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News: Zeigte der Mond der Erde einst ein anderes Gesicht?

Der Erdmond aus Sicht der Raumsonde Galileo
Seit mehreren Milliarden Jahren weist der Erdmond dem Blauen Planeten immer die gleiche Seite zu. Er rotiert genauso schnell, wie er für einen Umlauf um die Erde benötigt. Dies wird als "gebundene Rotation" bezeichnet und bei allen großen Planetenmonden im Sonnensystem beobachtet. Schuld daran ist die Schwerkraft der wesentlich massereicheren Mutterplaneten, die durch Gezeitenreibung die Eigenrotationen ihrer Begleiter immer weiter abbremsen, bis sie schließlich gebunden rotieren. Aber war dies beim Erdmond immer so?
Der Erdmond aus Sicht der Raumsonde Galileo | Vertraut, aber doch verschieden: Beim genaueren Hinsehen können Sie direkt am linken Mondrand das Mare Orientale erkennen, ein Anblick, der von der Erde aus nicht möglich ist. Das Bild nahm die Raumsonde Galileo bei einem Erdvorbeiflug auf. Der große schwarze Fleck in der Bildmitte ist der Oceanus Procellarum, am rechten Rand oben ist das fast kreisrunde Mare Imbrium zu sehen.


Nein, meinen die beiden Planetenforscher Mark A. Wieczorek und Mathieu Le Feuvre vom Institut de Physique du Globe in Paris. Möglicherweise sorgten in der Frühzeit des Mondes vor rund vier Milliarden Jahren große Einschläge auf dem Mond dafür, dass sich der Erdtrabant in Hinsicht zur Erde drehte.

Die beiden Forscher untersuchten für ihre Arbeit die Kraterhäufigkeit und Verteilung auf dem Mond. Dabei gingen sie von der Voraussetzung aus, dass, wenn der Mond schon immer wie jetzt zur Erde orientiert war, die in Richtung seiner Umlaufbewegung weisende Hemisphäre, die Bugseite, mehr Krater aufweisen müsste als die Heckseite.

Die Bugseite ist die westliche Hemisphäre des Erdtrabanten, die auf die Länge 90 Grad West zentriert ist. Bei der Analyse der Kraterverteilung auf der gesamten Mondoberfläche stellten die Forscher fest, dass sich die meisten älteren Einschlagkrater bevorzugt auf der Osthemisphäre des Mondes befinden. Dagegen finden sich die größten und jüngsten Einschlagbecken auf der westlichen Hemisphäre des Erdtrabanten.

Daher vermuten die Forscher, dass in der Frühzeit des Mondes ein oder mehrere heftige Einschläge den Mond in Rotation versetzten und dass er in Folge für einige Zeit mit seiner jetzigen Rückseite zur Erde wies.

Dabei sammelte er mit der heutigen Osthemisphäre viele Einschläge auf, denn zur damaligen Zeit waren Kollisionen mit Asteroiden sehr viel häufiger als in der Neuzeit. Vor rund vier Milliarden Jahren durchstreiften noch Tausende Objekte das Sonnensystem, die bei der Bildung der Planeten rund 500 Millionen Jahre zuvor übriggeblieben waren. Sie wurden nach und nach durch die Schwerkraft der großen Planeten aufgesammelt und schlugen dabei mit großer Wucht auf.

Die Forscher vermuten, dass ein schräger Einschlag eines größeren Asteroiden genügend Drehimpuls auf den Mond übertragen kann, so dass er aus seiner Ruhelage gedreht wird und in Bezug auf die Erde langsam zu rotieren beginnt. Ein möglicher Verursacher dieser Rotation war der Einschlag, der vor langer Zeit das Mare Smythii erzeugte, das heute am äußersten östlichen Rand der sichtbaren Mondseite liegt.
Der Erdmond mit einem Teil der östlichen Rückseite | Nur von einem Raumschiff aus ist ein derartiger Blick auf unseren Mond möglich, denn hier ist ein größerer Teil der Mondrückseite sichtbar. Knapp oberhalb der Bildmitte finden Sie das Mare Crisium, das rechte Auge des Mondgesichts. Die beiden dunklen Flecken rechts von ihm sind die Mondmeere Mare Marginis (oben) und Mare Smythii (unten). Das Bild wurde während einer Apollo-Mondlandemission aufgenommen.


Die großen Einschlagbecken oder "Maria", die heute durch spätere Auffüllungen mit Basaltlava dunkel erscheinen, entstanden demnach erst, nachdem sich der Mond wieder in der jetzigen Orientierung befand. Die meisten von ihnen liegen auf der westlichen Hemisphäre des Mondes.

Am auffälligsten sind das schon mit dem bloßen Auge leicht erkennbare fast kreisrunde Mare Imbrium oder "Regenmeer" (das linke Auge des Mondgesichts) und der unmittelbar westlich daran anschließende riesige "Oceanus Procellarum" (Ozean der Stürme). Ihre Namensgebung stammt noch aus der Zeit, als man vor der Erfindung des Fernrohrs annahm, die dunklen Flecken auf dem Mond seien Meere aus Wasser.

Tilmann Althaus

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