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News: Zellen auf der Wanderschaft

Eine Gruppe von Frankfurter Wissenschaftlern führt Untersuchungen durch, um die molekularen Mechanismen der bei Frauen häufigen Erkrankung an Endometriose aufzuklären. Sie hoffen, so den Weg zu einer gezielten Therapie zu ebnen.
Obwohl bei Patientinnen wenig bekannt und von Gynäkologen manchmal stiefväterlich behandelt, ist die Endometriose doch die zweithäufigste Frauenkrankheit. Bei dieser Erkrankung wuchert versprengte Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) an ganz unterschiedlichen Stellen im Organismus. Befallen sind häufig Eierstöcke, Bauchfell, Darm, Blase, Bauchspeicheldrüse – und sogar die Lunge. Die Herde, die durch die Hormone des weiblichen Zyklus beeinflußt werden, bluten während der Menstruation und verursachen so erhebliche Schmerzen. Verwachsungen im Bereich der Eierstöcke und Eileiter führen oft zur mechanischen Sterilität der betroffenen Frauen. Offenbar werden bei der Endometriose auch Botenstoffe freigesetzt, die auch dann die Fruchtbarkeit beeinträchtigen, wenn keine Verwachsungen vorhanden sind. Die Palette der bisher nur begrenzt wirksamen therapeutischen Maßnahmen reicht von der Verabreichung einfacher Schmerzmittel über die hormonelle Unterdrückung der Menstruation bis zu ausgedehnten operativen Eingriffen, bei denen gelegentlich auch die Gebärmutter mit den Eierstöcken entfernt wird.

Da Ursache und Entstehung dieser Erkrankung bisher nicht geklärt sind, ist auch keine kausale Therapie möglich. Seit vier Jahren suchen die Professorin Dr. Anna Starzinski-Powitz, Molekularbiologin am Fachbereich Biologie, und der Privatdozent Dr. Rudolf Baumann, Gynäkologe am Zentrum für Frauenheilkunde und Geburtshilfe des Klinikums der Universität Frankfurt, gemeinsam nach Beweisen, daß es sich bei der Endometriose um eine invasive Erkrankung handelt: Nach dieser Theorie wandern Endometrium-Zellen in andere Organe ein und bilden dort wiederum neue Herde. Mit Zellen aus Endometriose-Biopsien haben die Frankfurter ein Zellkulturmodell entwickelt, mit dessen Hilfe sie nachweisen konnten, daß diese Zellen – obwohl nicht bösartig – ähnlich invasive Eigenschaften wie Karzinomzellen haben. Es zeigte sich, daß Zellen aus Endometriose-Biopsien einen mittleren Invasionsindex aufwiesen, der dem der Zellinie aus einem metastasierenden menschlichen Blasenkarzinom vergleichbar ist.

Weitere Untersuchungen des Frankfurter Teams ergaben, daß nur ein bestimmter Zelltyp, die epithelialen Endometriose-Zellen, in das Collagengel einwandert. Diesen Zellen fehlt – so wies die Gruppe von Anna Starzinski-Powitz nach – ein besonderes Zelloberflächenprotein, das E-Cadherin. Es ist bekannt, daß sein Fehlen oder seine Inaktivierung eine Voraussetzung zur Metastasierung von Karzinomzellen ist. Zur Zeit forscht das Team nach den molekularen Grundlagen dieser Invasivität.

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