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Prokrastination: Zeitmanagement in den Chefetagen

Russische Psychologinnen haben untersucht, wie Führungskräfte mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft umgehen.
Zettel mit der Notiz »heute« und nicht »morgen«

Das Leben eines Managers ist ganz und gar nicht einfach: Oft arbeitet er unter Druck, springt zwischen mehreren Aufgaben hin und her und muss seine Prioritäten oft verschieben. Warum aber gelingt das manchen besser als anderen? Diese Frage stellten sich die russischen Psychologinnen Anastasia Chevrenidi und Alla Bolotova. Sie baten 120 Managerinnen und Manager der mittleren und oberen Führungsebene, umfangreiche Fragebogen zum Umgang mit der Zeit zu beantworten. Darin ging es unter anderem um die Neigung zum Aufschieben von Aufgaben (»Prokrastination«) und um die eigene Lebenszeit, darunter Sinnerleben, Genuss und Leben im Moment, Rückblicke in die Vergangenheit, Fatalismus sowie Ziele und Pläne für die Zukunft.

Laut eigener Auskunft prokrastinierten die Manager auf den höchsten Posten am wenigsten. Sie haderten außerdem seltener mit vergangenen Fehlern und Rückschlägen, äußerten sich weniger fatalistisch, hatten künftige Ziele stärker im Blick, sahen häufiger einen höheren Sinn in ihrem Leben, und sie meinten eher, ihr Leben unter Kontrolle sowie gute Gründe für ihr Handeln zu haben. All das, so die Autorinnen, trage dazu bei, unangenehme Aufgaben nicht auf die lange Bank zu schieben.

Hingegen konzentrierten sich Führungskräfte der mittleren Ebene stärker auf die Freuden der Gegenwart, beispielsweise stimmten sie Aussagen wie der folgenden zu: »Ich verliere häufig das Zeitgefühl, wenn ich meine Lieblingsmusik höre.« Die obere Etage neigte eher dazu, das Leben im Augenblick zu vernachlässigen, konzentrierte sich vielmehr auf künftige Ziele und bemühte sich, große Projekte zu realisieren. Das vermehrte Prokrastinieren im mittleren Management erklären die Psychologinnen vor allem mit der geringeren Zukunftsorientierung, dem ausgeprägteren Fatalismus sowie dem stärkeren Fokus auf vergangene Misserfolge.

Die geschilderte Studie erschien im »Journal of the Higher School of Economics«, der Zeitschrift der Hochschule für Ökonomie in Moskau. Der Originalartikel »La recette du bon manager« stammt vom französischen Wissenschaftsportal »Pour la science«.

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