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Astrophysik: Wohin mit der vielen Energie?

Was einmal in ein Schwarzes Loch geraten ist, kommt so schnell nicht wieder. Aber vorher muss es die gewaltigen Energiemengen loswerden, die aus dem gravitatorischen Sog stammen. Nicht immer geschieht dies nur durch helle Strahlen von sichtbarem bis Röntgenlicht.
Schwarzes Loch
Im Prinzip sind Schwarze Löcher nur überdimensionierte Staubsauger: Sie sorgen für Ordnung im Weltall, indem sie alle Materie schlucken, die in den Sog ihrer gewaltigen Gravitationskräfte gerät. Immer schneller strudeln die Atome in so genannten Akkretionsscheiben auf ihr Verderben zu. Aber die Energie aus der Anziehungskraft eines Schwarzen Lochs ist so groß, dass sie nicht vollständig in Geschwindigkeit umgesetzt werden kann. Ein Energieproblem ganz besonderer Art tut sich hier auf: Wie wird man möglichst effektiv einen gigantischen Überschuss los?

Die Standardantwort auf diese Frage lautet: als elektromagnetische Wellen abstrahlen. Vor allem Röntgenstrahlen sind Dank ihrer großen Energiedichte sehr beliebt, und so leuchtet die Umgebung vieler Schwarzer Löcher in diesem Spektralbereich besonders hell. Allerdings gibt es auch Exemplare, die verdächtig dunkel erscheinen. Offenbar haben sie andere Wege der Entsorgung gefunden, die der Wissenschaft lange Zeit nicht bekannt waren.

Das hat sich nun geändert, denn ein Team um Elena Gallo von der Universität Amsterdam ist dem Schwarzen Loch Cygnus X-1 jetzt auf die Spur gekommen. Mit dem Westerbork Synthesis Radio Telescope beobachteten die Astronomen 60 Stunden lang den Sauger mit der zehnfachen Sonnenmasse und entdeckten dabei einen Ring heißen Gases.

Für gewöhnlich würde man diese Materie für den Überrest der Supernova halten – einer Explosion des Sterns, aus dem das Schwarze Loch entstanden ist. Doch bei genauerer Auswertung der Daten fiel auf, das Cygnus X-1 sich auf einer Bahn bewegt, die nicht durch das Zentrum des Ringes führt. Dafür befindet sich in unmittelbarer Nähe ein interstellarer Nebel, der über einen Ausläufer mit dem Ring verbunden ist. Es sieht also ganz so aus, als sei das Schwarze Loch auf seiner Wanderung mitten in die Gaswolke hineingeraten und hätte sie zu einem Ring aufgeblasen.

Aber wie pusten Schwarze Löcher? Auf diese Frage hat die Wissenschaft ebenfalls eine Antwort parat: mit schnellen Teilchenstrahlen, die Jets genannt werden. Einige der Atome geraten auf ihrem vermeintlichen Todeskurs in das Schwarze Loch auf Bahnen, die sie so stark beschleunigen, dass sie fast mit Lichtgeschwindigkeit entlang der Rotationsachse des Lochs ins Weltall geschleudert werden. Trifft das eine Ende eines solchen Jets auf einen Nebel, kommt es zu Kollisionen, und die Teilchen der Wolke werden so sehr angeregt, dass sie an den Schockfronten erstrahlen. Genau dieses Leuchten glauben die Wissenschaftler mit ihrem Radioteleskop und in einer Kontrolle mit einem optischen Fernrohr gesehen zu haben. Im Gegensatz dazu konnte das Röntgenteleskop Chandra den Ring nicht erkennen – dafür reichte die Energie der Teilchenkollisionen wohl nicht aus. Und noch etwas blieb unsichtbar: Den Jet selbst kann man nur ganz an seinem Anfang ausmachen, danach ist er im gesamten elektromagnetischen Spektrum zu schwach für unsere aktuellen Instrumente.

Nun sind Jets und glühende Gase für Astronomen nichts Neues. Die Überraschung kam erst, als die Wissenschaftler anhand ihrer Daten abschätzten, wie viel Energie der Jet vom Schwarzen Loch davonträgt. Hatte man früher gedacht, dieser Anteil sei gering im Vergleich zur Röntgenstrahlung, stellte sich nun heraus, dass beide etwa gleich groß sind.

Der Beitrag der Jets zum Energiehaushalt Schwarzer Löcher kann folglich beträchtlich sein. Letzten Endes führt die Gravitationskraft damit zur Erwärmung der umgebenden Materie, die ausreichend weit entfernt ist, um nicht selber aufgesogen zu werden.

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