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Sonnensystem: Kein Riesenkrater auf dem Asteroiden Hygiea

Eigentlich wollten Astronomen auf dem Asteroiden Hygiea die Spuren eines riesigen Einschlags nachweisen. Doch zu ihrer Überraschung fanden sie einen im Prinzip unversehrten runden Himmelskörper. Wie erklärt sich also Hygieas makelloses Äußeres?
Der Asteroid Hygiea

Mit dem Instrument SPHERE der Europäischen Südsternwarte ESO in Chile nahm ein Forscherteam um Pierre Vernazza vom Laboratoire d'Astrophysique im französischen Marseille den Asteroiden Hygiea im Detail auf, der die Sonne zwischen den Umlaufbahnen von Mars und Jupiter umrundet. Erstmals lassen sich die Form des Asteroiden und die Gestalt seiner Oberfläche direkt erkennen. Hygiea entpuppt sich als ein erstaunlich kugelförmiger, rund 430 Kilometer großer Himmelskörper, allerdings mit einer Oberfläche ohne große Einschlagkrater.

Das Nichtvorhandensein von auffälligen Kratern erstaunt die Wissenschaftler, ist doch dieser Asteroid der Mutterkörper der Hygiea-Kleinplaneten-Familie im Asteroidenhauptgürtel. Die Mitglieder dieser Familie ziehen ähnliche Umlaufbahnen wie Hygiea um die Sonne, und die Analyse ihrer Spektren weist auf eine mit Hygiea identische chemische Zusammensetzung hin.

Parade der größten Asteroiden | Der Planetoid Hygiea im Größenvergleich mit dem Zwergplaneten Ceres und den Asteroiden Pallas und Vesta. Alle vier Himmelskörper weisen annähernd Kugelform auf, bei Vesta lässt sich der riesige Einschlagkrater am Südpol erkennen.

Daher gehen die Planetenforscher davon aus, dass diese Asteroiden Bruchstücke von Hygiea sind, die vor langer Zeit bei einem großen Einschlag aus dem Mutterkörper herausgesprengt wurden und in den umgebenden Weltraum abdrifteten. Aus diesem Grund setzten die Forscher SPHERE ein, ein Instrument, das die ESO am Very Large Telescope (VLT) in Chile betreibt und das über eine extrem hohe räumliche Auslösung verfügt. Mit SPHERE suchten die Astronomen nach der Narbe dieses katastrophalen Ereignisses – vergebens. Die Wissenschaftler vermuten nun, dass der Asteroid bei dem Einschlag, der seine Familie schuf, fast völlig auseinandergerissen wurde, um sich im Verlauf von wenigen Stunden wieder neu zusammenzufinden. Dabei ordnete sich das fein zerriebene Material unter der Wirkung der eigenen Schwerkraft in einem annähernd kugelförmigen und nahezu glatten Himmelskörper ohne großen Krater an.

Die annähernde Kugelform von Hygiea nehmen manche der beteiligten Forscher zum Anlass, den Himmelskörper als Zwergplaneten einstufen zu wollen. Angesichts eines Durchmessers von rund 430 Kilometern ist das eine überzogene Forderung. Bereits der kleinste offizielle Zwergplanet, Ceres, der sich ebenfalls im Asteroiden-Hauptgürtel befindet, kommt auf immerhin 950 Kilometer Durchmesser und ein Vielfaches der Masse von Hygiea. Würde man nur die annähernde Kugelform als Zulassungskriterium zum Zwergplaneten verwenden, so stünde eine wahre Schwemme von ihnen bevor. Im Kuipergürtel jenseits der Bahn des äußersten Planeten Neptun sind mehr als 100 weitere Objekte mit größeren Durchmessern und Massen als Hygiea bekannt, die ebenfalls annähernd sphärisch sind. Aber seit 2006 hat für die Einstufung zuständige Internationale Astronomische Union keine weiteren Himmelskörper neben Ceres, Pluto, Eris, Haumea und Makemake als Zwergplaneten benannt.

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