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News: Zähne nagen am Stammbaum der Affen

Fossile Zähne aus Kenia und der Türkei haben Wissenschaftler den Stammbaum der Affen umschreiben lassen. Zwei Arten, die bisher als eng verwandt angesehen wurden, gehören nun doch nicht in dieselbe Gattung. Forscher hatten das schon länger vermutet, doch erst jetzt rechtfertigten die Zähne eines fossilen Affenkiefers aus der Türkei die Abspaltung einer afrikanischen Affenart.
Bereits 1993 wurden im Baringo Basin im nördlichen Teil von Zentralkenia an einem Abhang der Tugen Hills Kieferknochen mit Zähnen und Knochenstücke aus dem Rückgrat, dem Brustkorb, den Armen, Handgelenken und Händen entdeckt. Es ist eines der vollständigsten Skelette aus einer sehr wichtigen Zeit in der Evolution der Affen. Denn vor etwa 11 bis 16 Millionen Jahren entwickelten sich aus den Brüllaffen-ähnlichen Tieren die Vorfahren der heutigen großen Menschenaffen – Schimpansen, Bonobos, Gorillas und Orang-Utans.

Wie das Forscherteam unter der Leitung von Steve Ward vom Northeastern Ohio Universities College of Medicine in Science vom 27. August 1999 berichtet, gehört das in Kenia gefundene Skelett nun doch nicht – wie zuerst angenommen – in die Gattung Kenyapithecus. Diese etwa 15 Millionen Jahre alten Primaten wurden von Louis Leakey im Jahre 1961 entdeckt. Leakey unterschied zwei Arten – Kenyapithecus wickeri und Kenyapithecus africanus. Wegen der modern aussehenden Zähne hielt er Kenyapithecus für "einen sehr frühen Vorfahren des Menschen". Inzwischen stellen Paläontologen Kenyapithecus im Stammbaum jedoch weiter nach unten. Sie nehmen an, daß ein späterer europäischer Affe, der sich aus Kenyapithecus entwickelte, der gemeinsame Vorfahre der modernen großen Menschenaffen und Menschen gewesen sein könnte.

Das Fossilienfunde geben womöglich beiden recht. Die Wissenschaftler ordneten sie Kenyapithecus africanus zu, der ursprünglicheren Art in dieser Gattung. Die Zahnstrukturen des Fossils aus Kenia und eines noch nicht beschriebenen Affen aus der Türkei überzeugten das Team jedoch davon, daß Kenyapithecus africanus und Kenyapithecus wickeri gar nicht so eng verwandt sind wie bisher angenommen. Sie waren sogar so unterschiedlich, daß die Forscher für Kenyapithecus africanus die neue Gattung Equatorius einführten. Equatorius ist wahrscheinlich der früheste bekannte Affe, der vor 15 Millionen Jahren gelegentlich die Baumwipfel verließ und sich auch am Boden aufhielt. In dieser Zeit wurden auch die dichten afrikanischen Regenwälder zunehmend lichter, und ein offenes Grasland mit Waldinseln entstand.

Ward beschreibt Equatorius africanus als "ein Tier von der Größe ungefähr eines großen, ausgewachsenen Pavians mit etwa gleich langen Armen und Beinen, einer langen, flexiblen Wirbelsäule und starken Greifhänden und -füßen." Die bekannten Überreste von Kenyapithecus wickeri weisen dagegen interessante Ähnlichkeiten mit modernen Affen auf. Welche Position Equatorius africanus nun im Stammbaum der Affen bekommen wird, ist bis jetzt noch unklar. Unter anderem müssen auch noch die Ergebnisse der Untersuchung an dem Fund aus Palasar in der Türkei abgewartet werden.

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