Direkt zum Inhalt

News: "Wo sind wir hier?"

Das "Jahr der Lebenswissenschaften" nähert sich seinem Ende. Als Höhepunkt dient der Wissenschaftssommer Berlin 2001, bei dem Forschungsinstitutionen und Wissenschaftsorganisationen ihre Arbeit der Öffentlichkeit auf zahlreichen Veranstaltungen und Ausstellungen in der Bundeshauptstadt präsentieren. Eine davon ist "vCell.die virtuelle Zelle": Im Internet und auf bunten Broschüren groß angekündigt, soll die Ausstellung direkt in das Innenleben einer Zelle führen und eine "spannende Geschichte von sonst verborgenen Vorgängen" erzählen. Leider gelingt das nur teilweise.
"Wo sind wir hier jetzt? In der Zellmembran?" Die Frage, die der neugierige Schüler stellt, ist durchaus berechtigt. Wir befinden uns in "vCell" – einer "virtuellen Zelle". Mit der Ausstellung im Deutschen Technikmuseum Berlin will die Max-Planck-Gesellschaft das "Wissen um Ihr Innerstes" schärfen. Vom 12. bis 16. September 2001 versucht sie im Rahmen des Wissenschaftssommers Berlin 2001, die Erkenntnisse der Zell- und Molekularbiologie einer breiten Öffentlichkeit schmackhaft zu machen.

Die angekündigte "spannende Reise in den faszinierenden Kosmos Zelle" macht neugierig. Der Besucher steht vor einer simplen, aber dennoch verwirrenden Konstruktion aus weißen Zeltplanen. Drinnen erklingt das Stimmengewirr mehrerer Lautsprecher. Direkt über uns hängen zwei Monitore an der Decke, aus denen uns Christiane Nüsslein-Volhard lautstark etwas über die Neugier des Menschen erzählt – bevor ihr Vortrag abrupt abbricht und der Bildschirm schwarz wird.

Nachdem der Eingang in die "virtuelle Zelle" schließlich doch gefunden ist, begrüßt uns ein riesiges, überdimensionales Chromosom. Auf Texttafeln erfahren wir, das menschliche Erbgut bestünde aus "drei Millionen Seiten". Wieviele "Buchstaben" jede dieser "Seiten" enthält – was immer das auch sein mag –, erfährt der Leser nicht. Auch verwundert die Aussage, das menschliche Genom sei im Juni 2000 veröffentlicht, wo doch die Publikationen im Februar 2001 das menschliche Erbgut immer noch nicht vollständig enthielten.

Als nächstes gelangen wir in die "Genomstation" mit mehreren aufgereihten Aquarien, in denen sich kleine, bunte Zebrafischchen tummeln. Ein Wissenschaftler beweist mit einer Videokonferenzschaltung zu einem Kollegen seine High-Tech-Qualitäten.

Im anschließenden "Chromosomenpark" dürfen wir ehrfurchtsvoll beim Pipettieren zuschauen. Dass sich hierbei die interessante Idee verbirgt, sich seinen eigenen genetischen Fingerabdruck nehmen zu lassen, dürfte sich nur den wenigsten Besuchern erschließen.

Über die "Proteinstation" mit ein paar Topfpflanzen erreichen wir einen langen, dunklen Schlauch, der sich "Gesundheitspark" nennt. Dicht an dicht reihen sich hier mehrere Monitore auf, aus denen uns gleichzeitig und unüberhörbar die neuesten Erkenntnisse der Immunologie dargebracht werden. Interaktiv darf sich der Besucher auch an mehreren Videospielen beteiligen. Der Spieltrieb wird nur etwas gebremst durch die häufige Meldung: "Diese Seite kann nicht angezeigt werden."

Schließlich gelangen wir zum "Mittelpunkt und Highlight" der Ausstellung: "Der Zellkern" – ein leerer Raum mit drei blauen Leinwänden. Das Filmchen, das hier gelegentlich läuft, ist zwar ganz nett, wann er zu sehen ist, erfährt der Besucher jedoch nicht.

Sicherlich ist es nicht einfach, die Komplexität der Biologie einem breiten Publikum verständlich zu vermitteln. Darunter leiden letztendlich alle Veranstaltungen des Wissenschaftssommers, die in der Metropole Berlin fast untergehen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich bei "vCell" den Fragen der Besucher stellen, geben sich sichtbar große Mühe. Hinter dem Konzept der Ausstellung steckt eine durchaus gute und interessante Idee – nur gut gemeint, ist nicht immer gut genug.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.