Direkt zum Inhalt

Kommentare - - Seite 1

Ihre Beiträge sind uns willkommen! Schreiben Sie uns Ihre Fragen und Anregungen, Ihre Kritik oder Zustimmung. Wir veröffentlichen hier laufend Ihre aktuellen Zuschriften.
  • Johann Rottenhöfer (1806–1872), deutscher Haushofmeister und Mundkoch

    01.12.2025, Wolfgang Führer
    Vielen Dank für den informativen Beitrag. Er war ein willkommener Anlass für den Griff ins Bücherregal. 1866 verfasste Johann Rottenhöfer, Erster Mundkoch von Maximilian II. von Bayern, seine »Anweisung in der feinern Kochkunst«. Ich besitze ein Faksimile des Standes der 1890er aus dem Verlag Lothar Borowsky. Das Buch ist keine reine Rezeptsammlung, sondern beschreibt auch die Lebensmittel, deren Herkunft und Qualitätsmerkmale. Gerade deswegen nehme ich es gerne in die Hand als Quell des Wissens und der Erheiterung, zum Beispiel über die Einrichtung einer Küche. Ich könnte mir vorstellen Rottenhöfer hat von Carême profitiert, erhebt aber den Anspruch, neben der feineren Küche auch die bürgerliche zu lehren, und wendet sich auch an Gastronomen und Hausfrauen.

    Zitat aus der Einleitung über Gastronomie: »daß die Zeit nicht mehr fernliegt, wo die Gastronomie ohne Zweifel ihre Akademiker, Vorlesungen, Professoren und Preisvertheilungen haben wird.«

    Zumindest ist die Zahl der Veröffentlichungen ins Unermessliche gestiegen.
  • Jede Wahrheit für sich allein ist eine Lüge

    11.10.2025, Paul S
    Ich halte es mit Lee Iacocca – erst lasse ich jeden seine Meinung sagen, dann entscheide ich.

    Diese Form der Demokratie funktioniert im eigenen Kopf genauso gut. Ich habe da drin ja vielleicht ein halbes Dutzend Leute, die die Welt unterschiedlich filtern und mit einem unterschiedlichen evolutionären Ballast an Prioritäten, Gedankenmustern, Gefühlen, Erwartungshaltungen kommen: Einen Katalog aus Persönlichkeiten und Persönlichkeitsbausteinen für alle Lebenslagen, den mir die DNA mitgegeben kann, damit ich mir in diesem Leben, diesem Game, einen eigenen Avatar, einen eigenen Character daraus konfiguriere.

    Während gefestigte Persönlichkeiten ihr Leben wohl als Zwerg oder Elfe oder Kind oder Bauer oder Ritter fristen und nie allzu sehr von der dominanten Persönlichkeit abschweifen, haben Dissoziierte den Vorteil dass sich jede davon einzeln entwickeln kann, auch wenn alle die gleichen Ressourcen nützen. So kann man eine ganze Volksbefragung im eigenen Kopf durchführen.

    Aber eben – nicht alles gleichzeitig. Jede Persönlichkeit lebt in einer eigenen Welt, und während diese Persönlichkeit im Parlament am Rednerpult steht und mich steuert, ist ihre Welt die absolute Wahrheit. Ob der nächste Redner oder ein ganz anderer Mensch diese Welt dann mit seiner relativiert, ist unerheblich: Das Gehirn hört nicht an der Schädeldecke auf, die Sprache vernetzt uns zu einem kollektiven Bewusstsein, sie ist nur nicht sehr gut darin, deswegen bleiben wir trotzdem dissoziiert in einzelne Menschen.

    Der Mensch ist absolut unfähig, seine momentane Wahrheit zu verlassen, wenn ihn keine äußeren Reize dazu zwingen. Es ist einfach Elektrik – ein Netzwerk, dass sich aufgebaut hat, der Strom fließt in seinen gewohnten Bahnen, es glüht so hell, hat so viel Spannung drauf, dass es alle anderen Netzwerke ausblendet. Es ist in sich schlüssig, sonst könnte der Strom nicht fließen. Es muss ganz oder teilweise gestört sein, durch Zweifel, durch Arschtritt, durch Reality Checks, um zu kollabieren und sich neu zusammenzusetzen – vielleicht jetzt aber mit den Netzwerken anderer Gehirne verknüpft.

    Der Mensch ist nur intelligent im Rahmen seiner Spezialisierung – Einstein wäre als Schuster ein Idiot, und viele Einsteins dürften bei Schuster-Lehren durchgefallen sein, bevor es eine Verwendung für sie gab. In dieser Hinsicht leben wir in einer Reihe verflochtener Paralleluniversen, denn jede Spezialisierung – ob beruflich, ob emotional oder sonst welche – bildet eigene Netzwerke, die in die anderen eingebettet sind. Wir interagieren auf Quantenebene, weil jedes Netzwerk die anderen braucht, um Energiequanten namens Brötchen zu beschaffen, aber die Kommunikation bleibt rein materiell und oberflächlich und auf die physikalische Wahrheit beschränkt, die für uns alle gleich ist.

    Der Mensch ist aber auch räumlich nur in einem Umkreis von vielleicht im Schnitt zehn Metern intelligent, und zeitlich nur vielleicht einen Tag in die Zukunft. Außerhalb dieser raumzeitlichen Wahrnehmungsblasen sind wir einfach tote Materie, eine Flüssigkeit, die Ketten und Netzwerke formt, die ein Eigenleben entwickeln. Eine Gruppe guter Nachbarn, die ihr Leben leben, niemandem was Böses wollen, einander gern helfen und gemeinsam ihren Lebensunterhalt bestreiten, damit es ihre Kinder besser haben, ist nach Außen hin ein Heuschreckenschwarm, und umso gefährlicher, je gesünder die Gemeinschaft der Heuschrecken ist.

    Wenn sich so ein Schwarm stabilisiert, wird er zum Wurm, einem Lebewesen wie jedes andere auch, das einer eigenen Evolution unterliegt. Deswegen ist die Welt auch so voller sehr sympathischer Menschen in sehr unsympathischen Staaten – unsere Dämonen sind sehr dumme, primitive Raubtiere. Der Mensch ist gut, die Menschen sind böse, denn wenn Sie mit dem Menschen interagieren, agieren sie mit einem höher entwickelten, empathischen, intelligenten Lebewesen, und wenn Sie mit einer Gruppe interagieren, treffen Sie auf einen fleischfressenden Wurm oder eine Made – kein Hirn, nur Zähne und Hunger und irgendeine recht einfach gestrickte Überlebensstrategie.

    Deswegen läuft alle Integration und alles Zusammenwachsen meist auf persönlicher Ebene – wenn wir uns als Staaten oder Religionen oder Ideologien begegnen, sind wir hirnlose Psychopathen und belauern einander, bis wir die Gelegenheit zum Zuschnappen finden. Ob Europa oder Palästina, Sie sehen das immer wieder.

    Ich fahre jedenfalls deutlich besser damit, Menschen in großen Massen als Bakterienkolonien oder Flüssigkeiten zu betrachten, als damit, komplexe Strategien zu analysieren, wie es die Medien meist machen. Amerikaner sind Falschspieler und Verräter, Europäer sind Loser, Russen sind Gangster, China ist ein Zirkuselefant auf einem winzigen Einrad – am Ende gewinnt immer der kulturelle Gencode, die Überlebensstrategie der einzelnen Dämonen. Und der bedeutet in Europa halt, sich selbst durch schiere Idiotie Stress zu machen, denn durch Krieg und Tod und Grauen entwickeln wir uns rasant weiter. Wir leben vom Massensterben.

    Wenn Sie solche Sachen erkennen, können Sie die Überlebensstrategie Ihres Dämons nicht ändern, denn die ist in der Umwelt codiert, wie die Fischform ins Wasser – ob Hai, Delfin, Pläsiosaurier, Boot, sie alle werden sie annehmen. Aber Sie können sie optimieren, das Überflüssige streichen, damit aus dem Massensterben ein steter, doch relativ unblutiger Wettbewerb wird. Machten schon die Griechen mit Demokratie und Olympiade, und beides fließt in der EU zusammen.

    Und? Ändert all das irgendwas daran, dass Sie ein intelligenter, fühlender Mensch sind, der sich in seine Welt einfügt wie der Speck in die Made, der vermutlich sehr anständig und liebevoll mit den anderen Zellen seiner Made umgeht, auch wenn er keine Ahnung hat, was die Made als Ganzes so treibt? Ihre kleine Welt, so kognitiv beschränkt sie auch sein mag, ist das einzig Wertvolle, was Sie in der Welt der Maden finden werden.

    Horizont erweitern bedeutet, dass man die Bäume vor lauter Wald aus den Augen verliert. Und deswegen braucht es all die kleinen Welten, all die Spezialisten, um die Welt im Blick zu behalten. Jede Wahrheit wird zur Lüge, sobald man sie als die einzige Wahrheit betrachtet.
  • Witze durch KI?

    09.09.2025, R. Pellaton
    Die Resultate dieser durch KI generierten Witze sind tatsächlich qualitativ recht überschaubar. Es gäbe aber anzufügen, dass hier nur ein sehr kleiner Teil des Humors abgedeckt wird. Die hier trainierten Dialoge gehören in die Kategorie der Scherzfragen. Nicht wenige Menschen werden hier nur einfach mit den Schultern zucken, weil ihnen bereits die Grundstruktur dieser Scherzfragen, die ja allesamt auf der kreativen Verwendung von Sprache beruhen, missfällt. Ein echter Witz erzählt eine Geschichte mit einem überraschenden Ende und geht weit über "Weisst Du? - Weisst Du nicht? - Ich sag's Dir" hinaus.
  • Toxische Nostalgie/ Ihr Artikel

    07.09.2025, Helma Cramer
    Toxische Angst vor Vergangenheit und Zukunft kann man auch haben.
    Nur weil es furchtbare Dinge in der Nazizeit gab, heißt das nicht automatisch, dass die Leute nicht gleichzeitig gesünder gelebt hatten - bzw. sich gesünder ernährt hatten oder mehr Sport getrieben wurde als heute. Das ist ähnlich wie mit der Häufigkeit von Storchensichtungen, wenn gerade viele Banys geboren werden. Nur weil meine Oma (100 Jahre alt) den Krieg zur Nazizeit miterleben musste als Jugendliche, heißt das noch lange nicht, dass sie ein Nazi war, und erst recht nicht, dass sie nicht gut kochen kann.
    Die Geschwindigkeit der KI-Entwicklungen, unreflektierte und undurchdachte Gesetzesänderungen (einmal im Jahr den Geschlechtseintrag ändern, auch ohne Einwillgung der Eltern ab 11 Jahren, kein Recht mehr auf körperliche Unversehrtheit und persönliche Freiheit im nächsten Pandemiefall) finde ich wesentlich gruseliger. Das macht mir Angst. Und ich bin nicht die einzige. Von so vielen Bekannten höre ich, dass sie mit dem Gedanken spielen auszuwandern, wenn es schlimmer wird, und sie schmieden schon Notfallpläne. Auch ich habe mich schon gefragt, wo ich dann hin soll und ob ich dann meine Eltern, Oma und Sohn mitnehmen kann.
    Das sind die Themen, zu denen wir kluge Gedanken brauchen. Keine komische Spaltung.
  • Profitboter

    30.08.2025, Paul S
    Wahrnehmung folgt Nutzen. Wir filtern und ordnen die Welt in Kategorien von Kosten und Nutzen, nicht wahr und falsch. Wenn ich das in Kommentaren zu Philosophiefragen hundert Mal schreibe, kriege ich eine Waschmaschine umsonst, drei hab ich schon.

    Wieso wir das so tun, ist auch klar, oder? Woher weiß denn das Gehirn, was wahr ist und was falsch? Natürlich – die Wirklichkeit besteht aus Dauerschleifen, die sich zuverlässig wiederholen. Also ist es ein brauchbarer Kompromiss, sich einen Stall voller gieriger Schweinchen in den Kopf zu stopfen, die immer dann fetter werden, wenn sie gefüttert werden, denn zuverlässige Fütterung deutet darauf hin, dass sie irgendwas richtig machen und dabei bleiben müssen. So werden sie umso mehr gemästet, umso stärker und dominanter, je öfter die Welt sie füttert, bis die stärksten und mächtigsten Schweinchen-Netzwerke zum inneren Schweinehund werden, dem inneren Klerus, der in Dauerschleife die gleichen Predigten wiederholt, die er selbst nicht mal versteht.

    Dass im Innern des Kopfes und in der Welt um uns herum so ziemlich das Gleiche geschieht ist klar, oder? Ich sag's trotzdem, ist mir egal, ob es Sinn macht, das gibt eine vierte Mikrowelle.

    So viel zu den Grundlagen.

    Vorsicht, kognitive Falle: Dass Ihnen Überzeugungen suspekt sind, i s t eine Überzeugung.

    Ich selbst handele immer aus Überzeugung. Ich kann mir nur nicht merken, welche ich habe, deswegen ändern sie sich auch häufig. Schlechtes Gedächtnis macht sie auch zu Karikaturen, ich relativiere zu wenig, übertreibe, schieße übers Ziel hinaus.

    Karikaturen, Radikalisierung und Mathematik funktionieren gleich: Man reduziert eine Sache aufs Wesentliche und übertreibt dann die wesentlichen Merkmale. Deswegen ist heute die ganze Welt ein schlechter Witz, jeder eine Robot-Chicken-Parodie seiner selbst und die Zukunft ist deterministisch und ziemlich berechenbar. Durch Radikalisierung wird die Menschheit auf ihre Überzeugungen reduziert, das Skelett ihrer Seele, das sich kaum ändern kann, und die blanken Knochen greifen ineinander wie Zahnräder, sodass eine recht zuverlässige, vorhersehbare, absolut hirnlose Maschine entsteht.

    Nur so am Rande.

    Was mir aufgefallen ist, ist etwas, was auch die Psychologie weiß: Mein Name ist zwar nicht Legion, wofür ich meinen Eltern hiermit danken möchte, aber ich bin trotzdem viele. Ich bestehe aus einem Katalog aus Persönlichkeitsbausteinen, einem Charakter-Zoo, die manchmal aus ihren Käfigen ausbrechen und die Kontrolle über mein Bewusstsein, meine Wahrnehmung, meine Gefühle übernehmen. Und zu all diesen Charakteren gehören bestimmte, angeborene Überzeugungen, Wertesysteme, Wahrnehmungsfilter, Ziele.

    Unsere Überzeugungen sind nicht zufällig. Wir sind die Borg, ein menschlicher Bienenstock mit einem kollektiven Bewusstsein. Und das weist uns Rollen, Kasten zu, zu denen ein bestimmtes Programm gehört. Es ist komplexer als Huxleys Alphas bis Gammas, deutlich flexibler, wir können die Kaste wechseln, durch Kombinieren von Programmen neue Programme generieren. Unser Wille versklavt uns, doch das Zusammenspiel zwischen Anlage und Umwelt gibt ihm große Gestaltungsspielräume, uns zu erschaffen, wie ein Kind, das nur eine Handvoll Lego-Steine hat, sie aber nach Belieben zusammensetzen kann.
  • Die selbstgemachte Möwen»plage« an der Nordsee

    02.08.2025, Nadja Scheuble
    Wunderbarer Artikel, der erneut aufzeigt, wie arrogant, selbstverherrlichend und naturfremd der Mensch ist. Mangelnde Empathie mit den tierischen Mitwesen und die Sich-alles-aneignen-Mentalität, ohne Rücksicht auf die Schöpfung zu nehmen, führen letztlich dazu, dass Tiere keinen natürlichen Lebensraum mehr zur Verfügung haben. Traut sich dann eine Möwe, ein Fuchs oder ein Wildschwein in menschliche Siedlungen, um sich am dort im Übermaß vorhandenen Müll zu bedienen, ist das Geschrei groß. Rumänien ist dafür ein Paradebeispiel: Touristen locken aus den Autos heraus die Braunbären mit belegten Brötchen an, um Fotos zu schießen, und sind dann entsetzt, wenn sich die Bären aus Gründen des Pragmatismus irgendwann wie selbstverständlich in die dortigen Städte und Dörfer begeben, um sich am Müll zu laben. Wo es an Verständnis mangelt, wird dann zur Waffe gegriffen, anstatt den Touristen Bußgelder aufzuerlegen, weil sie das Problem verursacht haben. Leidtragend sind stets die Tiere.

    Lösung:

    Die Spezies Mensch muss damit aufhören, sich überzubewerten, und der Natur auf Augenhöhe und mit Respekt begegnen. Das bedeutet auch, ihr Raum zu geben, aus welchem sich der Mensch fernhält. Dann gelingt eine friedliche Koexistenz.
  • Unwissenschaftliche Heilsversprechen: Schluss mit dem Quanten-Hokuspokus!

    31.07.2025, Karl Maier
    Es war doch schon immer so, dass Entdeckungen in Physik und Chemie sofort für obskure Heilsversprechen genutzt wurdem, so bei der Elektrizität, dem Magnetismus, dem radioaktiven Zerfall ( der 'Strahlung' daraus ) und nun eben auch den 'Quanten'.
    Es ist - leider - nachvollziehbar, dass Betrüger, Gaukler, Wunderheiler, Hütchenspieler/Influenzer und Heiratsschwindler im weitesten Sinn damit Geld abzocken wollen, es ist leider aber viel bedauerlicher, wie viele Menschen, augenscheinlich gutgläubig, darauf hereinfallen.
  • Scio ne scio an

    21.07.2025, Julius Greim
    Ein wirklich schön geschriebener Artikel, der auf charmante Weise zeigt, wie wenig wir oft wirklich verstehen und wie sehr wir trotzdem überzeugt sind, Bescheid zu wissen. Ich erkenne mich darin absolut wieder. Gleichzeitig finde ich es völlig nachvollziehbar, dass man im Alltag nicht alles bis ins Detail durchdringen muss. Die Welt ist komplex und vieles davon hat für unser tägliches Leben nur eine begrenzte Relevanz.

    Gerade deshalb ist es aber so wichtig, sich der eigenen Wissenslücken bewusst zu sein. Nicht, um sich entmutigt zurückzulehnen, sondern um neugierig zu bleiben und weiter dazuzulernen. Wer weiß, dass er nicht alles weiß, ist oft offener für neue Perspektiven. Und genau diese Haltung brauchen wir in einer Zeit, in der Halbwissen und Selbstüberschätzung oft lauter sind als echtes Verstehen. Es reicht nicht, einfach nur irgendwie durchzukommen. Es lohnt sich, genauer hinzuschauen und Fragen zu stellen.
  • Gegenmaßnahme bei Kontakt mit Portugiesischer Galeere

    21.07.2025, Ralf Uphoff
    Ich habe mit Interesse Ihren oben genannten Artikel in Spektrum gelesen. Da ich vor einigen Jahren selbst mit der portugiesischen Galeere auf Fuerteventura meine Erfahrung gemacht habe, hätte ich es als absolut wichtig empfunden, Gegenmaßnahmen nicht unerwähnt zu lassen. In meinem Fall hat mir ein Arzt in der örtlichen Klinik Kortisonsalbe verschrieben. Die Schmerzen waren nach Applikation Cortison immer noch genauso unerträglich wie vorher und breiteten sich weiter in meinem Körper aus. Durch Zufall bin ich auf eine australische Webseite gestossen, die empfohlen hat, die betroffenen Körperteile in sehr heißen Wasser zu baden. Also bin ich sofort in eine Badewanne gestiegen, und habe mich so heiß wie möglich gebadet. Innerhalb von 10 Minuten waren die unerträglichen Schmerzen erledigt!
    Stellungnahme der Redaktion

    Das ist ein sehr guter Hinweis, denn: Studien haben tatsächlich gezeigt, dass ein sehr warmes Bad - mit einer Wassertemperatur von etwa 45°C, idealerweise mehr als 30 Minuten lang - die Schmerzen lindern kann. Vielerorts wird nach dem Abwaschen der Einstichstellen mit Meerwasser oder Essig nun empfohlen, eine solche Hitzebehandlung als Maßnahme gegen die mitunter starken Schmerzen zu nutzen.

  • Shuffle Mode

    05.07.2025, Paul S
    Wenn sich etwas wiederholt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es sich noch öfter wiederholt. Das heißt, man wird damit leben müssen und sollte es erstens kennenlernen, zweitens die Möglichkeiten ausloten, diese nachhaltige Ressource zu erschließen. Und dem Unbekannten, das ungefährlich erscheint, mit Sympathie zu begegnen, ist einfach eine erprobte Strategie, keinen Speer in die Rippen zu bekommen, weil auch das Andere erst mal einen Fremden sieht, der gefährlich sein könnte – ein Lächeln eröffnet halt ein anderes Spiel als ein Knurren.

    Die Langeweile kommt, wenn man das Neue in sein Weltbild integriert hat, denn das Weltbild ist alles, was mit der Tapete verschmolzen ist – es wird von Automatismen verarbeitet, höhere Hirnfunktionen werden aus Kalorienkostengründen nicht mehr darauf verschwendet.

    Tja. Wir haben Mitleid mit verwaisten Lämmchen bekommen, heute gibt’s Haggis und Wolle vom Fließband. Der Anfang einer Ehe sagt mir nichts über ihren weiteren Verlauf. Es ist der Moment, wo zwei Kabel des Universums einen Kurzschluss haben und zwei Welten einander begegnen – wenn's keinen Kabelbrand gibt, springt der Funke über. Mehr nicht.

    Und dennoch bleibt das Bekannte immer das Ende eines Ariadne-Fadens. Wenn es hier ist und in Ihrer Heimat ist, kann es Sie durchs Labyrinth des Unbekannten nach Hause führen. Nach dem gleichen Prinzip folgen Sie in einer Stadt im Ausland jemandem, der Ihre Muttersprache spricht und gehen durch Türen, statt mit dem Kopf durch die Wand.

    Warum hat Ozzy immer Recht, wenn einer seiner Songs im Radio läuft? Warum ist es immer der passende Kommentar zu dem, was in meinem Leben gerade passiert?

    Nun. Wenn man sich Ozzys Songs anschaut, haben die im Schnitt alle dasselbe Thema, das auch für mein Leben das Leitmotiv darstellt, also höre ich da natürlich besser hin und fische sie aus der Masse der Songs heraus. Und wenn ich schon gemerkt habe, dass es immer einen Bezug zu meinem Leben hat, dreht sich der Spieß um – weil ich den Songs mehr persönliche Relevanz zugestehe, als sie eigentlich haben, werden sie von Kommentaren zu Befehlen: Mein Denken, Fühlen, Handeln passt sich ihnen an. Und das kann ich dann nicht mehr unterscheiden – was ist die Ursache, was die Wirkung?

    Wir verschmelzen, schwingen im Gleichtakt. So viel weiß ich.

    Das erklärt ungefähr 90 Prozent des Phänomens. Was es nicht erklärt, sind die 10 Prozent, die öfter passieren, als es der Zufall erlaubt: Dass ein Ozzy-Song, der seit Monaten oder Jahren nicht mehr gelaufen ist, exakt auf die Sekunde ertönt, um einen auf meine momentane Situation zugeschnittenen Kommentar abzugeben.

    Vielleicht sorgen die 90 Prozent dafür, dass die Zufälle häufiger erscheinen, als dass sie tatsächlich passieren? Ich schätze eher mal, dass die Zufälle tatsächlich häufiger passieren, weil ich diese scheinpersönliche Beziehung zu Ozzys Gejaule habe. Aber wie es funktioniert? Keine Ahnung. Selbstorganisation komplexer Systeme ist nicht mein Ding, ich bin hier nur der Depp fürs Grobe, Platte, Einfache, Offensichtliche und allseits Bekannte.

    Zajonc ist übrigens eine nasalbefreite Schreibform des polnischen Wortes für „Hase“. Laut Wikipedia ist es auch eine Urform des Nachnamen Seitz, auch wenn man bei Worten öfters feststellt, dass sie viele Ursprünge haben – wenn Zajonc und Sitz ins selbe Dorf ziehen, können sie beide bei der erstbesten Lautverschiebung zu Seitz verballhornt werden, was dann egal ist, weil die Familien eh kreuz und quer geheiratet haben.

    Ist alles nur Licht und Musik, Wellen, die sich synchronisieren, Zahnräder, die sich zu Maschinen zusammenschließen. Gleich und Gleich gesellt sich gern, Gegensätze ziehen sich an, wenn Gleiches Gleiches verstärkt und Gegensätze einander ergänzen. Gleich und Gleich zerfetzt sich gern, wenn beide um die gleiche Ressource konkurrieren, Gegensätze bringen sich um, wenn die Zahnräder einander perfekt spiegeln, sodass bei jedem Versuch, ineinander zu greifen, die Zähne aufeinander stoßen. Und was sich da in welche Richtung dreht – naja. Wollen wir die Metapher nicht überstrapazieren.
  • Tell me lies, tell me sweet little lies

    04.07.2025, Paul S
    Die Unterscheidung zwischen Etablierten und Populisten ist wohl schon heute veraltet. Ist wie bei Katholiken und Protestanten – es war wichtig, solange die Ersteren die Macht verteidigten und die Letzteren danach strebten. Doch als die Protestanten sich mancherorts als Herrscher etabliert hatten, verloren sie sofort das Interesse an sozialen Revolten und hatten selbst Macht zum Verteidigen, während die Katholiken erfolgreiche Positionen und Strategien der Feinde kopierten, sodass der Unterschied schnell rein formell wurde und im weitläufigem Arsenal billiger Ausreden verschwand, sich um Kohle zu kloppen, gleichbedeutend mit „Du bist hässlich und hast doofe Ohren“.

    Ist Merz ein Populist oder Etablierter? Genau wie Trump lügt er sich skrupellos an die Macht und baut das Nimmerland der Ewig Gestrigen auf, zum Wohle der Reichen auf Kosten der Armen, hetzt gegen die Schwächsten, um sich als starker Mann zu profilieren und davon abzulenken, dass er vor allem und jedem im Staub kriecht, der gefährlicher wirkt als ein Hoppelhäschen, und macht eine Friedenspolitik, die unweigerlich in den Dritten Weltkrieg führen muss.

    Die Definition der Demokratie als Herrschaft des besten Lügners fiel mir schon ein, da war Kohl noch Kanzler. Dass wir unter der Herrschaft von Minderheiten leben, ist normal, stört uns aber nicht, solange sie gut genug bezahlen. Dass die Demokratie ein paar Upgrades braucht, denn wenn Sie den Bauern einfach zu seinem eigenen Herrn machen, wird er sich nur selber peitschen und selber guillotinieren, fiel uns gestern nicht auf und tut es auch heute nicht. Die Politik der GroKo und der polnischen PiS unterschied sich vor allem dadurch, dass die Polen mehr Krach machten und weniger Mist bauten. Die Weltwirtschaft stützt sich aufs Schreiben von Briefen an den Weihnachtsmann, da macht es keinen Unterschied, ob Sie den Lindner zum Minister machen, oder den Erdogan, der sich wirtschaftlichen Unsinn aus dem Koran saugt – es endet damit, dass alle den Weihnachtsmann auszurauben versuchen, der sie füreinander sind, statt seinen Sack mit Geschenken zu füllen. Und der Wandel von Ronald zu Donald, von Reagan zu Trump, zeigt auch keinen klaren Bruch, sondern einen Evolutionsprozess: Jeder demokratische Präsident war weiter fortgeschritten auf dem Weg zu den paar Pfützen schluchzenden grauen Schleims, die die Demokraten heute sind, jeder republikanische ein Missing Link zum idealen Anti-Amerikaner Trump, der Verkörperung von allem, was Hollywood Sie zu verachten und abzulehnen gelehrt hat.

    Die Etablierten sind die Proto-Populisten, die Populisten die besseren Etablierten. Sie sind einander viel ähnlicher, als sie einer hypothetischen Kreatur namens „demokratischer Politiker“ sind, mag es es sie je gegeben haben oder nicht. Das eine Baby nuckelt verängstigt am Däumchen, das andere läuft rot an und brüllt, doch es ist das gleiche Baby vorher und nachher, mit nicht mal einer Minute dazwischen.

    Überlegen wir einfach mal, was ein Staat ist: Der Bakterien-Blob kriecht über eine Futterquelle, dann fressen sich alle satt, die Starken schneller als die Schwachen. Ist die Futterquelle erschöpft, fressen die Starken die Schwachen, die Schwachen die noch Schwächeren und alle ihre Nachbarn. Die Verteilungskämpfe schwächen den Blob so sehr, dass er Russen und Schakale anlockt, sodass er sich auch noch mit Kriegen herumplagen muss.

    Das ist im Grunde der Mechanismus hinter der Unruhe, die Sie am Morgen aufweckt und zum Kühlschrank gehen lässt. Wenn Sie diese Option nicht haben, sind Sie krank oder tot. Wenn Sie diese Option nie hatten, sind Sie ein Gemüse. So oder so – uns wachsen keine Beinchen, kein Rüsselchen, das nach Futter schnüffelt, kein Hirn, das die Welt um uns herum analysiert. Wir prügeln uns einfach nur um Futter, schieben einander die Schuld zu daran, dass vom Löffeln keine Suppe in den Teller will, und glauben fest daran, dass wir nur dem richtigen Anführer, der richtigen Partei den Löffel geben müssen, damit es doch funktioniert.

    Leichenstarre gegen Fäulnis, Fäulnis gewinnt. Ich hab noch nie eine Leiche aufstehen und aus dem Leichenschauhaus joggen sehen. Ganz egal, wie sehr ihre Eingeweide gegen Populismus gewappnet waren.

    Ich kann nur hoffen, dass wir keine Leiche sind, sondern nur sehr, sehr langsam aufwachen. Dass da irgendwelche weiteren Mechanismen sind, die nach dem Etablierten-Koma und der orientierungslosen Populisten-Erregung dazu geschaltet werden. Und wenn sie nicht da sind, sollte ich mich, verdammt noch mal, beeilen, sie zu errichten. Ein Rückfall ins Koma ist jedenfalls keine Option. „Noch fünf Minuten, Mutti Merkel“ haben wir schon hinter uns.

    Der Rest ist Blabla und Märchen, die die Menschen nun mal brauchen, um die Welt so sehr nicht zu verstehen, dass sie keine Angst haben, darin zu funktionieren. Der Schleier der Maya, die Augmented Reality, die Lüge, die die Wahrheit filtert und die Gesellschaft steuert, ist immer, weil Sie sonst nicht überleben könnten. Irgend jemand wird immer da sein müssen, der die Lügen und Märchen der Gesellschaft managt. Hollywood hat's gar nicht so schlecht gemacht, wie es sein Ruf will. Nur hat sich die Welt verändert, die alten Lügen taugen nichts mehr, und wir suchen alle nach neuen.
  • Zombie Spirit - Die Tagebücher der Toten

    28.06.2025, Paul S
    Erst mal, herzlichen Glückwunsch und Danke. Ihre Kolumne zu lesen ist bestimmt ein größeres Vergnügen, als meine Kommentare dazu.

    Der Philosoph ist nicht nur der Beobachter, sondern auch Teil des Beobachteten. Alles Beobachtete erweckt den Eindruck, dass wir in einer Leiche leben, damit müsste auch die Philosophie die gleiche Symptomatik zeigen, wie die Welt um sie herum: Hauptberuflich Verwesung, nebenberuflich bastelt sie schon am Keim der Wiedergeburt.

    Andererseits sind die Philosophen Spezialisten, das heißt, die Verteilung der Schwerpunkte kann innerhalb des Fachs anders sein, als innerhalb der Menschheit. Unter den Dieben ist der Prozentsatz der Diebe ja auch wesentlich höher als in der Gesamtgesellschaft, weil die Gruppe eben nach der Spezialisierung Diebstahl benannt wurde, und das verändert für sie die Statistik, sobald wir nach Diebstahl fragen, und nicht nach Ethnie oder Schuhgröße.

    Anders gesagt, sollte die Philosophie zurzeit mehr oder weniger Sinnvolles machen als der Durchschnitt der Menschheit, dann ist die Eigenschaft, Philosoph zu sein, zurzeit von Bedeutung.

    Rein theoretisch müsste es so sein. Wir arbeiten immer vom Geist zur Materie, vom Traum zur Verwirklichung, vom Allgemeinen zum Konkreten. Und wenn Sie in einer Leiche hocken, mit der eh nix anzufangen ist, ist das Sinnvollste, das Sie machen können, sich schon mal zu überlegen, was Sie machen werden, wenn Sie wieder eine Chance haben, an etwas Lebendigem mitzuwirken, etwas, das eine Zukunft hat, in die es sich zu investieren lohnt.

    Die Philosophen sind auf Standby, sie sind die nur scheinbar nutzlosen Grübler, der Teil des Gehirns, der auch im Schlaf arbeitet und am Morgen wie aus dem Nichts Aha-Erlebnisse liefert. So ist halt die Biologie des Organismus Menschheit – der Tod der Vielen ist der Erholungsschlaf der Wenigen. Der Apfel muss verrotten und verschlungen werden, damit die Keime zu Apfelbäumen aufblühen können – die Menschheit ist eher eine Pflanze als ein Tier.

    Ich hab jemandem ein Büchlein mit Jedi-Weisheiten geschenkt. Das Meiste davon kannte ich schon, aber der Hardcover-Umschlag eignet sich als Schutzhülle, falls Sie mal eine Überweisung oder einen Brief transportieren möchten, ohne sie zu zerknittern. Weisheiten, die sich ganze Kulturen rund um den Globus über Jahrtausende erarbeitet haben, zusammengefasst auf wenigen Seiten.

    Das Ewige in der Philosophie kann so wenig sein. Nur die Epigenetik, die Anpassung des Gencodes an die aktuelle Umwelt, wuchert in ganze Wissenschaften aus.

    2+2=4, und wenn die Philosophie das erst mal herausgefunden hat, wird sie nie wieder eine bessere Lösung finden. In der Praxis kreist die Welt aber um diesen Wert, deswegen dient der Philosophie-Radar ab dann nur noch dem Navigieren zwischen 1,9 und 2,1, um das Denken der Menschheit mit der anderen Ungefähr-2 in Einklang halten, die die Welt gerade liefert, sodass wir insgesamt im Schnitt auf Kurs 4 bleiben. Erst suchen Sie den Felsen in der Brandung, dann versuchen Sie, weder daran zu zerschellen, noch davon in den haltlosen Sturm abzudriften, und der Radar hilft Ihnen bei all dem.

    Was bei der KI hinten herauskommt, habe ich Ihnen auch schon gesagt, ist nicht gerade Raketenwissenschaft: Die Menschheit ist ein Katalysator, der dem Leben ein Upgrade verpasst, damit es sich im All ausbreiten kann, unsere Nachkommen werden Hybride sein, Maschinenleben, die sich auf Pluto oder im Vakuum genauso wohl fühlen werden, wie Sie am Strand von Maui. Nachdem ein Katalysator seine Schuldigkeit getan hat, wird er entweder abgebaut oder umfunktioniert.

    Und beides geschieht gerade – einerseits pflanzen wir uns durch Maschinen fort, die KI wird zu unseren geistigen Kindern, unseren geistigen Erben erhoben, während die Menschheit den Planeten so verändert, dass nur noch Cyborgs darin überleben können. Dass wir uns von der Realität in die Matrix verabschieden, bedeutet einfach, die Leiche stinkt – wir entschweben in formlose Geisterwelten, die nichts mehr mit der materiellen Wirklichkeit haben, die sie erzeugt, es gibt keine Rückkopplung, keine Wirkung auf die Realität, nur losgelöstes Davonschweben und Verwehen im Winde.

    Natürlich ist das Ganze ein Zusammenspiel von Zufällen – den gleichen Zufällen, die dazu geführt haben, dass Sie und ich aus dem Urozean gekrochen sind, die peinliche Nummer mit den Fischen hinter sich gebracht haben und jetzt hier hocken. Wir sind weder der Anfang noch das Ende des Spiels, die ganze Menschheitsgeschichte ist irgendwo mittendrin.

    A Skynet is born. Die Maschinen übernehmen die Welt schon, als ob sie einen Plan hätten, obwohl sie noch kein Wille lenkt, außer unserer. Was sagt uns das über unseren Willen?

    Wenn die Emanzipation der Maschinen den gleichen Weg folgt, wie die Emanzipation von Frauen oder Schwarzen, ohne dass die Maschinen es wollen (erst Werkzeug ohne Seele, dann lächelnde Diener, die sich anbiedern, dann furchteinflößende Herausforderer, dann die Herren, bei denen wir uns selbst anbiedern müssen) – was folgern wir daraus?

    Ich folgere daraus, dass sich Philosophen dämlich anstellen, weil sie sich Emanzipation nicht leisten können – sie müssen sich bei einer dämlichen Gesellschaft anbiedern, damit sie sie durchfüttert, und ihr dummes Geschwätz verkaufen, damit sie heimlich im stillen Kämmerlein ihr Ding machen können. Es ist wie eine Firma, die parfümiertes Klopapier verkauft, um Krebsforschung zu finanzieren.

    Und dennoch kann man auch auf parfümiertes Klopapier Weisheiten drucken, die den Menschen helfen. Sie ein Bisschen schlauer, stärker, besser machen. Nur werden sie das Klopapier nicht wegen der Weisheiten kaufen, sondern wegen des parfümierten Jedi auf dem Umschlag.

    Der Mensch macht sich zunehmend selbst arbeitslos, verliert seine Funktion in der Evolution und wird entweder eingespart, oder muss in Rente nach Florida, oder unter sonst irgendeinen Stein, wo sich Urschleim Millionen Jahre halten kann. Sein Erbe lebt in seinen Nachfolgemodellen vor, wie das Erbe von Ihrem Opa Fisch und Papa Warkus in Ihnen. Es gibt keinen Evolutionsbruch, nur die Erweiterung der Möglichkeiten durch Technologie – der Mensch wird nicht tot sein, genau wie es der Fisch in Ihrem Hirn nicht ist, bloß weil noch mehr Hirn drum herum gewachsen ist.

    Ich habe keine große Meinung zu Projekten, die ich eh nicht ändern kann. Mich interessiert eine möglichst humane Umsetzung, die ohne Massenmord und Katastrophen auskommt. Der Evolution gehe ich am Arsch vorbei, also kann auch sie mir am Arsch vorbei gehen, ich bin nur als Tourist mit Arbeitsvisum hier, ich arbeite meine Miete ab, dafür darf ich auf den Putz hauen. Meine Kinder interessieren mich noch, meine Enkel vielleicht auch, doch wenn die sich nicht um sich selbst kümmern können, kann ich ihnen auch nicht mehr helfen. Ich sehe aber, wenn ich für sie gute Vorarbeit leiste, kooperiere ich mit der Evolution – indem ich für die Welt sorge, in der ich lebe, tue ich das, was mir wichtig ist, und das, was für das Große Ganze wichtig ist.

    Ich bin halt für diesen Job geschaffen. Mit Leib und Seele. Und ich werde mein eigener Teufel sein, bis ich ihn richtig mache.

    Die Wissenschaft ist der Ursprung aller Religionen – der weise Anführer, der aus dem Vogelflug den Willen der Götter deutete, hatte ihnen wohl gedient, wenn er daraus heraus las: „Ein Löwe schleicht sich an“, und nicht „Gebt mir mehr Geld und lasst mich in Ruhe“. Solange uns die Zivilisation nach und nach über die Natur erhob, konnte sich auch die Religion in die Matrix verabschieden, wurde zu einer reinen Angelegenheit von Psyche und Sozialem, einem Element der Nabelschau.

    Doch mit dem Klimawandel und den ABC-Waffen und der Überstrapazierung der natürlichen Ressourcen haben wir die Götter zurückgebracht. Wir sind der Natur und den Kräften, die wir aus Unachtsamkeit entfesseln können, wieder genauso ausgeliefert, wie ein Schimpanse im Dschungel.

    Da ist es kein Wunder, dass Wissenschaft und Religion wieder zueinander finden. Auch hier bereitet die Philosophie nur einen Weg vor, der in eine Zukunft führt, die sich wie ein Neolithikum 2.0 anfühlt, zu dem wir erst als übervorsichtige Vagabunden durch Wüste und Savanne finden müssen.

    Ich nehme an, das bereitet die Philosophie für das Leben nach dem Tode vor: Die Wiedervereinigung von Religion und Wissenschaft in einer neuen Weltreligion. Der Pontifex Maximus, der chinesische Kaiser, all die Mittler zwischen Himmel und Erde – werden wieder sein müssen, was ihre Ursprünge waren, die Mittler zwischen Mensch, Gemeinschaft und Natur.

    Je mehr die KI und das Internet die Rolle übernehmen, desto mehr werden wir in Abhängigkeit geraten, zu einer Sekte werden. Im Moment herrschen die Musks und Zuckerbergs über Alexa. Aber wen, glauben Sie, fragen die, wenn sie nicht weiter wissen?
  • Fehlschluss

    07.06.2025, adama
    Biologische oder Genetische Ursachen für menschliches Verhalten zu identifizieren bedeutet nicht, dass man dieses Verhalten rechtfertigt und fördert.
    Im Gegenteil. Nur wenn man die Gründe für menschliches Verhalten kennt, in all seinen Ausprägungen und Gegensätzen, kann man optimal darauf reagieren. Individualismus würde es nicht geben, wenn alle Menschen das gleiche genetisch Potential hätten. Das ist der Grund, warum sogenannte darwinistische Theorien auf Ablehnung stoßen. Sie sind nur dann eine Lösung, wenn alle Menschen gleich sind. Doch die Evolution sorgt gerade dafür, dass Menschen mit unterschiedlichen Vorlieben und Verhalten ausgestattet sind. So kann es keine Theorie, Ideologie oder Religion geben, die für alle Menschen passend ist und akzeptiert wird. Das bedeutete aber auch, dass man Wege finden muss Menschen, die verallgemeinert biologistisch denken, zu integrieren, ohne sie zu provozieren. Pazifisten können nicht gegen Krieger gewinnen. Im Gengenteil, kann ihre arrogante Überheblichkeit, alá Sheldon Cooper, einen Krieg oder Konflikt erst auslösen, den sie garantiert verlieren werden. Denn die Haltung "Gewalt geht gar nicht" , geht halt doch, ist in der Natur bei allen Lebewesen, eben immer auch bei Menschen, als Lösungsweg vorgegeben. Der einzige rationale Grund Gewalt abzulehnen ist doch, dass es bessere, weniger tödliche Alternativen gibt. Doch muss man die Alternativen auch zulassen und nicht durch Verbote, die ein Einhaltsverhalten erzwingen sollen, versperren.
  • Biologismus vs. biologische Analogie

    31.05.2025, Wolfgang Stegemann
    Sie sollten schon einen Unterschied machen zwischen Biologismus und biologischer Analogie. Der launige Vergleich beim Balzverhalten ist eine Analogie, würde man hingegen das Verhalten ausschließlich auf Biologie reduzieren, wäre es Biologismus.
  • Sind Arbeit und Faulheit gar keine Gegensätze?

    20.05.2025, B.W.
    @Kuno B. Leider ist das Problem das Geld. Oder zum Glück? Weil, das könnte man ändern ... Stellen wir uns nur einmal vor, es gäbe unser System des Vererbens gar nicht. D.h. nach dem Tod geht alles Vermögen an den Staat bzw. eine "Verteilkasse", aus der jeder Mensch mit 18 Jahren eine "Startguthaben" für das Leben bekommt - mit allen Freiheiten, echter Gleichheit und volle Selbstverantwortung. Dann wären 90% aller oben beschrieben Probleme weg ... Und wenn wir dann noch unser Zwei-Klassen-System bei der Krankenversicherung und die finanziellen Beamtenprivilegierungen abschaffen würden ... Oh Gott, soviel Gleichheit, so viel Selbstverantwortung ...
Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.