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News: Zum Kuckuck

Jeder kennt den volkstümlichen Frühlingsboten, weil das Männchen mit seinem Balzruf den eigenen Namen preisgibt. Seinen Nachwuchs drängt der faule Kuckuck Pflegeeltern auf, denen er sein sprichwörtliches Ei ins Nest legt. Forscher haben nun das Rätsel gelüftet, warum die getäuschten Vogelarten häufig die fremden Eier akzeptieren: Im ultravioletten Spektrum, welches die Vögel wahrnehmen, gleichen sich Kuckucks- und Wirtsvogelei wie ein Ei dem anderen.
Frau Kuckuck schmuggelt ihr Ei mit raffinierter Strategie in das Wirtsnest: Zunächst spürt sie das Gelege der auserkorenen Singvogeleltern auf und beobachtet die Altvögel. In einem unbewachten Augenblick vollbringt sie dann ihr Werk. Oft fallen die arglosen Geschöpfe auf die List herein und brüten den Fremdling mit ihrem eigenen Nachwuchs aus. Dann erst fängt das eigentliche Drama an: In dem jungen Kuckuck, der sich meist früher als seine Stiefgeschwister aus dem Ei pellt, erwacht bereits kurz nach dem Schlüpfen ein "Rauswurf-Reflex". Unerbittlich wuchtet er Eier und Jungtiere seiner Pfegeeltern über Bord, um allein die Fürsorge der Alttiere auszukosten. Diese sehen dem Treiben des Eindringlings sprach- und tatenlos zu. Als nunmehr einziger Nestinsasse bekommt der fremde Zögling die Nahrung, die zur Aufzucht der ganzen rechtmäßigen Kinderschar gereicht hätte.

Nur manchmal macht das Kuckucksweibchen ihre Rechnung ohne den Wirt: Obwohl das Kuckucksei den Wirtsvogeleiern in Färbung und Zeichnung oft täuschend ähnlich sieht, lassen sich nicht alle auserwählten Singvögel so leicht austricksen wie beispielsweise die Bachstelze oder das Rotkehlchen. Wenn der Schwindel der Brutschmarotzerin auffliegt, verlassen manche Arten demonstrativ ihr Nest, andere entsorgen das faule Ei, wieder andere überbauen ihr eigenes Gelege inklusive Kuckucksei mit neuem Nistmaterial und legen anschließend abermals. Doch warum fallen immer noch viele Singvogelarten auf den Betrug herein? Eigentlich sollten sie im Laufe der Evolution ihre Fähigkeit verbessert haben, ein offensichtlich untergeschobenes Ei zu identifizieren.

Michael Cherry von der University of Stellenbosch in Südafrika und Andrew Bennett von der University of Bristol in England versuchten nun, dieses harte Ei des Kuckucks zu knacken. Ihr Studienobjekt war Cuculus solitarius, eine Kuckucksart Afrikas, die in den Nestern des Kap-Rotkehlchens und 21 weiteren Vogelarten parasitiert. Die Forscher nahmen Eier dieses Kuckucks und seiner Wirte aus Museumssammlungen und baten 15 Menschen, auf einer Skala von eins bis fünf zu bewerten, wie ähnlich sich diese Eier sehen. Anschließend analysierten sie jene Eier mit Hilfe eines Reflexionsspektrometers. Dieses Gerät misst Eigenschaften wie Helligkeit, Farbschattierung und Sättigung im sichtbaren und ultravioletten Licht. Und siehe da: Es enthüllte zwischen den Eiern von Kuckuck und Wirt insbesondere im ultravioletten Bereich eine sehr große Ähnlichkeit, die dem menschlichen Auge verborgen bleibt. Die Vögel werden irregeführt, da sie im Gegensatz zum Menschen das ganze Spektrum wahrnehmen.

Dieses Ergebnis hebt die Raffiniertheit und Komplexität in der Evolution der Wirts-Kuckucksei-Nachahmung hervor. Gleichzeitig erklärt es das Paradox, warum einige Wirtseltern ein Kuckucksei akzeptieren, obwohl es uns nur als schlechtes Imitat erscheint. Die Studie betont ebenfalls nachdrücklich, wie wichtig es ist, die Welt aus der Sicht der Vögel zu betrachten, wenn Forscher deren Verhalten studieren.

Während Wissenschaftler weiterhin zu erforschen versuchen, warum der Kuckuck eine so seltsame, im Tierreich äußerst seltene Fortpflanzungsstrategie hat, setzt dieser nach wie vor munter seinen guten Ruf aufs Spiel – und zwar überaus erfolgreich.

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  • Quellen
ScienceNow
Proceedings of the Royal Society 268 (1467): 565–571 (2001)

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