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Modellansatz: Lerntheken

Mathe am Gymnasium

Gemeinsam geht vieles besser. Auch deshalb reden wir im Podcast über Mathematik oder darüber wie wir Mathematik lernen bzw. unterrichten möchten. Im Internet setzen sich solche Gespräche manchmal fort. In der Netzgemeinschaft rund um den Podcast hat Gudrun Jan-Martin Klinge gefunden – oder genauer sein Blog Halbtagsblog. Dort finden sich seine Beobachtungen aus dem Alltag als Lehrer für Mathematik, Physik und Arbeitslehre in einer Gesamtschule in Raum Siegen. Dabei mischt sich ganz natürlich privates mit unterschiedlichen beruflichen Aspekten, denn es ist seine persönliche Reflektion über das was gelingt, erzählenswert ist oder bedenkenswert.

Schon bald hatte Gudrun den Wunsch, einen Aspekt daraus für den Podcast aufzugreifen, nämlich Jan-Martins ganz praktische Erfahrungen mit Lerntheken. Diese setzt er in der Sekundarstufe 1 vor allem im Mathematikunterricht ein. Wie von Gudrun im Stillen erhofft, war die generelle Bereitschaft zum Gespräch schnell und enthusiastisch erklärt und es musste "nur noch" ein passender Termin gefunden werden, was ein paar Monate dauerte. Aber am 24. August 2018 war es so weit: Gudrun kam am Siegener Hauptbahnhof an und in einem netten Café schräg gegenüber entstand die vorliegende Aufzeichnung.

Wie bei allen Konzepten und Methoden gibt es Theorie und Praxis. Die Lerntheke an und für sich ist für Lehrende eine wohlbekanntes und vor allem im Unterricht für junge Schülerinnen und Schüler auch eine gut etablierte offene Unterrichtsform. Für sehr heterogenen Lerngruppen ist ihre größte Stärke, dass qua Konzept alle im eigenen Tempo unterwegs sein können. Und dass nicht nur eine Lehrperson vorn an der Tafel die Rolle hat, alles für alle erklären zu müssen, sondern auch Mitschüler diesen Platz einnehmen können und dabei ihre Hilfe an die Bedürfnisse des Gegenübers recht genau anpassen können.

Außerhalb der Primarstufe ist das Konzept in der Praxis an deutschen Schulen jedoch eher in einer Nische zu Hause. Dafür gibt es viele und gut nachvollziehbare Gründe. Andererseits zeigen aber auch solche Beispiele, wie der Alltag in Jan-Martins Unterricht, dass es gut funktioniert. Durch das Beispiel lassen sich andere anstecken, es ähnlich oder genauso auch selbst zu probieren (aktuell hat der Blogbeitrag zu "Was sind Lerntheken" z.B. etwa 150 Antworten).

Im Mathematik-Unterricht von Jan-Martin Klinge startet jedes Thema mit zwei bis drei "normalen" Mathematikstunden (also Frontalunterricht) in denen das Thema eingeführt wird. Anschließend arbeiten die Schülerinnen und Schüler einzeln oder in Gruppen mit Karten, auf denen konkrete Rechenaufgaben geübt, Probleme erforscht oder mathematische Spiele gespielt werden. Die Karten haben einen Farbcode, an dem man ablesen kann, ob es sich eher um einfache, mittelschwere oder komplexere Aufgaben handelt. Am Ende jedes Themas sollen die Kinder die mittelschweren Aufgaben bearbeiten können. Aber auch die, bei denen es richtig "Click" gemacht hat, haben genug Material mit dem sie interessantes zum Thema ausprobieren können.

Zusätzlich gibt es Karten mit Lernhilfen zu einzelnen Schritten oder Regeln. Auf den Aufgabenkarten ist jeweils vermerkt, welche Hilfskarte weiterhelfen kann. Außerdem gibt es an der Tafel eine Namensliste von Mitschülerinnen und -schülern, die für Nachfragen zur Verfügung stehen.

Besonders im Unterricht für die jüngeren Schüler gibt es am Ende jedes Themas noch eine Sicherungsphase.

Im Physikunterricht benutzt Jan-Martin Klinge die Lerntheken eher in der Phase, wo gelerntes wiederholt und gefestigt werden soll, da dort die Dichte an neuen Themen größer ist als in der Mathematik.

Zusammen mit Kollegen hat Jan-Martin Klinge die Kartensammelung auch übersetzt in andere Sprachen und mit anderen Medien und Anwendungsfällen verbunden. Besonders auf Geräten wie einem iPad ist die Realisierung leicht möglich, weil dort leicht zwischen Sprachen gewechselt werden kann, wenn Schüler in Willkommensklassen das möchten. Dafür gab es sogar 2017 die Auszeichnung mit dem Deutschen Lehrerpreis. Das Projekt ist nicht abgeschlossen und Helfer für möglichst viele Sprachen werden noch mit offenen Armen empfangen.



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