Direkt zum Inhalt

News: Wie kommt das Herz an den rechten Fleck?

Hand auf's Herz - rechts oder links? Die Entscheidung fällt im Embryo. Die Frage, warum sich das Herz in der linken und die Leber in der rechten Körperhälfte entwickelt, beschäftigt Wissenschaftler seit Jahrzehnten. Japanischen Forschern zufolge sollen rotierende 'Haare' auf bestimmten embryonalen Zellen daran beteiligt sein.
Ende des Jahres 1998 berichteten der Zellbiologe Nobutaka Hirokawa von der University of Tokyo und seine Kollegen, daß einem mutierten Mäusestamm peitschenartige Fortsätze, sogenannte Flimmerhärchen oder Cilien, auf den Zellen des Primitivknotens fehlten. Bei ungefähr der Hälfte der Tiere war die Seitenzuordnung der Organe vertauscht. Der Primitivknoten spielt eine wichtige Rolle bei der Ausdifferenzierung von Geweben in der Embryonalentwicklung.

Flimmerhärchen auf anderen Zellen helfen dabei, die Luftwege freizuhalten, oder sie treiben die Zelle vorwärts. Niemand kannte jedoch bisher den Zweck der Cilien auf den Zellen des Knotens. Als die Wissenschaftler mit Hilfe von Mikroskopen Videos von diesen Zellen aufzeichneten, entdeckten sie, daß die Flimmerhärchen sich im Uhrzeigersinn bewegten. Durch die Rotation wurde die Flüssigkeit um die Zellen nach links transportiert. Die Forscher leiteten daraus ab, daß die Flüssigkeitsbewegung irgendwie zur Anreicherung eines bisher noch unbekannten Signals führt, das eine asymmetrische Organentwicklung verursacht.

Anderen Wissenschaftlern gelang es jedoch nicht immer, diese technisch schwierigen Beobachtungen zu wiederholen, und viele waren nicht zu überzeugen – einschließlich der Entwicklungsbiologin Martina Brueckner von der Yale University. Sie arbeitet mit einem anderen Stamm mutierter Mäuse, bei dem ebenfalls eine Wahrscheinlichkeit von fünfzig Prozent besteht, daß die Organe in ihrer Lage vertauscht sind. "Es wirkte so eigenartig", sagte Brueckner zu den Vermutungen der japanischen Kollegen. Am 14. Juni 1999 erklärte sie jedoch auf der Jahreskonferenz der Society for Developmental Biology, daß ihre Arbeitsgruppe die Zellen des Knoten in ihren mutierten Embryos ebenfalls genauer untersucht hat. Dabei entdeckten sie, daß die Zellen tatsächlich Flimmerhärchen besitzen, die jedoch starr und aufrecht stehen anstatt zu rotieren. Ohne diese Bewegung driftet das Signal offensichtlich willkürlich nach links oder rechts, was die Wahrscheinlichkeit von fünfzig Prozent für die Vertauschung von Organen erklären könnte.

Die Beobachtung unterstützt die Annahme, daß wirbelnde Flimmerhärchen Asymmetrie verursachen, sagt Chris Wright von der Vanderbilt University. Um die Sache jedoch endgültig zu klären, so meint er, müßte jemand nachweisen, daß in mutierten Mäusestämmen, in denen bei allen Tieren die Organe vertauscht sind, die Flimmerhärchen gegen den Uhrzeigersinn rotieren.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.