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Kosmologie : Wird die Dunkle Energie schwächer?

Die Dunkle Energie bewirkt, dass sich unser Universum beschleunigt ausdehnt, gilt aber selbst als konstant. Doch nun gibt es erste Hinweise, dass diese Annahme womöglich falsch ist.
Ein Ausschnitt einer Karte aus unserem Universum mit unzähligen Punkten. Jeder Punkt stellt eine Galaxie dar. Es ergibt ein Muster, in dem sich die Punkte bevorzugt entlang von wabenförmigen Filamenten häufen und dazwischen weniger Galaxien liegen.
600 000 Galaxien hat das DESI-Experiment in nur einem Jahr beobachtet: Jeder Punkt in dem Bild entspricht einer Galaxie.

Funktioniert unser Universum ganz anders als bislang gedacht? In der derzeit größten Karte des Weltalls wollen Physikerinnen und Physiker Hinweise darauf gefunden haben, dass die mysteriöse Dunkle Energie nicht, wie angenommen, konstant ist, sondern mit der Zeit etwas schwächer werden könnte.

»Wenn das stimmt, wäre das seit 25 Jahren der erste Hinweis darauf, was Dunkle Energie eigentlich ist«, sagt Adam Riess, Astrophysiker an der Johns Hopkins University. Riess hat 2011 den Nobelpreis für Physik bekommen: Zusammen mit Kolleginnen und Kollegen hatte er 1998 anhand von weit entfernten Supernovae nachweisen können, dass sich unser Universum nicht nur ausdehnt, sondern dabei immer schneller wird. Für diese beschleunigte Expansion soll jene mysteriöse Dunkle Energie sorgen. Um was es sich dabei genau handelt, ist aber auch nach mehr als 25 Jahren völlig unklar.

Die neuen Beobachtungen stammen vom Team des »Dark Energy Spectroscopic Instrument« (kurz: DESI). Dieses Instrument soll verraten, wie schnell sich das Universum seit dem Urknall vor rund 13,8 Milliarden Jahren ausgedehnt hat. In mehreren Artikeln haben die Fachleute nun eine erste Karte des Kosmos vorgestellt, aus der sie eine Reihe von kosmologischen Parametern ableiten konnten. Für viele Forschende ist das Highlight der Veröffentlichungen die Kombination der DESI-Daten mit anderen Beobachtungsmethoden: Zusammengenommen deuten sie darauf hin, dass der Einfluss der Dunklen Energie im Laufe der Jahrmilliarden abgenommen haben könnte. »Möglicherweise heißt das, dass sich die Dunkle Energie mit der Zeit verändert«, vermutet Dillon Brout von der Boston University und Mitglied der DESI-Kollaboration.

Man muss es aber deutlich betonen: Von einer Entdeckung spricht keine der Forscherinnen und keiner der Forscher. Dafür reichen die Hinweise auf eine schwächer werdende Dunkle Energie bei Weitem nicht aus. Ihre statistische Signifikanz könnte mit zusätzlichen Daten leicht verschwinden.

Allerdings weisen die verschiedenen Beobachtungsmethoden inklusive DESI alle in die gleiche Richtung, nämlich, dass die Dunkle Energie offenbar mit der Zeit abnimmt – und das widerspricht dem derzeitigen Standardmodell der Kosmologie. In diesem ist die Dichte der Dunklen Energie konstant; sie ist die Vakuumenergie des Raums selbst. Wegen ihrer unveränderlichen Natur wird sie auch als »kosmologische Konstante« bezeichnet; der Name sollte eigentlich Programm sein. »Das ist aufregend«, findet Sesh Nadathur, Kosmologe an der University of Portsmouth, der an der DESI-Analyse mitgearbeitet hat. »Wenn die Dunkle Energie keine kosmologische Konstante ist, wäre das eine wichtige Entdeckung.«

Wie die Dunkle Energie zur kosmologischen Konstante wurde

Im Jahr 1998 untersuchte eine Forschungsgruppe um Adam Riess zusammen mit einem Team unter der Leitung von Saul Perlmutter die Struktur unseres Universums, indem sie Licht von weit entfernten Sternexplosionen heranzogen. Dabei entdeckten sie, dass sich das Universum im Lauf der Zeit immer schneller ausdehnt.

Laut Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie kann Materie oder Energie die kosmische Expansion vorantreiben. Doch wenn sich der Raum ausdehnt, nimmt die Dichte aller in ihm enthaltenen, bekannten Arten von Materie und Energie ab. Da ihre Dichte immer geringer wird, sollte das Universum eigentlich immer langsamer expandieren.

Der Raum selbst wird bei der Ausdehnung des Raums hingegen nicht verdünnt. Falls das Vakuum eine eigene Energie hat, könnte das die beobachtete beschleunigte Expansion erklären: Dann sorgt die Ausdehnung dafür, dass mehr Vakuum und damit mehr Vakuumenergie entsteht, wodurch sich die Ausdehnung beschleunigt. Die beschleunigte Expansion kann daher so interpretiert werden, dass dem Vakuum eine winzige Energie innewohnt: die Dunkle Energie.

Praktischerweise hatte Albert Einstein eine solche Möglichkeit bei der Entwicklung der allgemeinen Relativitätstheorie in Betracht gezogen. Der Physiker wollte damals verhindern, dass das von ihm beschriebene Universum auf Grund der Verdünnung der Materie kollabiert. Deshalb stellte er sich vor, der gesamte Raum sei mit einer konstanten Menge an Energie durchdrungen. Diese wird durch das Symbol Λ, den griechischem Großbuchstaben Lambda, dargestellt und als kosmologische Konstante bezeichnet.

Aber Einstein lag nicht ganz richtig. Er wollte mit der kosmologischen Konstante ein statisches Universum beschreiben, also eines, das sich weder zusammenzieht noch ausdehnt. Nachdem in den 1920er Jahren erkannt wurde, dass das Universum expandiert, verwarf er die kosmologische Konstante. Doch 1998 feierte sie mit der Entdeckung der beschleunigten Expansion ein Comeback und nahm ihren Platz im aktuellen Standardmodell der Kosmologie ein, das auch »Lambda-CDM-Modell« genannt wird. »Es ist einfach. Die kosmologische Konstante ist eine Zahl. Sie hat eine Geschichte, die man mit ihr verbinden kann. Deshalb glaubt man, dass sie konstant ist«, erläutert Licia Verde, theoretische Kosmologin und Mitglied der DESI-Kollaboration.

Könnte nun eine neue Generation von Fachleuten, ausgerüstet mit einer neuen Generation an Teleskopen, die ersten Anzeichen gefunden dafür haben, dass diese Geschichte doch nicht so einfach ist?

Die Kartierung des Kosmos

Eines dieser neuen Teleskope befindet sich auf dem Kitt Peak in Arizona. Das DESI-Team hat dessen Vier-Meter-Spiegel mit 5000 Lichtleiterkabeln ausgestattet, die sich automatisch auf ihre himmlischen Ziele ausrichten. Die Automatisierung ermöglicht eine blitzschnelle Datenerfassung im Vergleich zum bisherigen Flaggschiff der Himmelsdurchmusterung, der Sloan Digital Sky Survey (SDSS). Bei dieser mussten ähnliche Lichtleiterkabel von Hand in spezielle Metallplatten gesteckt werden. In einer einzigen rekordverdächtigen Nacht konnte DESI die Positionen von fast 200 000 Galaxien aufzeichnen.

Von Mai 2021 bis Juni 2022 detektierte das Teleskop Licht, das die Erde aus verschiedenen Epochen der kosmischen Geschichte erreichte. Die DESI-Kollaboration hat diese Daten in die detailreichste Karte unseres Kosmos verwandelt, die je erstellt wurde. Sie zeigt die genauen Positionen von rund sechs Millionen Galaxien, wie sie vor etwa zwei bis zwölf Milliarden Jahren im Universum existierten.

Das Dark Energy Spectroscopic Instrument | Das Dark Energy Spectroscopic Instrument am Kitt Peak National Observatory in Arizona ist mit 5000 Lichtleiterkabeln ausgerüstet. Damit kann DESI auf einmal bis zu 5000 Galaxien beobachten. Während seiner fünfjährigen Beobachtungszeit soll DESI eine hochpräzise Karte unseres Universums erstellen und so die Frage beantworten, wie schnell sich unser Weltall in seiner Vergangenheit ausgedehnt hat.

Die entscheidende Zutat für die präzise Kartierung ist die Fähigkeit von DESI, Spektren von Galaxien aufzuzeichnen: Das Lichtspektrum einer Galaxie zeigt die Intensität jedes Farbtons ihres Lichts. Ein solches Spektrum verrät, wie schnell sich eine Galaxie von uns entfernt und in welchem Zeitalter der kosmischen Geschichte wir sie sehen. Je schneller sich eine Galaxie von uns entfernt, desto älter ist sie. Mit dieser Information können Forschende die Galaxien relativ zueinander einordnen. Aber um die Karte mit den absoluten Entfernungen zur Erde zu kalibrieren – eine wichtige Information für eine vollständige Rekonstruktion der kosmischen Geschichte – braucht man noch etwas anderes: eingefrorene Dichtewellen aus dem frühen Universum.

In den ersten paar hunderttausend Jahren nach dem Urknall war der Kosmos eine heiße, dicke Suppe, die hauptsächlich aus Materie und Licht bestand. Die Gravitation zog die Materie nach innen, während das Licht sie nach außen drückte. Dieses Wechselspiel erzeugte Dichtewellen, die sich von einigen wenigen dichten Stellen in der heißen kosmischen Suppe nach außen ausbreiteten. Danach kühlte das Universum immer weiter ab, bis sich Atome bilden konnten. Daraufhin wurde das Universum für Strahlung transparent. Das Licht strömte nach außen und ließ die Dichtewellen an Ort und Stelle erstarren.

Diese quasi eingefrorenen »baryonischen akustischen Oszillationen«, kurz BAO, haben bis heute ihre Spuren in den großräumigen Strukturen des Kosmos hinterlassen: als eine Reihe von sich überlappenden Kugeln, die etwa eine Milliarde Lichtjahre durchmessen (das entspricht der Entfernung, die BAOs vor ihrem Einfrieren zurücklegen konnten). Auf den dichten Hüllen bildeten sich etwas mehr Galaxien als an anderen Stellen. Indem Forschende Millionen von Galaxien kartieren, können sie Spuren dieser Kugeln entdecken. Und weil man weiß, dass alle Kugeln gleich groß sind, lässt sich herausfinden, wie weit die Galaxien wirklich von der Erde entfernt sind – und so die Größe ihrer Karte entsprechend anpassen.

Die Forscherinnen und Forscher der DESI-Kollaboration haben eine Blindanalyse durchgeführt, damit sie ihre Ergebnisse nicht unbewusst beeinflussen. Dafür haben sie jeweils mit zufällig zusammengestellten Messwerten gearbeitet, um physikalische Muster in den Daten zu verbergen. Im Dezember 2023 traf sich die DESI-Kollaboration auf Hawaii, um die Resultate zu entschlüsseln und herauszufinden, welche Karte die 5000 Augen des Teleskops in Arizona erstellt haben.

Sesh Nadathur hat das Treffen von Großbritannien aus live mitverfolgt. Er war aufgeregt, als er die Karte endlich zu Gesicht bekam: Sie sah irgendwie seltsam aus. »Wenn man genug Erfahrung mit BAO-Daten hat, konnte man sehen, dass man für die Karte etwas braucht, das ein wenig vom Standardmodell der Kosmologie abweicht«, erklärt Nadathur.

In der darauffolgenden Woche, als die Forscherinnen und Forscher ihren neuen Datensatz durchkämmten, ihn analysierten und mit anderen großen kosmologischen Datensätzen kombinierten, entdeckten sie die Ursache des seltsamen Aussehens und tauschten sich untereinander aus. »Einer meiner Kollegen hat ein Diagramm gepostet, das die Grenzwerte der Dunklen Energie zeigt, und kein einziges Wort dazu geschrieben. Nur das Diagramm und ein Emoji mit einem explodierenden Kopf«, sagt Nadathur.

Ein Universum in Zwiebelschalen

Die DESI-Kollaboration soll herausfinden, wie sich das Universum im Lauf der Zeit ausgedehnt hat. Dazu beobachtet sie Galaxien und untersucht, wie diese in sieben Epochen der kosmischen Geschichte ausgesehen haben: eine Art zeitliche Zwiebelschalen. Anschließend analysieren die Forschenden, wie gut diese sieben Zwiebelschalen mit der Entwicklung des Universums übereinstimmen, die das Standardmodell der Kosmologie vorhersagt. Aber die DESI-Kollaboration prüft auch, wie gut andere Modelle zu den Beobachtungen passen – zum Beispiel Modelle unseres Kosmos, in denen die Dichte der Dunklen Energie nicht über alle sieben Zwiebelschalen hinweg gleich ist, sondern schwankt.

Für die nun veröffentlichten ersten DESI-Daten passt das Standardmodell der Kosmologie fast genauso gut zu den verschiedenen beobachteten Epochen wie ein Modell mit veränderlicher Dunkler Energie. Erst durch die Kombination mit anderen Beobachtungen, etwa der kosmischen Mikrowellenhintergrundstrahlung sowie den Supernova-Katalogen, werden die Unterschiede zwischen den beiden Modellen sichtbar.

DESI erstellt eine 3-D-Karte unseres Universums | DESI soll eine hochpräzise dreidimensionale Karte unseres Kosmos erstellen – hier ist nur ein kleiner Ausschnitt aus dem ersten Beobachtungsjahr abgebildet. Die Erde befindet sich im Zentrum des Ausschnitts. Die großräumigen Strukturen im Universum sind aber schon deutlich erkennbar: Jeder Punkt entspricht einer Galaxie. Sie ordnen sich gehäuft entlang von Filamenten an, während es in den Zwischenräumen deutlich weniger Galaxien gibt.

Je nachdem, welchen von drei Supernova-Katalogen die DESI-Kollaboration mit ihren Daten kombinierte, wichen die Ergebnisse um 2,5, 3,5 oder 3,9 Sigma vom Standardmodell der Kosmologie ab, wobei »Sigma« etwas über die statistische Signifikanz aussagt. Angenommen, eine Münze wird 100-mal geworfen. Bei einer fairen Münze lautet die Vorhersage des Ergebnisses: 50-mal Kopf, 50-mal Zahl. Bei 60-mal Kopf wäre das Ergebnis zwei Sigma vom Mittelwert entfernt. Die Wahrscheinlichkeit, dass das purer Zufall ist, beträgt 1 zu 20. Erscheint jedoch 75-mal Kopf, beträgt die Wahrscheinlichkeit dafür 1 zu zwei Millionen: Das wäre ein Fünf-Sigma-Ergebnis. Fünf Sigma zählen in der Physik als Standard, um von einer Entdeckung sprechen zu können. Die Sigma-Werte der DESI-Kollaboration liegen irgendwo dazwischen. Damit könnten die Ergebnisse lediglich eine statistische Schwankung sein. Sie könnten aber auch ein echter Hinweis darauf sein, dass sich die Dunkle Energie mit der Zeit verändert.

Die Sigma-Werte mögen zwar verlockend klingen, aber die Forscherinnen und Forscher warnen davor, ihnen zu viel Bedeutung beizumessen, denn das Universum ist deutlich komplizierter als eine Münze, und die statistische Signifikanz von kosmologischen Parametern hängt von zahlreichen und mitunter subtilen Annahmen bei der Datenanalyse ab.

Doch eines ist auffällig: Alle drei Supernova-Kataloge deuten darauf hin, dass sich die Dunkle Energie auf dieselbe Art und Weise verändert: Sie wird schwächer oder, wie Kosmologen sagen, sie »taut auf«. »All diese komplementären Datensätze tendieren dazu, auf diese leicht negative Zahl zu konvergieren«, erklärt Brout. Wäre die Diskrepanz zufällig, würden die Datensätze eher in unterschiedliche Richtungen zeigen.

Joshua Frieman ist Kosmologe an der University of Chicago und Mitglied der DESI-Kollaboration, hat aber nicht an der Datenanalyse mitgewirkt. Er würde sich freuen, wenn das Standardmodell der Kosmologie versagen würde. Er hatte bereits in den 1990er Jahren Theorien zur auftauenden Dunklen Energie vorgeschlagen. Außerdem ist er Mitbegründer des Dark Energy Survey, in dem man von 2013 bis 2019 nach Abweichungen vom Standardmodell suchte und mit dem einer der drei Supernova-Kataloge erstellt wurde, die in DESI Verwendung finden. Frieman erinnert sich, dass er in der Vergangenheit von angeblichen kosmologischen Anomalien enttäuscht wurde, die bei genauerer Beobachtung verschwanden. »Meine Reaktion darauf ist, fasziniert zu sein. Aber bevor die Fehler kleiner werden, verfasse ich noch nicht meine Dankesrede für den Nobelpreis«, witzelt er.

Nachdem DESI vor Kurzem das dritte von den fünf geplanten Beobachtungsjahren abgeschlossen hat, erwarten die Fachleute, dass ihre nächste Karte fast doppelt so viele Galaxien enthalten wird wie die aktuelle Karte. Und da sie nun mehr Erfahrung mit der BAO-Analyse haben, planen sie, die aktualisierte Dreijahreskarte schnell zu veröffentlichen. Danach folgt eine Fünfjahreskarte mit 40 Millionen Galaxien.

Neben DESI wird in den kommenden Jahren eine ganze Reihe neuer Instrumente in Betrieb genommen, darunter das Vera C. Rubin Observatory in Chile, das Nancy Grace Roman Space Telescope der NASA sowie die Euclid-Mission der Europäischen Weltraumorganisation ESA. »Unsere kosmologischen Daten haben in den letzten 25 Jahren enorme Sprünge gemacht, und wir sind dabei, noch größere Sprünge zu machen«, sagt Frieman.

Mit den neuen Beobachtungen könnten die Forscherinnen und Forscher herausfinden, ob die Dunkle Energie wirklich eine kosmologische Konstante ist. Doch wenn sich der Trend in die Richtung fortsetzt, die die DESI-Ergebnisse andeuten, könnte das alles ändern.

Neue Physik dank auftauender Dunkler Energie

Wenn die Dunkle Energie schwächer wird, kann sie keine kosmologische Konstante sein. Stattdessen könnte es sich um dieselbe Art von Feld handeln, von dem viele Kosmologen glauben, dass es bei der Geburt unseres Universums einen Moment exponentieller Expansion ausgelöst hat. Diese Art von Skalarfeld könnte den Raum mit einer Energiemenge füllen, die zunächst konstant erscheint (wie die kosmologische Konstante), aber im Lauf der Zeit zu schwanken beginnt.

»Die Vorstellung, dass sich die Dunkle Energie verändert, ist ganz natürlich«, sagt Paul Steinhardt, Kosmologe an der Princeton University. Andernfalls wäre sie laut Steinhardt die einzige uns bekannte Energieform, die in Raum und Zeit absolut konstant ist.

»Wenn sich das als wahr herausstellt, könnte es den Weg zu einem neuen, tieferen Verständnis des Universums ebnen«Adam Riess, Nobelpreisträger für Physik 2011

Diese Variabilität würde jedoch einen umfassenden Paradigmenwechsel auslösen. Denn dann würden wir nicht in einem Vakuum leben, das als der energieärmste Zustand des Universums definiert ist. Stattdessen würden wir in einem Zustand höherer Energie leben, der sich langsam auf ein echtes Vakuum zubewegt. »Wir sind daran gewöhnt zu denken, dass wir in einem Vakuum leben«, sagt Steinhardt, »aber das hat uns niemand versprochen.«

In diesem Fall würde das Schicksal des Universums davon abhängen, wie schnell die bisher als kosmologische Konstante bekannte Zahl schrumpft – und wie klein sie überhaupt werden kann. Bei einem Wert von null würde die beschleunigte Expansion aufhören. Sinkt sie weit genug unter null, würde sich der Raum nicht weiter ausdehnen, sondern zusammenziehen. Das ist genau die Art von Umkehrung, die zyklische Theorien der Kosmologie, wie sie Paul Steinhardt entwickelt, brauchen.

Stringtheoretikerinnen und -theoriker sehen das ganz ähnlich. In ihrer spekulativen Theorie setzt sich alles aus schwingenden Fäden zusammen. Die Stringtheorie kann Universen mit einer unterschiedlichen Anzahl von Dimensionen und exotischen Teilchen und Kräften aller Art beschreiben. Was sie allerdings nicht kann: einfach ein Universum konstruieren, das dauerhaft eine stabile positive Energie beibehält, wie es in unserem Universum der Fall zu sein scheint. Stattdessen müsste die Energie im Lauf der Zeit entweder langsam abnehmen oder plötzlich auf null oder einen negativen Wert fallen. »Im Grunde genommen glauben alle Stringtheoretiker, dass es entweder das eine oder das andere ist. Aber wir wissen nicht, was davon«, sagt Cumrun Vafa von der Harvard University. Hinweise auf ein allmähliches Auftauen der Dunklen Energie wären ein Segen für das erste Szenario. »Es wäre die wichtigste Entdeckung seit der Entdeckung der Dunklen Energie selbst«, sagt Vafa.

Aber: Im Moment sind das alles lediglich Spekulationen. Man muss noch viele Millionen weiterer Galaxien beobachten, bevor man ernsthaft über eine kosmische Revolution nachdenken kann.

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  • Quellen

DESI Collaboration: DESI 2024 III: Baryon acoustic oscillations from galaxies and quasars. ArXiv: 2404.03000, 2024

DESI Collaboration: DESI 2024 IV: Baryon acoustic oscillations from the lyman alpha forest. ArXiv: 2404.03001 , 2024

DESI Collaboration: DESI 2024 VI: Cosmological constraints from the measurements of baryon acoustic oscillations. ArXiv: 2404.03002 , 2024

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