Kanarische Inseln: Wie entstehen die tödlichen Wellen auf Teneriffa?

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Durch hohen Wellengang sind auf der spanischen Urlauberinsel Teneriffa mindestens vier Menschen ums Leben gekommen. Nach einer weiteren Person wurde gesucht. Die Menschen waren am Sonntag in einem Naturschwimmbecken im Westen der Kanaren-Insel von den Wellen überrascht worden.
Was ist passiert?
Die Wassermassen überspülten eine Steinmauer, die das Schwimmareal vom offenen Meer trennt, und brachen sich an umliegenden Felsen. Anschließend habe der Sog des ins Meer zurückströmenden Wassers die Menschen mitgerissen.
Bei zwei der bestätigten Todesopfer handelte es sich um Slowaken, wie die staatliche slowakische Nachrichtenagentur TASR unter Berufung auf Angaben des Außenministeriums in Bratislava meldete. Eine weitere Person mit slowakischer Staatsbürgerschaft sei verletzt worden. Zur Herkunft der anderen beiden Todesopfer des Unglücks bei Los Gigantes in der Region Santiago del Teide gab es zunächst keine offiziellen Angaben. Die Behörden hatten schon seit Tagen wegen hoher Wellen zu Vorsicht an den Küsten aufgerufen.
Wie entstehen solche Wellen?
»Das Phänomen jetzt hier in Teneriffa war ganz klar die Auswirkung eines schweren Sturms auf dem Atlantik und einer gefährlichen Brandung, die sich sozusagen dort abgezeichnet hat«, sagt Torsten Schlurmann, Professor an der Leibniz Universität Hannover und Leiter des Forschungszentrums Küste. Auch nach Einschätzung von Nils Goseberg, Professor an der Technischen Universität Braunschweig, geht das Ereignis auf »eine ganz normale Wintersturmtätigkeit aus dem Nordatlantik« zurück.
Teneriffa gehört zur spanischen Inselgruppe der Kanaren, die vor der Westküste Nordafrikas im Atlantik liegt. Besonders im Herbst und Winter werden vor allem die West- und Nordküsten der Inseln oft von sehr großen Wellen getroffen, die etwa durch Stürme weit draußen im Atlantik entstehen. Diese großen und starken Wellen brechen in dem tiefen Meer rund um die Inseln erst ganz kurz vor der Küste und treffen fast ungebremst auf Land.
Das Tückische ist, dass die Küste von Teneriffa ziemlich zerklüftet ist. »Da gibt es Bereiche, die sind in Strandnähe eher flach, und es gibt welche mit tieferem Wasser«, erläutert Goseberg, der auch stellvertretender geschäftsführender Direktor des Forschungszentrums Küste ist. So könne es sein, dass an einem Ort keine hohen Wellen beobachtet werden, wohingegen nur wenige Kilometer weiter starke Wellen ankommen.
War das eine sogenannte Monsterwelle?
»In der Wissenschaft wird der Begriff der ›freak wave‹ üblicherweise nicht an Stränden verwendet«, erklärt Goseberg. Monster- oder Riesenwellen durchziehen in der Regel den offenen Ozean, wo sie Schiffe stark beschädigen können. »Üblicherweise wird damit eine sehr außergewöhnliche Überlagerung von einzelnen Wellen, die dann an einer Stelle einen extrem hohen Wellenberg erzeugen, bezeichnet.«
Dass gemeinhin von einer Riesenwelle gesprochen wird, die Teneriffa am Sonntag getroffen hat, kann sich der Forscher aber erklären: Wellen und ihre Energie kommen üblicherweise am Strand in Gruppen an und große und kleine Wellen wechseln sich innerhalb dieser Gruppen ab. »Es kann dann sein, dass auch mal eine ganz große dabei ist, und das ist innerhalb der Statistik ganz normal.« Das sei vergleichbar mit der Möglichkeit von extremen Temperaturen an einzelnen Sommertagen.
Gibt es solche kraftvollen Wellen auf den Kanaren häufiger?
Die Kanaren werden im Winter eher von stärkerem Seegang getroffen. Im Frühling und Herbst gebe es mittleren Seegang und im Sommer geringeren Wellengang, erklärt Goseberg mit Bezug auf wissenschaftliche Daten, die über mehr als 30 Jahre erhoben wurden. Zum Vergleich der Kraft, die in den Wellen steckt: »Im Winter hat man zwischen 20 und 30 Kilowatt pro laufendem Meter an Seegangsenergie, während das dann im Sommer heruntergeht auf 5 bis 10 Kilowatt.«
Auch kommen immer wieder Menschen durch solche extremen Wellen ums Leben. Erst vor einem Monat, am 8. November, hatten mehrere Wellen auf Teneriffa zahlreiche Menschen ins Meer gespült – darunter Touristen, vor allem aus Frankreich. Bei den verschiedenen Zwischenfällen an den Küsten kamen damals drei Menschen ums Leben, insgesamt 15 wurden verletzt.
Welche Rolle spielen Wetter- und Klimaveränderungen?
Anders als bei den Windstärken, Temperaturerhöhungen oder Meeresanstieg gebe es keine Erkenntnisse, die eine Erhöhung der Wellenenergie aufgrund des Klimawandels erkennen ließen, berichtet Goseberg. »Da gibt es im Moment noch einen sehr schwachen Zusammenhang, wenn überhaupt einen.« Man brauche noch mehr Daten, um eine gesicherte Aussage machen zu können.
Forscher Schlurmann verweist allerdings darauf, dass Stürme, die solche Wellen auslösen können, inzwischen häufiger vorkommen können aufgrund der Erwärmung der Ozeane infolge des Klimawandels. »Das sind auch Prozesse, die wir in nördlicheren Gefilden des Nord-Ost-Atlantiks beobachten und die letztlich nicht außergewöhnlich sind, aber halt in der Form, wie die Menschen damit umgehen, besonders sind, weil man sich der Gefahr nicht bewusst ist, die sich dort einstellt.«
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