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Covid-19: Wie Sars-CoV-2 das Gehirn angreift

Von Geruchsverlust bis zum Schlaganfall: Immer mehr Menschen mit einer Sars-CoV-2-Infektion entwickeln ­neurologische Probleme. Wie kommen diese zu Stande?
Virus greift Gehirn an

Jennifer Frontera behandelt seit Jahren Menschen auf der Intensivstation. Aber so etwas wie Covid-19 hat sie noch nie erlebt. »Diese Patienten gehören zu den kränksten, die uns je begegnet sind«, erzählt die in New York lebende Ärztin. Frontera ist allerdings keine Spezialistin für Lungenkrank­heiten oder Virologie, sondern Neurologin. Sie beunruhigt vor allem, welchen Einfluss das Coronavirus auf unser Gehirn hat.

Schon zu Beginn des Ausbruchs in New York stellten Frontera und ihre Kollegen erste neurologische Symptome bei Covid-19-Patienten fest. Manche Menschen verloren das Bewusstsein, andere begannen, ungewöhnliche Bewegungen zu machen. Einige hatten Schlaganfälle oder epileptische Anfälle. Ähnliche Berichte kommen aus Krankenhäusern auf der ganzen Welt. An einem Ende des Spektrums stehen Beschwerden, die relativ mild erscheinen, zum Beispiel der Verlust von Geruchs- und Geschmackssinn. Am anderen findet man schwere Folgeerkrankungen wie Enzephalitis, eine potenziell tödliche Entzündung des Gehirns.

Die Vielfalt an Hirnschäden überrascht Mediziner und bereitet ihnen zunehmend Sorge. Schließlich greift der Auslöser von Covid-19, Sars-CoV-2, vorrangig die Atemwege an – so dachte man jedenfalls anfangs. Eine große offene Frage ist, auf welchem Weg das neue Coronavirus neurologische Beschwerden verursacht. Es gibt Indizien dafür, dass es direkt in Neurone eindringen und sich dort vermehren könnte.

Weltweit haben sich inzwischen Millionen von Menschen mit dem neuen Coronavirus infiziert. Die Forschung dazu, wie es uns krank macht, steht erst am Anfang. Was wir bereits wissen, ist, dass Sars-CoV-2 durch Tröpfcheninfektion von einer Person zur nächsten übertragen wird. Das Virus heftet sich an Rezeptoren auf Zellen in den Atemwegen an und dringt über sie in deren Inneres ein. Viele Menschen entwickeln daraufhin nur leichte oder gar keine Symptome. Ein Teil der Infizierten wird jedoch sehr krank. Sie zeigen unter anderem grippeähnliche Symptome. Diese können in einer schweren Lungenentzündung münden, die Patienten nur noch mühsam atmen lässt.

Wie entwickelt sich die Pandemie? Welche Varianten sind warum Besorgnis erregend? Und wie wirksam sind die verfügbaren Impfstoffe? Mehr zum Thema »Wie das Coronavirus die Welt verändert« finden Sie auf unserer Schwerpunktseite. Die weltweite Berichterstattung von »Scientific American«, »Spektrum der Wissenschaft« und anderen internationalen Ausgaben haben wir zudem auf einer Seite zusammengefasst.

Zu den offiziellen Symptomen, welche die Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf ihrer Website aufführt, gehörten zunächst Fieber, Müdigkeit, trockener Husten, ein entzündeter Rachen, Schmer­zen, Kurzatmigkeit und manchmal auch eine laufende Nase sowie Übelkeit oder Durchfall. Als Reaktion auf die zunehmende Zahl an Berichten über den Verlust des Geschmacks- und Geruchssinns haben die WHO und die US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) ihre Liste um diese Beschwerden erweitert. Das deutsche Robert Koch-Institut nennt sie mittlerweile ebenfalls als Krankheitsanzeichen. In einer Studie mit 214 Personen, die in China mit dem Virus ins Krankenhaus eingeliefert worden waren, klagten jeweils gut fünf Prozent der Probanden über einen vorübergehenden Verlust des Geschmacks- und des Geruchsempfindens.

Untersuchungen in Europa deuten aber darauf hin, dass solche Symptome womöglich viel häufiger auftreten. In einer Umfrage unter 417 Personen, die in zwölf Krankenhäusern in Belgien, Frankreich, Spanien und Italien behandelt wurden, berichteten rund 86 Prozent über eine gewisse Veränderung ihrer Riechfähigkeit und 89 Prozent über eine reduzierte oder verzerrte Geschmackswahrnehmung.

Von Kopfschmerzen bis Schlaganfall

Auch andere neurologische Beschwerden stehen im Zusammenhang mit einer Covid-19-Infektion. Ein Teil der Betroffenen berichtet über starke Kopfschmerzen und Schwindel. Schwer Erkrankte erleiden mitunter epileptische Anfälle oder Schlaganfälle. Unter ihnen finden sich sogar junge Menschen ohne Grunderkrankungen. Mediziner gehen aktuell davon aus, dass solche Folgen selten sind. Belastbare Zahlen liegen aber noch nicht vor. In der oben genannten chinesischen Studie hatten etwa sechs Prozent der Patienten eine Durchblutungsstörung des Gehirns entwickelt. »Wir haben Schlaganfälle und Hirnblutungen beobachtet«, erzählt Frontera, die im NYU Langone Hospital in Brooklyn arbeitet. Andernorts gibt es Fälle von Hirnhautentzündungen oder Funktionsstörungen des Gehirns bei schwer erkrankten Covid-19-Patienten.

Bei vielen Krankheiten entstehen Hirnschäden als Folge anderer Vorgänge im Körper. Es braucht dazu keinen Erreger, der das Nervensystem direkt angreift. Manche Pathogene, die den Menschen befallen, können allerdings tatsächlich in Nervenzellen und somit in das Gehirn eindringen. Auch Coronaviren sind dazu prinzipiell fähig. Pierre Talbot am Institut national de la recherche scientifique in Quebec, Kanada, beschäftigt sich seit den 1980er Jahren mit diesen Erregern. Ein Großteil seiner Arbeit konzentriert sich auf zwei Erkältungsviren, die bekanntermaßen Menschen infizieren: HCoV-OC43 und HCoV-229E. »Wenn ich OC43 in die Nase von Mäusen einführe, gelangt das Virus durch den Riechnerv direkt ins Gehirn«, erzählt Talbot. »Und sobald es dort ankommt, breitet es sich auf alle Bereiche des Organs aus.« Das Virus kann bei den Tieren Neurone zerstören und Enzephalitis verursachen.

Ähnliche Effekte beobachtete man bei Menschen, die sich mit OC43 angesteckt hatten. Sie treten allerdings sehr selten auf. Talbot nennt den Fall eines elf Monate alten Jungen mit geschwächtem Immunsystem, der infolge einer Enzephalitis verstarb. Bei einer Biopsie wurde OC43 in seinem Gehirn nachgewiesen. Im Hirngewebe von 90 Verstorbenen, die ihren Körper der Wissenschaft gespendet hatten, suchten Talbot und seine Kollegen nach 229E und OC43. Bei fast der Hälfte der Proben entdeckten sie mindestens eines der beiden Coronaviren, manchmal sogar beide. 40 Personen hatten 229E im Gehirn, 21 OC43.

Sars hinterlässt Spuren im Gehirn – Sars-CoV-2 auch?

Beim Sars-Virus, einem dem Sars-CoV-2 ähnelnden Coronavirus, zeigt sich ein vergleichbares Muster. Als sich der Erreger in den Jahren 2002 bis 2003 verbreitete, erkrankten insgesamt etwa 8000 Menschen. Wie das neue Coronavirus, das Covid-19 auslöst, verursacht das Sars-Virus eine Lungenkrankheit. Etwa zehn Prozent der Infizierten erlagen in der Folge einer Lungenentzündung. Bei Autopsien wies man den Krankheitserreger im zentralen Nervensystem nach: Im Jahr 2005 untersuchte ein Team das Gehirn von acht Menschen, die an Sars verstorben waren, und fand in jedem der Organe Spuren des Virus.

Als Forscher Mäuse über die Nase mit Sars infizierten, entdeckten sie das Virus später im Hirnstamm der Tiere. Letzterer sitzt zwischen Gehirn und Rückenmark und steuert unter anderem die Atmung. »Sie können sich vorstellen, dass das die Situation von einem Patienten mit Lungenversagen möglicher­weise noch verschlimmert«, sagt Igor Koralnik von der North­western University Feinberg School of Medicine in Chicago. Der Neurologe erforscht Krankheiten, die das zentrale Nervensystem angreifen.

Untersuchung nach dem Tod

Autopsien an verstorbenen Covid-19-Patienten können zeigen, ob das Coronavirus in das Gehirn eindringt und was es dort anrichtet. Bisher wurden allerdings nur wenige solcher Untersuchungen durchgeführt. »Viele Obduktionssäle sind für diese Art von Infektion nicht ausgerüstet«, erläutert Avindra Nath vom US National Institute of Neurological Disorders and Stroke. »Zahlreiche Einrichtungen haben sich geweigert, die Verstorbenen zu obduzieren.«

An Hirngewebe heranzukommen, ist besonders schwierig, erklärt Desiree Marshall von der University of Washington in Seattle. Das Öffnen des Schädels erfordere den Einsatz einer Knochensäge, was Aerosole produziere, die das Virus enthalten könnten. Deshalb sollten solche Eingriffe nur in Räumen mit speziellen Abzugssystemen durchgeführt werden, die verhindern, dass ungefilterte Luft nach außen gelangt. Pathologen benötigen für die Arbeit eine entsprechende Schutzausrüstung.

Bisher untersuchte Marshalls Team das Gehirn von vier an Covid-19 Verstorbenen, und bei einem fanden sich Anzeichen einer Schädigung. An dessen Kortex und im Hirnstamm entdeckten die Mediziner sehr kleine Blutungen.

Michael Osborn beaufsichtigte die Entwicklung der Bestattungsdienste im neu geschaffenen Nigh­tingale Hospital im Londoner Excel Centre. Auch er untersucht Schäden durch Covid-19. Mit seinem Team führte er vollständige Autopsien an sechs Leichen durch. Dabei entdeckten die Wissenschaftler Veränderungen an den Blutgefäßen im Gehirn, die bewirken, dass weniger sauerstoffreiches Blut in das Gewebe eindringt. Das scheint die hier ebenfalls vorgefundenen Hirnschäden verursacht zu haben. Es ist schwer zu sagen, ob direkt ins Gehirn eingedrungene Viren die Gefäßveränderungen auslösten oder ob diese eine Folge wiederum anderer Schäden waren. Sowohl Marshall als auch Osborn wollen untersuchen, ob Viren das Gehirn infiziert haben. Das wird jedoch nicht einfach sein. »Die Verarbeitung von Hirngewebe dauert sehr lange«, erklärt Osborn.

Und wie sieht es bei Sars-CoV-2 aus? Einige Wissenschaftler wollen das neue Virus im Liquor von Covid-19-Patienten nachgewiesen haben. Das würde darauf hindeuten, dass es in das Nervensystem eindringt, erklärt Avindra Nath vom US National Institute of Neurological Disorders and Stroke. Noch lässt sich jedoch nicht ausschließen, dass der Erreger in die Flüssigkeit gelangt ist, ohne das Gehirn zu schädigen. Viren im Blut einer Person könnten zum Beispiel eine Probe kontaminieren, die während einer Lumbalpunktion entnommen wird.

Selbst ohne Neurone zu befallen, kann das Virus Schäden im Gehirn anrichten. Menschen, die an einer Covid-19-Erkrankung sterben, weisen in der Regel eine starke Vernarbung der Lunge auf: Die Oberfläche der kleinen Luftbläschen, die den Gasaustausch zwischen Luft und Blut vermitteln, verdickt sich. Das erschwert es dem Sauerstoff, ins Blut zu gelangen. Die entstehende Sauerstoffunterversorgung bedingt mitunter neurologische Schäden. In den Hirnscans von schwer kranken Covid-19-Patienten, die tage- oder wochenlang künstlich beatmet werden müssen, finden sich hin und wieder Anzeichen von krankhaften Veränderungen, erzählt Frontera. Diese sind wahrscheinlich eine Folge des Sauerstoffmangels im Gehirn. Darüber hinaus kann auch die körpereigene Immunantwort zum Problem werden. Reagiert sie zu stark auf einen Fremdkörper, löst das einen so genannten Zytokin­sturm aus – eine Überaktivierung von Immunzellen, die Entzündungs­reaktionen weiter verstärkt. Das schädigt zahlreiche Organe, auch das Gehirn.

Auf Basis der bisherigen Erkenntnisse dürfe man jedoch davon ausgehen, dass das Virus tatsächlich in das zentrale Nervensystem gelangt, merkt Nath an. Sobald wir herausgefunden hätten, wie es das schafft, werde das einen großen Unterschied bei der Behandlung der Patienten machen, erklärt er. Gegenwärtig zielen viele Therapien, die für Covid-19 entwickelt werden, darauf ab, ein geeignetes Medikament in die Lungen zu bringen. Wirkstoffe ins zentrale Nervensystem einzuschleusen, ist dagegen eine ganz andere Herausforderung. Dazu müssten die Moleküle die Blut-Hirn-Schranke überwinden. Ein Großteil der Medikamente ist dazu aber nicht fähig, weshalb ein anderer Behandlungsansatz nötig wäre.

Versteckt in den Nervenzellen

Einmal im Gehirn, überdauert das Virus dort vielleicht langfristig. Manche Erreger schleusen sich in Neurone ein, um später erneut aktiv zu werden und Symptome hervorzurufen. Zu ihnen zählen die Herpes-simplex-Viren, die typischerweise Fieberbläschen im Mund- oder Genitalbereich erzeugen. Vereinzelt rufen sie zudem eine Enzephalitis hervor. Ist eine Person einmal infiziert, dringt das Virus in ihre Neurone ein und bleibt dort ein Leben lang. »Es ist nicht unmöglich, dass das Coronavirus im Gehirn dieselbe Beständigkeit hat«, meint Talbot. »Wir haben OC43 und 229E im Gehirn von Menschen gefunden, und die Viren scheinen sich dort zu verstecken – es ist denkbar, dass sie nach ihrer Reaktivierung neurologische Krankheiten verursachen.«

Doch auch ohne ein solches erneutes Aufflammen der Erkrankung werden manche Covid-19-Überlebende langfristige Folgen spüren. Schlaganfälle und epileptische Anfälle bedingen mitunter irreparable Hirnschäden. Zudem können nach Virusinfekten bestimmte Erschöpfungssyndrome auftreten. Besorgnis erregend ist aktuell die Zunahme an Patienten mit Guillain-Barré-Syndrom. Dieses zeichnet sich durch Funktionsstörungen in den peripheren Nerven aus. »Es ist wie eine aufsteigende Lähmung«, erklärt Nath. »Sie beginnt in den Füßen und wandert von dort aus nach oben.« In manchen Fällen sind die Symptome vorübergehend, bei anderen bleiben dauerhafte Behinderungen. Die Krankheit kann sogar tödlich enden.

Wirkung auf Gehirn und Geist

In Großbritannien etablierten Forscher Anfang April 2020 ein internetbasiertes Meldesystem, über das sie Fallberichte zu neuropsychiatrischen Beschwerden von Covid-19-Patienten sammeln konnten, die in britischen Krankenhäusern behandelt wurden. Bei der Auswertung Ende April enthielt die Datenbank klinische Daten von 125 Erkrankten. 77 von ihnen hatten einen Schlaganfall erlitten. 39 zeigten einen »veränderten mentalen Status«, der sich in Form einer Enzephalopathie, Enzephalitis oder als psychiatrische Erkrankung äußerte – darunter Fälle von Psychosen, akute Verwirrtheit und affektiven Störungen. Bei vier der registrierten Patienten wurde ein Guillain-Barré-Syndrom diagnostiziert.

Eine Studie, die Forscher im Juli 2020 in der Fachzeitschrift »Brain« veröffentlichten, deutet in eine sehr ähnliche Richtung. In der Arbeit berichten die Wissenschaftler von 43 britischen Covid-19-Patienten, bei denen ebenfalls neurologische Auffälligkeiten zu beobachten waren. Von diesen entwickelten unter anderem zehn Betroffene eine entzündliche Hirnerkrankungen, zehn weitere Patienten eine vorübergehende Gehirnerkrankung mit Delirium oder Psychose. Acht Patienten erlitten einen Schlaganfall und sieben zeigten das Guillain-Barré-Syndrom.

Lange Nachwirkungen

Es gibt immer mehr Anzeichen dafür, dass einige Menschen, die von einer akuten Covid-19-Erkrankung genesen sind, ein Guillain-Barré-Syndrom entwickeln. Ärzte in drei Krankenhäusern in Norditalien diagnostizierten beispielsweise in einem Zeitraum von drei Wochen im März 2020 fünf Fälle bei den 1000 bis 1200 Personen, die dort wegen Covid-19 behandelt wurden. »Das ist sehr auffällig. Etwa 1000-mal mehr, als man normalerweise erwarten würde«, erläutert Koralnik. »Wahrscheinlich werden wir noch viel häufiger solche Fälle sehen«, mutmaßt er.

Weiterhin unklar ist, welche Patienten ein erhöhtes Risiko haben, nach einer Sars-CoV-2-Infektion neurologische Symptome oder Folgeerkrankungen zu entwickeln. Es zeichnet sich allerdings bereits ab, dass viele Menschen, die mit Covid-19 ins Krankenhaus einge­liefert werden und sich wieder erholen, eine Rehabili­tation oder langfristige Betreuung durch medizinisches Fachpersonal benötigen – womöglich mehrere Jahre lang.

Einige von Fronteras Patienten, die künstlich beatmet werden, zeigen Anzeichen einer schweren Hirnschädigung. »Die Wahrscheinlichkeit, dass sie aufwachen, scheint extrem gering«, sagt sie. Über die Aussichten für jene mit leichterem Verlauf gibt es bisher wenig Daten. »Wir lernen immer noch Neues über Covid«, betont sie. »Es wird ein paar Monate dauern, bis wir bessere Prognosen stellen können.«

Abgesehen von dem vorübergehenden Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns treten neurologische Auswirkungen vor allem bei sehr schweren Fällen von Covid-19 auf. Genaue Zahlen fehlen noch; es scheint aber nur ein sehr kleiner Teil der Patienten eine Schädigung des Gehirns oder des Nervensystems zu erleiden. Manche von ihnen werden allerdings ein Leben lang mit den Folgen zu kämpfen haben. »Gehirnerkrankungen haben oft weit reichende Konsequenzen – sie können unsere Persönlichkeit verändern, die Art und Weise beeinflussen, wie wir uns bewegen, und chronische Beschwer­den nach sich ziehen«, erläutert Nath. »Selbst wenn nur ein kleiner Prozentsatz von Menschen betroffen ist, sind die Folgen womöglich verheerend. Wir sollten das nicht auf die leichte Schulter nehmen.«

Covid-19 im Körper

Covid-19 galt primär als eine Erkrankung der Atem­wege, die schwere Lungenschäden verursachen kann. Doch zusätzlich beobachten Ärzte Störungen im gesamten Körper. Während die Krankenhäuser sich darauf konzen­trierten, die Zahl ihrer Beatmungsgeräte zu erhöhen, standen einigen keine Dialysegeräte für Covid-19-­Patienten mit Nierenversagen zur Verfügung. Auch Magen-Darm-­Probleme treten häufig auf. Man geht davon aus, dass Erkrankte infolge ihrer Atembeschwerden an einem Mangel an sauerstoffreichem Blut sterben. Aber in Wirklichkeit erleiden manche dieser Menschen ein Multiorganversagen, mit Schäden an Herz, Leber und weiteren Organen.

Was steckt dahinter? Laut Sanjay Mukhopadhyay von der Cleveland Clinic in Ohio ist es möglich, dass Sars-CoV-2 über den Blutkreislauf mehrere Organe erreicht. Über die intensiv durchbluteten Lungen könnte das Virus in das Kreislaufsystem eindringen. »Es ist sehr leicht für solche Erreger, in die Blutbahn zu gelangen«, kommentiert er. Ob das Virus Organe direkt schädigt, ist eine andere Frage. Ein Organversagen tritt in der Regel nach schwerer Erkrankung ein, oft als Folge von Reaktionen des körpereigenen Immunsystems. Künstlich beatmete Patienten, die kaum genügend Sauerstoff in ihr Blut bekommen, sind besonders gefährdet, so Mukhopadhyay. »Wenn Menschen diesen Grad einer schweren Lungenverletzung entwickeln, versagen viele andere Organe«, betont er. »Das ist nicht nur bei Covid-19 der Fall.« Pathologen wie Mukhopadhyay suchen zurzeit nach Spuren des Virus in den Organen von Menschen, die an der Krankheit gestorben sind.

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