Direkt zum Inhalt

News: Wie sich Chromosomen trennen

Wenn sich eine Zelle teilt, muss sie dafür sorgen, dass in den Tochterzellen nachher auch jeweils ein vollständiger Chromosomensatz vorliegt. Was sich vielleicht einfach anhört, besteht aber aus einer ganzen Reihe von Einzelschritten. Wiener Wissenschaftler konnten nun einige grundlegende Fragen des Prozesses klären.
Im Rahmen des Zellzyklus werden die Chromosomen zunächst verdoppelt. Sie ordnen sich in der Metaphase am Äquator paarweise an und "kleben" regelrecht aneinander. Eine Weile können sie so dem Zug der so genannten Mikrotubuli widerstehen. Zu einem gewissen Zeitpunkt jedoch geht der "Klebstoff" zwischen den Schwester-Chromatiden auf. Sie werden in die einander entgegengesetzte Richtung gezogen, und die Zellteilung erfolgt.

An Hefezellen konnten nun zwei Forschergruppen am Institut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien jene einfachen Mechanismen aufklären, die für die Trennung der Chromosomen im Rahmen der Zellteilung verantwortlich sind. Und auch in menschlichen Zellen konnten sie die Vorgänge nachweisen (Cell vom 27. Oktober 2000).

Im September 1999 berichteten die Wiener Wissenschaftler, dass der Proteinkomplex Cohesin den genannten "Klebstoff" darstellt, der die Schwester-Chromatiden zusammen hält, bis das Teilungssignal erfolgt. "Dieses Cohesin besteht aus vier verschiedenen Proteinen. Der entscheidende 'Spieler' aber ist offenbar das Protein 'Sister Chromatide Cohesin 1' (Scc1). Es wird gespalten. Dadurch geht die Bindung zwischen den Doppel-Chromosomen auf", erklärt Kim Nasmyth, der Leiter des Institutes. Doch die Identifikation des Cohesin-Komplexes als "Klebstoff" zwischen den Chromosomen vor der Teilung stehender Zellen ist nur ein Aspekt. Frank Uhlmann, ein Mitglied der Arbeitsgruppe, identifizierte nun auch jene "Schere", welche das Cohesin durchtrennt.

"Es handelt sich dabei um ein Protease-Enzym, das wir Separase genannt haben", erzählt Nasmyth. Damit dieses Enzym aktiviert wird, muss es zunächst aus einer Bindung mit einem anderen Eiweiß – einem "Securin" – befreit werden. Erst wenn die Sicherung ("Securin") beseitigt ist, kommen die Trennungsabläufe in Gang.

Doch auch nach diesen Arbeiten bestand noch die Frage, ob das, was in der Hefe geschieht, auch für Säugetierzellen gilt. Das hat der IMP-Wissenschafter Jan-Michael Peters nachgewiesen – seine Arbeitsgruppe konnte zeigen, dass auch beim Menschen ganz geringe Mengen an Cohesin auf den Chromosomen verbleiben, die schließlich gespalten werden. Der "Klebstoff" ist offenbar an den Centromeren vorhanden, den Abschnitten der Chromosomen, an denen sie zunächst noch zusammen hängen. Für die Hefe-Proteine, die an diesen Prozessen beteiligt sind, gibt es entsprechende vergleichbare Eiweißstoffe auch in menschlichen Zellen.

Die Einfachheit dieser Mechanismen hat die Wissenschaftler jedenfalls überrascht. Nasmyth meint weiterhin: "Das ist im eigentlichen Sinn kein 'medizinischer Durchbruch'. Das ist die Identifizierung und der Nachweis eines Prinzips, das in der Biologie von enormer Wichtigkeit ist. Geht bei der Zellteilung bzw. bei der Aufteilung der Chromosomen auf die beiden Zellen etwas schief, kann das schwerste Konsequenzen haben. Krebs oder Erbkrankheiten wie das Down-Syndrom können die Folge sein."

Siehe auch

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.