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Modellansatz: Helmholtzzerlegung

Geometrische Figuren

Jens Babutzka hat Anfang 2016 seine Promotion an der KIT-Fakultät für Mathematik verteidigt. Das Gespräch dreht sich um einen Teil seiner Forschungsarbeit – dem Nachweis der Gültigkeit der sogenannten Helmholtz Zerlegung im Kontext von Gebieten mit einer sich periodisch wiederholenden Geometrie. Das lässt sich für die Untersuchung von photonischen Kristallen ausnutzen unter der Wirkung einer Zeit-harmonischen Wellengleichung.

Für die Untersuchung von partiellen Differentialgleichungen auf Lösbarkeit, Eindeutigkeit der Lösungen und deren Regularität gibt es verschiedene Grundwerkzeuge. Eines ist die Helmholtz Zerlegung.

Falls sie in einem Raum möglich ist, kann man jedes Vektorfeld des Raumes eindeutig aufteilen in zwei Anteile: einen Gradienten und einen zweiten Teil, der unter der Anwendung der Divergenz das Ergebnis Null hat (man nennt das auch divergenzfrei).

Wann immer Objekte miteinander skalar multipliziert werden, von denen eines ein Gradient ist und das andere divergenzfrei, ist das Ergebnis Null. Anders ausgedrückt: sie stehen senkrecht aufeinander.

Die Untersuchung der partiellen Differentialgleichung lässt sich dann vereinfachen, indem eine Projektion auf den Teilraum der divergenzfreien Funktionen erfolgt und erst im Anschluss die Gradienten wieder "dazu" genommen, also gesondert behandelt werden. Da die Eigenschaft divergenzfrei auch physikalisch als Quellenfreiheit eine Bedeutung hat und alle Gradienten wirbelfrei sind, ist für verschiedene Anwendungsfälle sowohl mathematisch als auch physikalisch motivierbar, dass die Aufteilung im Rahmen der Helmholtz Zerlegung hilfreich ist.

Im Kontext der Strömungsmechanik ist die Bedingung der Divergenzfreiheit gleichbedeutend mit Inkompressibilität des fließenden Materials (dh. Volumina ändern sich nicht beim Einwirken mechanischer Kräfte). Für das Maxwell-System kann es sowohl für das magnetische als auch für das elektrische Feld Divergenzfreiheitsbedingungen geben.

Ob die Helmholtz Zerlegung existiert, ist im Prinzip für viele Räume interessant. Grundbausteine für die Behandlung der partiellen Differentialgleichungen im Kontext der Funktionalanalysis sind die Lebesgue-Räume L^q(\Omega). Eine (verallgemeinerte) Funktion ist in L^q(\Omega), wenn das Integral (des Betrags) der q-ten Potenz der Funktion über Omega existiert. Eine Sonderrolle spielt hier der Fall q=2, weil dieser Raum ein Skalarprodukt hat. Das gibt ihm eine sehr klare Struktur. Darüber hinaus ist er zu sich selbst dual. Unter anderem führt das dazu, dass die Helmholtz Zerlegung in L^2(\Omega) für beliebige Gebiete \Omega mit genügend glattem Rand immer existiert. Wenn q nicht 2 ist, sind Gebiete \Omega bekannt, in denen die Helmholtz Zerlegung existiert, aber auch Gegenbeispiele.

Insbesondere bei der Behandlung von nichtlinearen Problemen reicht es aber häufig nicht, sich auf den Fall q=2 zu beschränken, sondern die Helmholtz Zerlegung für möglichst viele q wird eine wesentliche Voraussetzung für die weitere Theorie. Das liegt u.a. an der dann verfügbaren Einbettung in Räume mit punktweisen Eigenschaften.

Jens Babutzka hat in seiner Promotion unter anderem bewiesen, dass die Helmholtz Zerlegung für L^q-Räume für die Gebiete mit einer sich periodisch wiederholenden Struktur gilt. Mathematisch muss er hierfür nachweisen, dass das schwache Neumannproblem immer eine (bis auf Konstanten) eindeutige Lösung hat in L^q.

Dabei hilft ihm die periodische Struktur der Geometrie. Mithilfe eines erst kürzlich bewiesenen Theorems von Bernhard Barth über Blochoperatoren kann er das Problem auf eine Familie von Phasenoperatoren auf der (beschränkten) periodischen Zelle reduzieren. Falls diese Operatoren regulär genug sind, lassen sie sich fortsetzen von L^2 auf L^q. Anschließend überprüft er, ob die so erzeugte Abbildung auch wirklich die Helmhotz Zerlegung ist. Hier ist ein wesentliches Hilfsmittel, dass unendlich glatte Funktionen mit kompaktem Träger dicht in den Teilräumen liegen. Außerdem ist die Fouriertheorie in der besonderen Form der Blochoperatoren hilfreich. Sie hilft später auch beim Auffinden des Spektrums des betrachteten Wellenoperators.

Für beschränkte Gebiete hängt es im Wesentlichen von der Glattheit des Randes ab, ob die Helmholtz Zerlegung in L^q gilt. Das liegt u.a. daran, dass man in der Lage sein muss, eine eindeutige Normalenrichtung für jeden Punkt des Randes zu finden. Für Knicke im Rand kann es hier Probleme geben, die dazu führen, dass das schwache Neumann Problem nur noch für q in einem kleineren Intervallbereich I lösbar ist, und nicht mehr für alle q zwischen 1 und \infty wie das bei glattem Rand der Fall ist.

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