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Astrophysik: Zwei Weiße Zwerge in der Todesspirale

Ein enges Doppelsternsystem aus zwei Weißen Zwergen umrundet den gemeinsamen Schwerpunkt in nur 6,9 Minuten und strahlt dabei Gravitationswellen ab. Das System ist so kompakt, dass es sich im Inneren des Ringplaneten Saturn unterbringen ließe.
Doppelsternsystem aus zwei Weißen Zwergen

Rund 7600 Lichtjahre von uns entfernt entdeckten Astronomen um Kevin B. Burdge am California Institute of Technology in Pasadena ein System aus zwei Weißen Zwergen, die innerhalb von nur 6,9 Minuten ihren gemeinsamen Schwerpunkt umrunden. Dabei bedecken sie sich von der Erde aus betrachtet gegenseitig, wodurch es zu ausgeprägten Einbrüchen der Helligkeit des Doppelsternsystems kommt. Es ist so kompakt, dass es sich vollständig im Inneren des Ringplaneten Saturn unterbringen ließe, der einen Durchmesser von rund 120 000 Kilometern aufweist. Daher üben die Weiße Zwerge heftige Gezeitenkräfte aufeinander aus, die sie verformen. Entdeckt wurde das System mit der Zwicky Transient Facility auf dem Mount Palomar, weshalb es die Katalogbezeichnung ZTF J1539 + 5027 trägt.

An der Lichtkurve des Systems, also der Auftragung der Gesamthelligkeit über die Zeit, zeigt sich: Die Lichtkurve ist asymmetrisch, und die gegenseitigen Bedeckungen verlaufen unterschiedlich. Daraus lässt sich ableiten, dass eine Komponente des Doppelsterns wesentlich heißer und heller ist als die andere. Der hellere Stern ist somit die primäre Komponente, der andere die sekundäre. Wandert der kühlere Weiße Zwerg vor den heißeren, fällt die Gesamthelligkeit des Systems um rund zwei Größenklassen ab, also um das 6,3-Fache. Dagegen macht sich die Passage des helleren Zwergs vor dem kühleren nur geringfügig bemerkbar. Der heißere Weiße Zwerg mit einer Oberflächentemperatur von 49 000 Grad Celsius (zum Vergleich: Die Temperatur der Sonne beträgt 5500 Grad Celsius) weist 0,6 Sonnenmassen auf, der kühlere mit »nur« rund 10 000 Grad Celsius etwa 0,2 Sonnenmassen.

Das System ist so kompakt und die Komponenten bewegen sich so rasch umeinander, dass relativistische Effekte relevant werden. Sie sorgen dafür, dass die beiden Weißen Zwerge Gravitationswellen bei einer Frequenz von derzeit rund 4,8 Millihertz aussenden. Durch die so abgestrahlte Energie verliert das System Rotationsenergie und die beiden Zwerge kommen sich immer näher, bis sie eines Tages miteinander verschmelzen werden. Die Forscher um Burdge berechnen: In rund 210 000 Jahren werden die beiden Objekte zusammenstoßen und sehr wahrscheinlich zu einem einzigen Weißen Zwerg werden. Die Ausgangsmassen sind in Summe zu gering, als dass sie die Chandrasekhar-Masse von 1,4 Sonnenmassen überschreiten und beide Zwerge in einer Supernova Typ Ia explodieren. Zudem sagen die Caltech-Forscher voraus, dass das für das Jahr 2034 geplante Weltrauminterferometer LISA (Laser Interferometer Space Antenna) nach nur wenigen Tagen das System ZTF J1539 + 5027 als starke Quelle von Gravitationswellen aufspüren sollte. Denn LISA ist bei ein Gravitationswellenfrequenz von fünf Millihertz am empfindlichsten, einer Frequenz, die für erdgebundene Gravitationswellen-Laserinterferometer wie LIGO und Virgo nicht zugänglich ist.

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