Direkt zum Inhalt

Bionik: Zweischicht-Gel kühlt ohne Strom

Ingenieure schauen sich einen Trick beim Kamel ab: warum es kühl bleibt, ohne allzu viel zu schwitzen, und das trotz seines dicken Fells. Trotz? Wegen!
Kühlendes Zweischichtengel

Ein Kühlsystem ohne Bedarf an Elektrizität nach dem Vorbild der Natur stellen Forscher im Fachmagazin »Joule« vor. Es besteht aus zwei Lagen verschiedener Gele und soll hitzeempfindliche Materialien wie etwa Impfstoffe selbst in sehr heißen Umweltbedingungen mit Hilfe einer passiven Verdunstungskühlung lange wohltemperiert halten. Als Vorbild diente den Wissenschaftlern des MIT um Jeffrey Grossman dabei das wüstentaugliche Kühlungsprinzip der Kamelhaut.

Der Kamelhaareffekt beruht darauf, einerseits die Hautoberfläche von der Umgebungshitze abzuschirmen, andererseits aber Schweiß aus den Schweißdrüsen durchzulassen, um eine kühlende Verdunstung zu gewährleisten. Der Effekt ist auch experimentell bestätigt, wie die Forscher in einer Pressemeldung schreiben: Ein zu Testzwecken kahl rasiertes Kamel verliert gegenüber einem unrasierten bei gleichen Umweltbedingungen 50 Prozent mehr Flüssigkeit durch verdunsteten Schweiß, um seine Körpertemperatur halten zu können.

Für die künstliche Kamelkühlungssimulation setzen die MIT-Forscher ebenso auf zwei Lagen von Materialien: Eine obere, flüssigkeitsdurchlässige Schicht aus Aerogel simuliert die Fellschicht. Darunter befindet sich ein Hydrogel – ein gelatineartiges Schwammmaterial, das zu 97 Prozent aus Wasser besteht. Die Flüssigkeit verdunstet dann allmählich durch das Aerogel nach außen und kühlt den Inhalt unter den beiden Lagen. Ein Prototyp aus einer fünf Millimeter dicken Lage Hydrogel, die mit fünf Millimeter Aerogel geschützt war, trocknete dabei rund fünfmal langsamer aus als ein ungeschütztes Hydrogel. Währenddessen kühlte es die darunterliegende Bodenschicht stetig um sieben Grad Celsius herunter. Das Hydrogel kann nach dem Austrocknen erneut mit Wasser aufgetankt und wiederverwendet werden.

Das stromlos funktionierende Kühlaggregat könnte gerade in Gegenden mit schlechter Elektrizitätsversorgung nützlich sein – etwa für die Aufbewahrung von Medikamenten oder Impfstoffen beim Transport, hoffen die Wissenschaftler.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.