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Gerontologie: Wie sicher fahren Senioren?

Welche Altersgruppe verursacht die meisten Unfälle? Und wie schwer fallen diese im Schnitt aus? Eine britische Studie legt neue Zahlen vor.
Ein glückliches älteres Paar fährt mit dem Cabrio in den Sonnenuntergang

Am sichersten fahren Menschen zwischen 40 und 50 Jahren – und damit in einem Alter, in dem sie wohl auch am mobilsten sein müssen. Doch auch Senioren ab 70 Jahren verursachen weniger Unfälle, als ihnen manchmal unterstellt wird. Und meist enden diese glimpflich mit Blechschaden. Das legt eine Studie britischer Forscher um Charles Musselwhite von der Swansea University nahe, die auf dem British Science Festival in Swansea vorgestellt wurde. Die Gerontologen hatten Unfalldaten aus Großbritannien während der letzten Jahre ausgewertet. Demnach verursacht die Altersgruppe der über 70-Jährigen drei- bis viermal weniger Unfälle als 17- bis 21-jährige Männer, die der Studie nach eine Hochrisikogruppe darstellen.

Auch bei der Art der Unfälle unterscheiden sich die beiden Enden der Altersspanne: Während die Führerscheinneulinge oft ihr fahrerisches Können überschätzen und bei hohen Geschwindigkeiten die Kontrolle über ihr Gefährt verlieren, bilden Kollisionen beim Rechtsabbiegen – was in Deutschland dem Linksabbiegen entspräche – und bei Überholmanövern den Unfallschwerpunkt bei den betagten Verkehrsteilnehmern. Zudem unterliefen diesen eher Fehler, wenn sie sich durch andere Fahrer unter Druck gesetzt fühlten, so Musselwhite. Oft sind Senioren in Unfälle mit Altersgenossen verwickelt, was auf jeweils gleiche, falsche Fahrmanöver hindeute. Viele endeten allerdings mit vergleichsweise harmlosen Blechschäden, während bei den jungen Männern schwer wiegende Crashs einen erhöhten Anteil ausmachten – oft mit lebensgefährlichen Verletzungen oder tödlichen Folgen. Das Sterblichkeitsrisiko ist dennoch auch für Fahrerinnen und Fahrer über 75 Jahren überdurchschnittlich hoch, was die Wissenschaftler auf ihren allgemein "gebrechlicheren" Körperzustand zurückführen.

Um zu testen, warum gerade das Rechtsabbiegen für Senioren so problematisch ist, setzten Musselwhite und Co einige Versuchspersonen in einen Fahrsimulator. Die Probanden zögerten dabei länger, bis sie sich zum Abbiegen entschlossen. Doch erst wenn sie sich unter Druck gesetzt fühlten, erhöhte sich auch die Gefahr, dass sie einen Fehler machten. Verglichen mit anderen Verkehrsteilnehmern krachte es bei diesem Vorgang immerhin doppelt so oft.

In Großbritannien müssen Fahrer ihren Führerschein erneuern lassen, wenn sie 70 werden – und sich danach alle drei Jahre auf ihre Verkehrstauglichkeit testen lassen. Auch in anderen Ländern – inklusive Deutschland – wird dieses Verfahren immer wieder aus Gründen der Verkehrssicherheit gefordert. Die Daten gäben ein derartiges Gebot aber nicht unbedingt her, so Musselwhite. Dadurch habe sich die Verkehrssicherheit nicht nachhaltig verbessert. Strenge Sehtestkontrollen und langzeitige Überprüfung, wie sich Dauermedikation auf die Fahrtauglichkeit von Senioren auswirkt, sollten aber ausgebaut werden, meint der Forscher.

Um dieser Altersgruppe den Verzicht auf das Auto schmackhafter zu machen, müssten zudem Angebote des öffentlichen Nahverkehrs attraktiver werden – vor allem im ländlichen Raum. Und berücksichtigen müsse man überdies, dass die Menschen mit zunehmendem Alter langsamer werden. Um eine Straße bei grüner Fußgängerampel ausreichend zügig zu überqueren, müsste man in Großbritannien mindestens 4,7 Kilometer pro Stunde schnell sein. Das gelinge aber 86 Prozent aller Seniorinnen und Senioren nicht, beklagt Musselwhite, was diese unter Druck setze, weshalb sie dann doch lieber motorisiert unterwegs sind.

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