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News: Wie groß ist unser kosmischer Vorgarten?

Wir Menschen brauchen anscheinend Grenzen. Die Strandburg, der Garten, die Stadt, das Bundesland, der Staat, der Kontinent, der Planet, das Sonnensystem - alles fest umrissen. Mit dem Sonnensystem hapert es jedoch noch ein wenig. Ganz am Rand befindet sich ein Gürtel aus kleinen und mittleren Gesteinsbrocken, die nicht so einfach auszumachen sind. Zwei Gruppen von Astronomen haben mit modernsten Methoden angestrengt nach den entferntesten Felsen ausgeschaut und ab einer bestimmten Distanz keine mehr gefunden. Die Grenze des Sonnensystems ist demzufolge etwa nach der 50-fachen Strecke zwischen Erde und Sonne zu finden.
Für Astronomen sind 149 597 870 Kilometer nur ein Katzensprung. So groß ist eine so genannte "astronomische Einheit" (AE) – die mittlere Entfernung von der Sonne zur Erde. Wenn es darum geht, Distanzen innerhalb unseres Sonnensystems anzugeben, dann greifen Wissenschaftler meist auf diese Messlatte zurück. Auch die Ausdehnung des Sonnensystems selbst geben sie in astronomischen Einheiten an, allerdings schwanken die Zahlenwerte bislang zwischen 50 und 500 AE. Mehr als eine grobe Schätzung konnte nämlich leider noch niemand vorweisen.

Auf der Jahrestagung der Division for Planetary Sciences in Pasadena, Kalifornien, verkündeten am 25. Oktober 2000 gleich zwei Arbeitsgruppen, dass sie mit modernsten Methoden den Rand des Sonnensystems entdeckt hätten – einen Bereich, hinter dem es keine leuchtenden Objekte mehr gibt. Den letzten Außenposten stellen die Körper des Kuiper-Gürtels dar: die Überreste der Wolke aus Gasen, Eis und Staub, aus welcher sich einst die großen Planeten gebildet haben.

Die Astronomen Lynne Allen und Gary Bernstein von der University of Michigan in Ann Arbor sowie Renu Malhotra von der University of Arizona in Tucson durchmusterten sechs Ausschnitte des Himmels, die zusammen eine Fläche von 1,4 Grad2 umfassten. Die Empfindlichkeit war dabei so groß, dass sie ein Objekt mit 160 Kilometern Durchmesser noch in einer Distanz von 65 AE hätten wahrnehmen können – doch da war nichts mehr. Das Team entdeckte zwar 24 neue Körper des Kuiper-Gürtels, aber kein einziger befand sich jenseits von 55 AE (Tagungsabstract).

Eine ähnliche Erfahrung machten Chadwick Trujillo vom California Institute of Technology in Pasadena, David Jewitt von der University of Hawaii in Manoa und Jane Luu von der Universiteit Leiden in den Niederlanden. Sie untersuchten sogar 76 Grad2 des Himmels und fanden 57 neue klassische Objekte des Kuiper-Gürtels. Alle waren sie innerhalb von 50 AE Abstand zu Sonne lokalisiert (Tagungsabstract).

Sollte der Kuiper-Gürtel tatsächlich bei wenig mehr als 50 AE enden, dann hätte das Konsequenzen für Theorien, welche die Entstehung der Planeten beschreiben wollen. Dieser Prozess hätte dann in einer viel kleineren Materiewolke stattfinden müssen, als man bisher angenommen hat. Es könnte allerdings auch sein, dass ein massereiches vorbeiziehendes Objekt – ein fremder Stern etwa – vor langer Zeit einen großen Teil der Kuiper-Objekte mit sich gerissen hat.

Nicht alle Astronomen sind bereit, an eine abrupte Grenze des Sonnensystems zu glauben. "Ich denke nicht, dass dies starke Hinweise sind", sagt Brett Gladman vom Observatory of Nice. "Das ist eine sehr schwierige Aufgabe, weil diese Objekte mit zunehmender Distanz sehr schnell lichtschwächer werden. Und die Ergebnisse hängen von den Annahmen ab, die gemacht wurden, um die Daten auszuwerten." Diese Annahmen werden den Wissenschaftlern wohl im nächsten Jahr vorgestellt, denkt er. Und frühestens dann kann man eine Grenzlinie ziehen.

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