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News: Zerstörerisches Team

Nach wie vor gelten sowohl die Alzheimer- als auch die Parkinson-Krankheit als unheilbar, obwohl die auslösenden Faktoren, darunter charakteristische Ablagerungen bestimmter Eiweißstoffe im Gehirn, bereits seit längerer Zeit bekannt sind. Doch noch immer rätseln Wissenschaftler, wie diese Moleküle ihr zerstörerisches Werk vollbringen. Offenbar arbeiten zwei der verantwortlichen Proteine sogar Hand in Hand zusammen und verschlimmern infolge der Teamarbeit die Symptome der jeweils anderen Krankheit.
Es ist ein schleichendes, aber unaufhaltsames Vergessen, das die an der Alzheimer-Krankheit leidenden Menschen heimsucht: Die anfänglich leichten Orientierungsprobleme und Konzentrationsschwierigkeiten münden letztendlich in einem nahezu vollständigen Verlust des eigenen Ichs und führen unwiderruflich zum Tod des Betroffenen. Auch die Parkinson-Krankheit (Schüttellähmung) reiht sich in die Gruppe der altersbedingten, so genannten neurodegenerativen Erkrankungen ein. Dieses Leiden äußert sich insbesondere in charakteristischen Störungen des Bewegungsapparates sowie Muskelsteifheit und Zittern der Extremitäten in Ruhe.

Die beiden noch immer unheilbaren Hirnerkrankungen weisen zwar ein unterschiedliches Krankheitsbild auf, doch können ihre jeweiligen Symptome durchaus miteinander kombiniert bei ein und derselben Person auftreten. So entwickeln bis zu einem Drittel der Alzheimer-Patienten Anzeichen der Parkinson-Krankheit, und umgekehrt zeigen auch einige von Schüttellähmung betroffene Menschen typische Merkmale der Alzheimer-Erkrankung.

Dahinter steckt offenbar kein Zufall, wie Eliezer Masliah und seine Kollegen von der University of California in San Diego und San Francisco sowie dem Gladstone Institute of Neurological Diseases herausfanden. Um das Phänomen näher zu ergründen, hatten sie mehrere Stämme gentechnisch veränderter Mäuse kreiert, deren Erbgut zusätzlich die Bauanleitung für ein beziehungsweise zwei menschliche Proteine beinhaltete. Gemäß ihrer genetischen Ausstattung produzierten die Versuchstiere nun das menschliche Amyloid-Vorläufer-Protein hAPP sowie das menschliche alpha-Synuclein hSYN – zwei Substanzen, die sich in Alzheimer- beziehungsweise Parkinson-Patienten anhäufen und somit im Verdacht stehen, diese Erkrankungen mit hervorzurufen.

Erwartungsgemäß entwickelten jene Nager, die vermehrt das Protein hAPP herstellten, Anzeichen der Alzheimer-Krankeit, während ihre Artgenossen mit dem Bauplan für hSYN hingegen Symptome der Schüttellähmung zeigten. Trugen die Tiere jedoch die Erbinformationen für beide Substanzen in sich, so verschlimmerten sich bei ihnen – verglichen mit den Kontrolltieren – die Merkmale der Alzheimer-Krankheit beim gleichzeitigen Vorhandensein von hSYN. Und auch die Parkinson-ähnlichen Bewegungsstörungen setzten bei den Tieren früher ein, wenn sie zusätzlich hAPP produzierten.

Offensichtlich wechselwirken die beiden Proteine, indem sie die Symptome der jeweils anderen Krankheit beschleunigen oder verstärken. Noch ist unklar, auf welche Weise diese zerstörerische Teamarbeit funktioniert, doch eventuell entdeckten die Wissenschaftler bereits einen ersten Hinweis auf den zugrundeliegenden Mechanismus. Wie sie herausfanden, lagert sich in Gegenwart von beta-Amyloid, das beim Abbau des Amyloid-Vorläufer-Proteins anfällt, verstärkt hSYN in Gehirnzellen ab.

Die Ergebnisse dieser Studie liefern jedoch nicht nur eine Erklärung für das Phänomen des gleichzeitigen Auftretens der Alzheimer- und Parkinson-Krankheit bei einigen Patienten. Basierend auf den neuen Erkenntnissen ließen sich darüber hinaus vielleicht neue Medikamente entwickeln, welche die Produktion oder die Anhäufung von hAPP und hSYN unterbinden. Und wie die Forscher spekulieren, könnten derartige Arzneien weitreichendere Anwendungsmöglichkeiten im Bereich neurodegenerativer Krankheiten eröffnen als ursprünglich angenommen.

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