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Darm-Hirn-Achse: Wie hängen Darmflora und Depression zusammen?

Die Bakterien in unserem Darm beeinflussen unser Wohlbefinden. Nur wie genau machen sie das?
Darm und Hirn sprechen miteinander

Dass die Bakteriengemeinschaft im Darm einen eigenen Draht zu Gehirn und Psyche hat, ist längst nicht mehr neu. Noch weiß man aber nicht allzu viel über diese Darm-Hirn-Achse: Forscher vermuten, dass der Stoffwechsel der Bakterien im Verdauungstrakt die Balance von Hirnbotenstoffen wie Noradrenalin, Dopamin oder Serotonin stören könnte. Ein Forscherteam aus Belgien und den Niederlanden hat in medizinischen Datenbanken nach einem solchen Zusammenhang gesucht – und Hinweise darauf gefunden, dass ganz bestimmte Bakterienspezies den Botenstoffhaushalt im Gehirn durcheinanderbringen und so die psychische Gesundheit beeinträchtigen.

Die Daten der gut 1000 Patienten mit diagnostizierter Depression stammen aus dem Flemish Gut Flora Project (FGFP), bei dem das Mikrobiom von Freiwilligen analysiert wird. Den Forschern um Jeroen Raes von der Katholischen Universität Löwen fiel darin auf, dass zwei bestimmte Bakteriengattungen – Coprococcus und Dialister – im Verdauungstrakt von depressiven Freiwilligen auffällig seltener vorkamen als in einer Vergleichsgruppe. Anders als bei anderen ebenfalls häufigeren oder selteneren Keimen hänge dies jedoch nicht mit einer besonderen Ernährung oder mit Nebenwirkungen von Antidepressiva zusammen.

Bakterien wie Coprococcus könnten tatsächlich Auswirkungen auf das Gehirn haben, meinen die Wissenschaftler. Und zwar über ihren typischen Stoffwechsel: Als Endprodukt scheiden die Keime die kurzkettige Fettsäure Butyrat aus, die Darmzellen unter anderem als Energiequelle dient und die auch andere positive Effekte auf den Organismus haben soll. Zudem fällt im Stoffwechsel der Keime aber auch allerlei anderes an, darunter eine mögliche Vorstufe des Neurotransmitters Dopamin. Womöglich liefern die Bakterien dem Körper demnach nicht bloß Energie, sondern auch Material für die Produktion von Transmittern, spekulieren der Mikrobiologe Raes und seine Kollegen. Fehlen diese, so könnte der Hirnstoffwechsel aus dem Gleichgewicht kommen.

Das Team arbeitet nun an einem Katalog von Substanzen mit »neuroaktivierendem Potenzial«, die mit bestimmten Darmbakterien assoziiert sind. Noch ist der vermutete Zusammenhang von Stoffwechsel-Endprodukten und dem Botenstoffhaushalt im Gehirn reine Spekulation, warnen die Wissenschaftler. Sie konnten mit ihren Analysen nur Korrelationen, nicht aber einen kausalen Mechanismus nachweisen; entsprechende Experimente mit Mäusen oder Menschen stehen noch aus. Bei ihren Analysen entdeckten sie auch Veränderungen der Bakterienflora bei depressiven Patienten, die eher eine Folge der Therapie als eine Krankheitsursache darstellen.

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