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Umweltschutz: Wie man 60 000 Schildkröten zählt

Schildkröten sind gefährdet – aber wie findet man heraus, wie viele es noch gibt? Ein australisches Forscherteam hat jetzt den Fehler gängiger Zählverfahren bestimmt.
Schildkröten am Strand von Raine Island

Drohnenaufnahmen von der Ostküste Australiens zeigen einen riesigen Schwarm von Grünen Meeresschildkröten (Chelonia mydas) auf dem Weg zu ihrem Brutplatz auf Raine Island. Insgesamt etwa 64 000 weibliche Tiere legten ihre Eier auf der kleinen Insel am äußeren Nordrand des Großen Barriereriffs ab. Eine Arbeitsgruppe um Andrew Dunstan von der Behörde für Umwelt und Forschung des australischen Bundeslands Queensland fertigte die Aufnahmen an, um mehrere Methoden der Schildkrötenzählung miteinander zu vergleichen. Das Team berichtet nun in »PLOS ONE«, dass die geprüften Verfahren, die Tiere vom Boot aus oder mit Hilfe von Unterwasseraufnahmen zu filmen, die wahre Anzahl wohl deutlich unterschätzen.

Die weltweit in tropischen und subtropischen Gewässern verbreitete Grüne Meeresschildkröte ist auch als Suppenschildkröte bekannt und wurde lange wegen ihres Fleisches gejagt. Deshalb war sie schon Ende des 19. Jahrhunderts vom Aussterben bedroht. Seit 1988 steht sie auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten; einige der Populationen, darunter jene von Raine Island, scheinen sich in den letzten Jahren erholt zu haben. Dennoch geht ihre Zahl weltweit zurück. Grund dafür ist neben Umweltverschmutzung und der Gefährdung ihrer Brutplätze immer noch die Jagd auf die Tiere, die in einigen Teilen der Welt nach wie vor auf dem Teller landen.

Suppenschildkröten vor Raine Island

Das Team um Dunstan schätzt die Zahl der Schildkröten, indem es die Weibchen während der Eiablage am Strand mit einer ungiftigen Farbe markiert. Im folgenden Jahr beobachten die Fachleute dann, welcher Anteil der Schildkröten in einem Schwarm markiert ist; daraus können sie die ungefähre Gesamtzahl der Tiere bestimmen. Allerdings sind die Beobachtungen ungenau, unter anderem, weil markierte Schildkröten vom Boot aus viel leichter zu sehen sind als unmarkierte.

Deswegen beginnen Arbeitsgruppen inzwischen, Unterwasserdrohnen für Zählungen einzusetzen, deren Videos im Nachhinein sorgfältig analysiert werden können – womöglich auch mit Hilfe von KI. Um den tatsächlichen Fehler durch die bessere Sichtbarkeit der markierten Tiere zu bestimmen, analysierte die Arbeitsgruppe parallel zu diesen Verfahren die Luftaufnahmen des ganzen Schwarms. Dank dieser Daten kommt das Team zu dem Ergebnis, dass die Gesamtzahl der Tiere vom Boot aus um 70 Prozent, mit Unterwasseraufnahmen immerhin noch um 50 Prozent unterschätzt wird.

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