenen Körben, sondern in Keramik-Behältnissen aufzubewahren.

Als es um 750 wieder feuchter wurde, ging dies mit einem kräftigen Bevölkerungswachstum einher. Außerdem verließen die Menschen ihre Höhlen und zogen in oberirdische Verschläge. Zwischen 900 und 1100 wurde es erneut trockener und die Anasazi zogen in Gegenden mit einigermaßen sicherer Wasserversorgung. In den Tälern und Niederungen errichteten sie schließlich ihre imposanten Holzbauten - die so genannten Pueblos - deren Überreste bis heute Touristen aus aller Welt anziehen.

In jener Zeit hatte die Anasazi-Kultur ihren Höhepunkt erlebt. In den folgenden Generationen verschlechterte sich das Klima, die Menschen packten wieder einmal ihre sieben Sachen zogen weiter. Vermutlich verloren sie nun ihren gesellschaftlichen Halt, und zwischen den Gruppen kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen, in deren Folge sich die Anasazi in alle Winde zerstreuten. Ihre berühmte Kultur war am Ende.

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