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News: Wie wirkt die Sonne auf das Erdklima?

Unser Klima hängt auf sehr komplexe Art und Weise von unzähligen Faktoren ab. Viele davon sind Wissenschaftlern gar nicht oder nur unzureichend bekannt. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Aeronomie verfolgten Schwankungen des solaren Magnetfelds bis ins Jahr 1700 zurück. Sie stellten dabei fest, dass offenbar auch diese Variationen das Klima auf unserer Erde stark beeinflussen können.
Das Magnetfeld der Sonne verändert sich langfristig und beeinflusst dabei möglicherweise das Erdklima. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher am Max-Planck-Institut für Aeronomie (MPAE) in Katlenburg-Lindau und an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich. Sami K. Solanki und Manfred Schüssler vom MPAE sowie Marcel Fligge vom ETH haben die Schwankungen des Sonnenmagnetfelds im Verlauf der vergangenen 300 Jahre zurückverfolgt. Dazu verwendeten sie historische Aufzeichnungen über Sonnenflecken, Daten von Weltraumsonden sowie Messungen der Häufigkeiten radioaktiver Isotope im grönländischen Inlandeis.

Wie die Wissenschaftler in Nature vom 23. November 2000 berichten, hat sich die Stärke des solaren Magnetfelds in den vergangenen hundert Jahren mehr als verdoppelt. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war das Feld recht schwach und vor 1700 sogar für einige Jahrzehnte nahezu verschwunden. Die drei Forscher schlagen vor, dass Veränderungen des Sonnenmagnetfelds für langfristige Klimaschwankungen und teilweise auch für die globale Erwärmung seit 1900 verantwortlich sein könnten.

Für ihre Studien untersuchten die Experten zunächst die Häufigkeit von Beryllium-10 im grönländischen Inlandeis. Dieses Radioisotop entsteht, wenn die energiereichen nuklearen Teilchen der kosmischen Strahlung in die Erdatmosphäre eindringen und dort Atomkerne von Stickstoff und Sauerstoff zerschlagen. In den Proben zeigte sich, dass Beryllium-10 in den vergangenen hundert Jahren abgenommen hat. Damit muss auch die Stärke der kosmischen Strahlung zurückgegangen sein. Den Wissenschaftlern zufolge bedeutet dies gleichzeitig eine Zunahme des Sonnenmagnetfelds, weil es wie ein Schirm wirkt und die kosmische Strahlung abfängt. Aus dieser Beobachtung sowie aus Satelliten-Messungen des erdnahen solaren Magnetfelds der vergangenen 35 Jahre konstruierten Solanki, Schüssler und Fligge ein Modell des Felds und brachten dabei die Sonnenflecken ins Spiel.

Schon die Chinesen entdeckten vor mehr als 2000 Jahren mit bloßem Auge schwarze "Tupfen" auf dem Tagesgestirn. Seit der Erfindung des Fernrohrs im frühen 17. Jahrhundert beobachten die Astronomen die Sonnenflecken regelmäßig. Es handelt sich um Regionen auf der Oberfläche, in denen die Energieversorgung aus dem Inneren des stellaren Gasballs aufgrund starker Magnetfelder nicht mehr richtig funktioniert. Die Gebiete kühlen um etwa 1500 Grad Celsius ab und erscheinen im Kontrast zu der rund 5500 Grad Celsius heißen Photosphäre dunkel. Die Zahl der Sonnenflecken schwankt in einem etwa elfjährigen Aktivitätszyklus. Mit dem Modell des deutsch-schweizerischen Teams kann die Stärke des solaren Magnetfelds aus der jeweiligen Zahl der Sonnenflecken bestimmt und so auch für Zeiten ermittelt werden, in denen es noch keine direkten Messungen gab. Dabei weisen viele Flecken auf ein starkes Magnetfeld hin.

Anhand historischer Aufzeichnungen über die Häufigkeit von Sonnenflecken verfolgten die Wissenschaftler die Schwankungen des solaren Magnetfelds in den vergangenen 300 Jahren. Dabei fanden sie neben dem Elf-Jahres-Rhythmus langfristige Veränderungen – und eine enge Korrelation mit der Entwicklung der mittleren Erdtemperatur: Nimmt das solare Magnetfeld ab, wächst die kosmische Strahlung. Die von ihr erzeugten Ionen wirken nach einem Modell dänischer Forscher als Kondensationskeime für größere Schwebeteilchen. Die Bewölkung nimmt zu, die Temperaturen auf der Erde sinken. Wird das Magnetfeld dagegen stärker, nehmen kosmische Strahlung und Wolkenbedeckung ab, und es wird wärmer.

Das Ergebnis der Wissenschaftler liefert eine mögliche Erklärung für den bisher rätselhaften statistischen Zusammenhang zwischen dem Verlauf der Erdtemperatur und der Länge der einzelnen Aktivitätszyklen der Sonne. Zu der Theorie würde auch die "kleine Eiszeit" zwischen 1645 und 1715 passen. In diesem Zeitraum von 70 Jahren hatte es praktisch keine Sonnenflecken gegeben (Maunder-Minimum). Das solare Magnetfeld war also gering, die kosmische Strahlung – und möglicherweise damit einhergehend die Bewölkung – entsprechend stark.

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