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News: Wie die Sonne sich den Staub aus dem Gesicht bläst

Galaktische Staubteilchen, die aus der Milchstraße kommend in unser Planetensystem eindringen, werden - wenn sie eine bestimmte Größe haben - vom Licht der Sonne abgebremst oder sogar zurückgeschickt, zumindest aber aus ihrer Bahn gelenkt. Dieser Nachweis gelang erstmals einem internationalen Wissenschaftlerteam mit einem Staubdetektor an Bord der europäisch- amerikanischen Raumsonde Ulysses. Die Untersuchungen haben gezeigt, daß winzige Partikel des galaktischen Staubs von etwa vier Zehntel eines Mikrometers Durchmesser bei ihrer Bewegung in Richtung Sonne abgebremst werden, wenn sie mit Lichtteilchen zusammenstoßen.
Seit Ende 1990 kreist Ulysses in großem Abstand um die Sonne auf einer Bahn, die erstmals über die beiden Pole unseres Zentralgestirns führt. In diesem bisher unerforschten Bereich haben die Wissenschaftler von der NASA, der University of Florida, und des Max-Planck-Instituts für Kernphysik (MPI-K) in Heidelberg die Verteilung der verschiedenen Staubteilchen in unterschiedlicher Entfernung zur Sonne gemessen. Die Raumsonde bewegt sich dabei in Abständen zwischen 1,3 und 5,4 Astronomischen Einheiten (AE = Abstand der Erde von der Sonne) auf einer elliptischen Umlaufbahn.

Neben anderen Meßgeräten trägt Ulysses auch einen am Max-Planck-Institut für Kernphysik gebauten, empfindlichen Staubdetektor. Er kann nicht nur bis zu einem Zehntel Mikrometer kleine Staubteilchen messen, sondern außer der Einschlaggeschwindigkeit auch die Masse der Partikel bestimmen. Diese Daten werden mit der aus astronomischen Beobachtungen bestimmten Verteilung des galaktischen Staubs verglichen. Eberhard Grün, Leiter der Staubgruppe am MPI-K, bemerkt dazu: "Galaktische Staubpartikel, die von außen, aus der Milchstraße in unser Sonnensystem mit großer Geschwindigkeit von mehr als 93 000 Kilometer pro Stunde einströmen, sind nicht sehr häufig. Man findet nur etwa zehn von ihnen in einem Kubikkilometer. Deshalb können wir mit dem empfindlichen Staubinstrument auf Ulysses etwa zwei galaktische Staubteilchen pro Woche messen." Zu ihrer Überraschung stellten die Wissenschaftler fest, daß Staubpartikel mit bestimmten Massen vor allem immer dann fehlten, wenn sich Ulysses nahe der Sonne befand (Science, 17. Dezember 1999).

Dieses ungewöhnliche Verhalten der galaktischen Staubteilchen erklärt Markus Landgraf vom Johnson Space Center der NASA so: "Galaktische Staubteilchen mit bestimmten Massen ‘verschlucken’ oder reflektieren das Sonnenlicht besonders wirkungsvoll. Dies geschieht vor allem dann, wenn die Partikel etwa die gleiche Größe haben wie die mittlere Wellenlänge des Sonnenlichts. Nach dem Newtonschen Prinzip ‘actio gleich reactio’ überträgt dabei jedes dieser Lichtteilchen seinen Impuls auf das Staubteilchen. Diese Abstoßwirkung – der Strahlungsdruck- ist für die Staubteilchen, die bei kleineren Sonnenabständen fehlen, stärker als die Anziehung durch die Schwerkraft der Sonne. Diese Partikel werden dadurch bei ihrer Annährung zur Sonne immer langsamer, bis sie quasi stehenbleiben und sich in die entgegengesetzte Richtung bewegen, oder seitlich abgelenkt werden."

Der kleinste Sonnenabstand, den die galaktischen Staubteilchen erreichen können, hängt von ihrer Anfangsgeschwindigkeit und der Stärke des Strahlungsdrucks ab. Aus der Beobachtung, daß in dem untersuchten Massebereich die Partikel zwar außerhalb von 4 AE nachweisbar waren, innerhalb von 4 AE aber fehlten, schließen die Wissenschaftler, daß der Strahlungsdruck des Lichts auf diese Staubteilchen etwa 40 bis 80 Prozent stärker wirkt als die Schwerkraftanziehung der Sonne.

Untersuchungen von galaktischen Staubteilchen können wesentliche Aufschlüsse über die frühen Phasen der Planetenentstehung liefern. Da "Ulysses" erst 1992 die ersten galaktischen Staubteilchen zweifelsfrei nachgewiesen hat, ist noch sehr wenig über diese interessanten Bestandteile der Milchstraße bekannt. Deswegen soll die vom Max-Planck-Institut für Kernphysik vorgeschlagene Weltraummission Dust Near Earth (DUNE) weitere Messungen in Erdnähe durchführen, um unter anderem die Zusammensetzung der Teilchen direkt zu messen. Beim Europäischen Weltraumoperationszentrum ESOC in Darmstadt wird zur Zeit untersucht, wie eine solche Mission realisiert werden kann.

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