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News: Zwei-Wege-Wirkung

Strahlung zerstört die wuchernde Krebszellen durch Schädigung der Erbsubstanz – dachte man. Das ist auch richtig; doch die Strahlen gehen dem Tumor noch auf andere Weise ans Leben: Sie kappen ihm die Versorgung.
Tumorzellen brauchen genau wie normale Körperzellen Sauerstoff und Nährstoffe zum Überleben und vor allem zur Vermehrung – was Krebszellen ungehemmt tun. Anfangs reicht ihnen der Sauerstoff aus, den sie dem umliegenden Gewebe entziehen können. Doch sobald die wuchernde Zellansammlung größer wird, muss sie ihre Versorgung selbst in die Hand nehmen. Dazu nutzt sie den Organismus aus: Sie lockt so genannte Endothelzellen, welche die Innenwände von Adern auskleiden, an. Diese bilden dann im wachsenden Tumor neue Blutgefäße.

Genau an diesem Prozess versuchen Mediziner anzusetzen, um den Krebs zu bekämpfen: Ihm soll schlichtweg der Nährstoff- und Sauerstoffhahn abgedreht werden, indem man diese Neubildung von Blutgefäßen – die Angiogenese – im Tumor verhindert. Das Zusammenspiel von Blutgefäßen, Tumorwachstum und Strahlentherapie, einer der häufigsten Behandlungsmethoden, untersuchten nun Wissenschaftler vom New Yorker Memorial Sloan-Kettering Cancer Center.

Monica Garcia-Barros und ihre Kollegen nahmen dabei ein Eiweiß ins Visier, das die Endothelzellen in den programmierten Zelltod treibt – die Blutgefäße sterben dadurch ab. Dieser als Apoptose bezeichnete Vorgang ist ein ganz normaler Prozess im Organismus. Doch ohne das Protein Acid Sphingomyelinase (Asmase) können Epithelzellen den Selbstmord nicht vollziehen.

Die Forscher produzierten zunächst gentechnisch veränderte Mäuse, denen Asmase fehlt. Diesen Tieren implantierten sie dann Tumorzellen, die dort kräftig wucherten – mehr als doppelt so schnell wie in unveränderten Kontrollmäusen. Gleichzeitig war die Selbstmordrate der Endothelzellen bei den Nagern ohne Asmase deutlich niedriger – die Geschwulste waren also besser durchblutet und wuchsen deswegen schneller.

Nun wurden die Nager bestrahlt. Bei normalen Mäusen starben daraufhin rund die Hälfte der Endothelzellen und etwa ein Drittel der Tumorzellen ab: Der Tumor schrumpfte. Die veränderten Tiere dagegen zeigten keinerlei Reaktion auf die Behandlung: Keiner der beiden Zelltypen ging zugrunde, und der Krebs war gegen die Bestrahlung resistent geworden.

Die Forscher schließen aus ihren Beobachtungen, dass die Strahlenbehandlung nicht nur durch die direkte Schädigung des Krebszellen-Erbguts wirkt, sondern zu einem guten Teil auch dadurch, dass Endothelzellen absterben und dem Krebsgeschwür damit der Versorgungshahn abgedreht wird. Diese Erkenntnis könnte neue Therapiewege öffnen: Die Strahlenbehandlung könnte möglicherweise effizienter gemacht werden, indem man die Menge an Asmase in den Epithelzellen des Tumors senkt.

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