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News: Zellulärer Postbote

Proteine sind die wesentlichen Grundbausteine aller Zellen und übernehmen lebenswichtige Aufgaben im Körper. Sie können ihre Funktionen jedoch nur dann fehlerfrei ausüben, wenn sie den richtigen Ort in der Zelle eingenommen haben. An diesem Transportmechanismus ist ein Protein-RNA-Komplex beteiligt, dessen atomarer Aufbau Wissenschaftler nun teilweise analysiert haben.
Ohne Proteine wäre kein Leben möglich, da sie viele biologische Prozesse im Körper steuern. So regeln sie als Enzyme und Hormone den gesamten Stoffwechsel oder ermöglichen als kontraktile Elemente Bewegungsvorgänge. Auch an Abwehrreaktionen des Immunsystems und am Stofftransport im Blut sind Proteine beteiligt.

Um diese Körperfunktionen aufrechtzuerhalten, müssen die Zellen ständig neue Proteine bilden. Die Proteine werden zunächst an den Ribosomen synthetisiert und müssen anschließend zu ihrem eigentlichen Wirkungsort transportiert werden. Denn die korrekte Lokalisation der Proteine in der Zelle ist die Voraussetzung für ihre biologische Funktion. Doch wie finden die neu synthetisierten Proteine den richtigen Weg? Woher wissen, sie ob sie im Cytoplasma bleiben, in andere Zellorganellen oder aus der Zelle ausgeschleust werden müssen?

Ein Teil dieser Frage konnte Günter Blobel mit einer Entdeckung beantworten, die 1999 mit einem Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Er fand Signalsequenzen am Ende der Proteine, die deren Transport als eine Art "Adressaufkleber" dirigieren. Der "Postbote", der die Adresse abliest und das Protein an seinen Platz weist, ist heute auch bekannt. Es handelt sich dabei um ein Signalerkennungsprotein (signal recognition particle) – das SRP –, das sich im Cytosol der Zelle befindet. Sobald das neu synthetisierte Protein das Ribosom verlässt, bindet SRP an dessen Signalsequenz und bestimmt seine Zielsteuerung in und durch Zellmembranen. Beim SRP handelt es sich um einen Protein-RNA-Komplex, der beim Menschen aus einer Ribonucleinsäure und sechs Proteinen aufgebaut ist. Für das Verständnis seiner Funktionsweise müssen die Wissenschaftler jedoch seine atomaren Strukturen kennen.

Deshalb untersuchten Klemens Wild und Irmgard Sinning von der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg zusammen mit Stephen Cusack vom European Molecular Biology Laboratory in Grenoble mittels Röntgenstrukturanalyse einen wichtigen Protein-RNA-Teilkomplex, welcher für die innere Organisation des humanen SRP verantwortlich ist.

Mit einer Auflösung von 0,18 Nanometer konnten die Wissenschaftler Informationen über den atomaren Aufbau des Komplexes SRP19 sowie seiner Bindung an die Ribonucleinsäure gewinnen. Die Forscher identifizierten dabei neue Faltungsmuster – eine spezielle RNA-Haarnadelschleife – und erkannten, dass die Proteine nicht direkt, sondern über strukturierte Wassermoleküle an die Ribonucleinsäure binden.

Zusammen mit bereits bekannten Kristallstrukturen des Signalerkennungsproteins können die Wissenschaftler nun ein Teilmodell des SRP erstellen. Sie hoffen bald weitere Strukturen von SRP analysieren und zusammensetzen zu können und damit die komplexe Organisation des gesamten Partikels verstehen zu können.

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