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Kindesmisshandlung: Züchtigung bewirkt das Gegenteil

Wer Kinder schlägt, um sie vermeintlich zu erziehen, bewirkt das Gegenteil: Eigentlich unerwünschtes Verhalten nimmt sogar noch zu.
Ein Kind wird misshandelt (gestelltes Bild)

"Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig." So steht es in Paragraf 1631 des BGB. Kurz: Züchtigung von Kindern ist in Deutschland verboten – und das ist auch gut so. Denn sie steht nicht nur im Widerspruch zum Kindeswohl, sondern führt auf Dauer auch zum Gegenteil des Erwünschten, wie eine Studie von Elizabeth Gershoff von der University of Texas in Austin und ihrem Team in "Psychological Science" aufzeigt. Die Psychologen haben dazu die Daten von mehr als 12 000 Kindern ausgewertet, die an einer US-amerikanischen Langzeitstudie teilgenommen hatten und unter anderem im Alter von fünf und acht Jahren untersucht wurden. Ein Teil dieser Kinder wurde von seinen Eltern auch handgreiflich "erzogen", andere erfuhren hingegen keine Gewalt.

Als sie die Daten auswerteten, standen Gershoff und Co jedoch vor einem Problem, wie die Autorin erklärt: "Ob Eltern ihre Kinder züchtigen, kann von ihrer Bildung oder ihrem kulturellen Hintergrund abhängen. Schwieriges Verhalten ihres Nachwuchses spielt ebenfalls eine starke Rolle. Die gleichen Faktoren, die zu den Körperstrafen führen, beeinflussen aber auch das Verhalten an sich. Das erschwert die Zuordnung, ob tatsächlich erst die Prügel die Verhaltensprobleme auslösen." Um dies zu umgehen, setzten die Forscher auf ein spezielles statistisches Verfahren (das Propensity Score Matching), um möglichst nahe an ein tatsächliches Experiment zu kommen. Für die Analyse spielten dabei 38 weitere Variablen eine Rolle wie Häufigkeit der Züchtigung, das Geschlecht, Bildung und Alter der Eltern oder das Haushaltseinkommen.

Tatsächlich war es wahrscheinlicher, dass ein Kind im Alter zwischen sechs und acht Jahren Verhaltensprobleme aufwies, wenn es bis zum fünften Lebensjahr geschlagen wurde oder anderweitig mit Gewalt gefügig gemacht werden sollte. Ohrfeigen trugen also nicht dazu bei, dass sich der Nachwuchs "besserte". Dieser Zusammenhang galt auch, wenn die anderen Faktoren berücksichtigt wurden. Damit sei zwar noch immer nicht der endgültige Beweis erbracht, dass Züchtigung schädlich sei, so die Wissenschaftler. Man könne aber mit Fug und Recht sagen, dass sie definitiv nicht nütze. Und die Studie ist auch nicht die erste, die zu einem negativen Schluss kommt. 2016 etwa zeigte ebenfalls Elizabeth Gershoff mit einer Metaanalyse an 160 000 Kindern, dass Züchtigung eben nicht dafür sorgt, dass der Nachwuchs kurz- oder gar langfristig besser folgt.

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