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Wolkenimpfen: Die Oberfläche des Silberjodids macht den Regen

Silberjodid-Partikel sind auf die gleiche Weise symmetrisch wie Eiskristalle. Das ist aber nicht der Grund, warum es regnet oder schneit, wenn man Wolken damit besprüht.
Eine weite Landschaft mit grünen Feldern und gelben Blumen im Vordergrund. Am Horizont sind dunkle, bedrohliche Wolken zu sehen, aus denen Regen fällt. Der Himmel ist dramatisch und kontrastiert mit der ruhigen Landschaft. Ein einzelner Baum steht in der Ferne.
Fällt der Niederschlag nicht auf natürliche Weise, wie er soll, kann man nachhelfen, indem man Wolken mit Silberjodid-Partikeln besprüht.

Sprüht man mit Flugzeugen kleine Silberjodid-Partikel in Wolken, beginnt es zu regnen oder zu schneien. Auf diese Weise werden gelegentlich Hagelschäden verhindert oder Dürren abgemildert. Die Partikel wirken dabei als Keime, an denen sich Wassermoleküle anlagern. Die winzigen Schneeflocken, die dabei entstehen, beginnen dann zu wachsen. Sind sie schwer genug, fallen sie als Regen oder Schnee zu Boden. Weshalb Eis an Silberjodid aber so effizient kristallisiert, blieb lange Zeit unklar.

In der Zeitschrift »Science Advances« beschreiben Forschende der Technischen Universität Wien nun erstmals, was bei diesem Prozess auf atomarer Ebene passiert. Entgegen bisherigen Annahmen spielt die Ähnlichkeit von Schneeflocken und Silberjodid – beide haben eine sechskantige Symmetrie und ähnliche Atomabstände – nicht die entscheidende Rolle. Stattdessen liegt es am atomaren Aufbau des Kristalls. An der Oberfläche besteht er aus Silber-, im Inneren aus Jodatomen.

Bricht man einen solchen Partikel auseinander, behält die Silber-Oberfläche ihre hexagonale Anordnung – eine ideale Vorlage für die Ausbildung von Eisschichten, wie die Forschenden erklären. Die Jod-Oberfläche hingegen bildet eine rechteckige Struktur, an welche die sechstkantigen Eiskristalle nicht mehr andocken können. Somit trägt nur die silberterminierte Oberfläche zur Keimbildung bei.

Für seine Studie setzte das Forschungsteam neben Simulationen auf Experimente unter Ultrahochvakuum und Temperaturen um die 100 Kelvin, die größtenteils bei völliger Dunkelheit abliefen, denn Silberjodid ist extrem lichtempfindlich. Ulrike Diebold, Leiterin der Gruppe für Oberflächenphysik an der TU Wien, ist erstaunt darüber, dass die Nukleation von Silberjodid abseits der phänomenologischen Betrachtung bislang noch nicht besser verstanden war. Die Eiskeimbildung sei nämlich von zentraler Bedeutung für die Atmosphärenphysik. »Ein Verständnis auf atomarer Ebene ist essenziell, um herauszufinden, ob andere Materialien als effektive Keimbildner geeignet sein könnten.«

  • Quellen
Hütner, J., et al., Science Advances 10.1126/sciadv.aea2378, 2025

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