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News: Zittern ohne Beben

Winzige Schwingungen, die nicht durch Erdbeben ausgelöst werden, durchlaufen in kleinen Wellen die Erde. Dies ist das Ergebnis einer neuen Analyse von Schwerkraftdaten. Die Schwingungen wirken, als ob der Planet alle paar Minuten wie eine Glocke läutet. Sie deuten auf eine subtile, bisher unbekannte Interaktion zwischen der Erde und ihrer Atmosphäre hin.
Zum ersten Mal registrierten Seismologen eine globale Schwingung direkt nach einem der größten Erdbeben dieses Jahrhunderts in Chile im Jahre 1960. Dieses Ereignis löste seismische Wellen aus, die ungefähr im Stundenrhythmus durch den Planeten hallten. Seither haben Forscher ähnliche Schwingungen auch nach kleineren Erdbeben entdeckt. Sie spekulieren außerdem, daß der Planet aufgrund anderer Ereignisse, wie zum Beispiel atmosphärischer Stürme, zyklischer Wasserbewegungen im Ozean oder Verformungen innerhalb des flüssigen äußeren Kerns, ebenfalls, wenn auch sanfter, erbeben könnte. Bis vor kurzem fehlte den Analysetechniken allerdings die nötige Präzision, um derartige Signale eindeutig von Meßrauschen zu unterscheiden.

Der Seismologe Naoki Suda von der Nagoya University in Japan und seine Mitarbeiter untersuchten Daten eines internationalen Netzwerks von Gravimetern, die winzige Veränderungen in der Beschleunigung messen. Um wiederkehrende Mustern entdecken zu können, analysierten sie die Daten aus 10 Jahren. Bei der Auswertung kamen Schwingungen hervor, die den gesamten Planeten alle drei bis acht Minuten in kleinen Wellen durchziehen. Die Höhe dieser Pulsationen an der Oberfläche sind außergewöhnlich gering: ungefähr 10 nm, das entspricht der Wellenlänge von Röntgenlicht. Nach Sudas Meinung scheint das Schwingungsmuster auszuschließen, daß bekannte Erdbeben die Ursache hierfür sind. Er fügt hinzu, daß die Signale überwiegend mit zufälligen atmosphärischen Störungen, wie großen Sturmsystemen, zusammenfallen (Science vom 27. März 1998).

Suda und seine Kollegen "taten alles Erdenkliche", um Verfälschungen der Daten durch Erdbeben auszuschließen, sagt der Seismologe Hiroo Kanamori vom California Institute of Technology in Pasadena. "Es besteht jedoch immer noch die Möglichkeit, daß sie [die Schwingung] durch restliche Erdbebenenergie verursacht wird", meint er, wie etwa sehr langsame Bewegungen unter dem Meeresboden, die die Seismographen nicht registrieren. Wenn Störungen in der Atmosphäre die Ursachen sind, sagt Kanamori, dann könnten sie sehr wohl eine gewisse Energie durch die Ozeane auf die Kruste und darunter liegende Bereiche übertragen. Geophysiker könnten neue Einsichten über die inneren Mechanismen unseres Planeten gewinnen, indem sie zwischen verschiedenen Quellen unterscheiden, fügt Kanamori hinzu – aber das wird schwierig sein, weil die Pulsationen so gering sind.

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