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News: Zu warmer Süden

In den letzten Jahrzehnten ist die Durchschnittstemperatur in der Antarktis um 2,5 Grad Celsius gestiegen, ohne daß die Wissenschaftler diesen regional begrenzten Effekt ausreichend erklären könnten. Die Folgen der Erwärmung sind besonders drastisch an den Eisschelfen zu beobachten, jenen großen Eisplatten, die das Festland des Kontinents umgeben. Anfang des Jahres ist ein 200 Quadratkilometer großes Stück des Larsen B-Schelfs abgebrochen, und die Forscher erwarten dessen völliges Verschwinden innerhalb der nächsten Jahre.
Neue Satellitenbilder, die das National Snow and Ice Data Center der University of Colorado in Boulder veröffentlicht hat, belegen die Entwicklung. Nach Angabe von Ted Scambos ist der abgebrochene Teil des Eisschelfs ungefähr 40 km lang und fünf km breit. Der Forscher arbeitet am Cooperative Institute for Research in Environmental Sciences, einem gemeinsamen Institut der Universität und der National Oceanic and Atmospheric Administration.

Die Wissenschaftler entdeckten das Ereignis schon nach wenigen Tagen auf Bildern eines Satelliten, der die Pole überfliegt. Eine erste Aufnahme vom 15. Februar 1998 (183 kB) zeigt Schmelzwassertümpel, die für diese Jahreszeit typisch sind. Die Eisgrenze entspricht dem normalen Anblick, wie er sich seit Anfang 1995 bietet. Damals brach ein großer Eisberg vom Schelf ab, und das Larsen A-Schelf, das bis dahin vor nördlich von Robertson Island zu finden war, verschwand in einem Sturm.

Am 26. Februar war das Meer vor dem Larsen B-Eisschelf frei von Eis, so daß es den Bewegungen des Ozeans schutzlos ausgesetzt war. Direkt vor dem Schelf befanden sich aber einige Eisberge von einem bis fünf Kilometern Größe, die möglicherweise davon abgebrochen waren.

Ein Bild vom 23. März (148 kB) offenbart schließlich eine neue Bucht im Schelf, die fünf Kilometer breit und 40 Kilometer lang ist.

Die Satellitenbilder scheinen frühere Studien der British Antarctic Survey zu bestätigen, nach denen das 12 000 Quadratkilometer große Eisschelf seine Stabilitätsgrenze beinahe erreicht hat. Die Forscher glauben, daß es sich bereits zu weit zurückgezogen hat, um noch weiter in der Nachbarschaft der felsigen Halbinseln und Inseln bestehen zu können. Stimmen ihre Vorstellungen, dann wird das Eisschelf Anfang nächsten Jahres rasch weiter zerfallen. Allerdings wird kein weiterer Rückgang erwartet, bis Ende Dezember der Sommer in der Antarktis wieder anfängt. "Dies könnte der Anfang vom Ende für das Larsen-Eisschelf sein", sagte Scambos.

Die Eisschelfe der antarktischen Halbinsel befinden sich in den letzten Jahrzehnten auf einem raschen Rückzug, offensichtlich als Reaktion auf eine regionale Klimaerwärmung um 2,5 Grad Celsius, die seit den vierziger Jahren anhält. Obwohl die Erwärmungsrate mehrfach höher ist als der globale Durchschnitt, ist die genaue Ursache dafür nicht bekannt. "Der Erwärmungstrend scheint mit einer Reduzierung des Meereseises zusammenzuhängen", glaubt Scambos. "Die Frage lautet nun, wodurch wird diese Reduzierung verursacht. Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir nicht genügend Beweise, um den wahren Schuldigen zu finden."

Seiner Meinung nach drohen ungefähr zwei Drittel des Larsen B-Schelfs nun wegzubrechen, sagte er. Das andere Drittel schmiegt sich so in Buchten ein, daß es gegen ein Wegbrechen geschützt ist. "Dies ist das bisher größte bedrohte Eisschelf", sagte er. "Die gesamte Größe des Larsen B-Eisschelfs beträgt mehr als alle früheren Eismassen zusammen, die von Eisschelfen in der Antarktis in den letzten beiden Jahrzehnten verloren gingen."

"Eisschelfe scheinen gute Marker für Klimaveränderungen zu sein, da sie innerhalb von Jahrzehnten auf Veränderungen reagieren, statt in Jahren oder Jahrhunderten, die für andere Klimasysteme typisch sind", sagte Scambos. Während die jährlichen Änderungen aufgrund ihrer großen Schwankungen für Klimabeobachtungen nicht brauchbar sind, ist es schwer, genug Datenmaterial über längere Zeiträume zu bekommen. Da bilden die Eisschelfe gute Indikatoren, die drastische Signale geben.

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