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Klima: Wieder auf Wanderschaft

Buchstäblich auf Sand gebaut ist die Landwirtschaft in weiten Regionen des südlichen Afrikas: Eine mehr oder wenige dichte Vegetationsdecke hat einst wandernde Dünen sesshaft werden lassen. Doch der globale Wandel bläst wohl wieder zum Aufbruch.
Es wird wärmer, stürmischer, insgesamt irgendwie extremer – so genau weiß zwar niemand, was uns der Klimawandel in den nächsten Jahrzehnten bescheren wird, aber ein gewisses Bild zeichnet sich in den zahlreichen Simulationen verschiedener Szenarien längst ab. Selbst bei Berücksichtigung noch feiner aufgelöster Parameter oder sogar ganz neuer Aspekte bleibt die globale Grunderwartung dieselbe. Spannender werden zunehmend regionale Betrachtungen, die das Schicksal eng umgrenzter Lebensräume abzusehen versuchen.

Ein Lebensraum, der dabei bislang selten in die Schlagzeilen geriet, sind Wüstendünen. Warum auch, mögen manche denken, wer wohnt da schon – für Mensch relevant ist doch vorwiegend da, wo Mensch auch lebt. Doch ist genau das der Fall: Etliche ehemals aktive Dünenfelder sind heute unter Vegetation versteckt und dienen als Weide- und Ackerland, beispielsweise im Süden Afrikas.

Schon 14 Prozent Pflanzendecke reichen aus, um die körnigen Wanderer festzunageln – so der Untergrund feucht genug ist, damit sich Gräser und Co ansiedeln und halten können. Und genau hier liegt der zukünftige Haken, stellten nun David Thomas von der Universität Oxford und seine Kollegen fest. Sie modellierten die Entwicklung verschiedener, heute ruhender Dünenfelder der Kalahari anhand von drei Klimaszenarien und sahen: Bald ist es vorbei mit der Ruhe. Schon im Jahr 2039 werden die südlichen Vertreter ihre Sandstiefel wieder geschnürt haben, und dreißig Jahre später werden ihnen ihre momentan noch dicht bewachsenen Genossen im Norden und Osten folgen. Ende des 21. Jahrhunderts schließlich dürften alle heute noch sesshaften Dünenfelder von Namibia und Botswana bis Angola, Sambia und Simbabwe wieder in Bewegung sein. Und das für eine vermutete Temperaturzunahme von 2,5 bis 3,5 Grad Celsius und unabhängig vom gewählten Ausmaß des Treibhausgasanstiegs.

Die Wanderlust liegt in der Veränderung der Niederschlagsverhältnisse begründet. Denn obwohl die Forscher in manchen Regionen sogar mehr Regenfälle verzeichneten, wogen diese nie die stärker steigende Verdunstung der Flächen auf. Netto sinkt damit das Feuchteangebot im Boden und begrenzt den Pflanzenwuchs. Zwar räumen Thomas und seine Kollegen ein, dass sie die wuchsfördernde Wirkung höherer Kohlendioxidgehalte nicht berücksichtigt haben, doch würde dies einen Wassermangel eher noch verschärfen als lindern. Hinzu kommt eine Verdopplung der mittleren Windgeschwindigkeit auf vier Meter pro Sekunde ab dem Jahr 2040 mit einer entsprechend kräftiger nagenden Erosion an bar liegenden Stellen.

Natürlich schwanken solche Effekte mit den unterschiedlichen Niederschlagsmengen im Jahresverlauf und auch zwischen Jahren. Doch zeigte sich deutlich: Selbst bei vergleichsweise feuchten Bedingungen werden sich die Sandberge nicht mehr bremsen lassen. Die Resultate sagen eine Aktivität voraus, wie sie zum letzten Mal vor 14 000 bis 16 000 Jahren herrschte. Nur lebten damals noch nicht so viele Menschen dort, deren Lebensgrundlage – ihrem Weide- und Ackerland – mit der Dünenwanderschaft nun noch eine weitere riesige Gefahr droht.

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