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Modellansatz: Splitting

Struktur eines Proteins, das ein Wellenmuster überlagert

Johannes Eilinghoff befasst sich in seiner Forschung mit mathematischen Fragen in der Quantenmechanik und war mit diesem Thema am Projekt Cooking Math beteiligt. Das Projekt wurde von Promovierenden im Sonderforschungsbereich Wellenphänomene (SFB) an der Fakultät für Mathematik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und Studierenden der Hochschule für Gestaltung (HfG) unter Federführung von Jill Enders und Chris Spatschek durchgeführt. Kurz vor unserem Gespräch – im November 2015 – waren das Projekt Cooking Math und die entstandenen Arbeiten beim 16. Science Slam Karlsruhe zu Gast, der im jubez stattfand.

Die Idee des Projektes ist es, dass Designstudenten von der HfG im Rahmen ihres Studiums die Promotionsprojekte von Mathematikern als Vorlage nehmen, um deren (Teil-)Inhalte kommunizierend zu gestalten. Vorgängerprojekt und zum Teil Anleihe für die Idee war das Projekt Science Vision von Jill Enders und Chris Spatchek.

Die Motivation des SFB für die Teilnahme war, die mathematische Forschungsarbeit auf ungewohntem Weg zu kommunizieren. Es waren schließlich sechs Mathematik-Doktoranden und acht Designstudierende an dem Projekt beteiligt.

Der Ablauf gestaltete sich wie folgt: An zwei Terminen hielten die Mathematiker Vorträge über ihre Arbeit. Später teilten sich die Designer bestimmte mathematischen Themen (und damit einem der Promovenden) zu und bearbeiteten es in diesen Gruppen weiter.

Johannes Eilinghoff hat mit Christina Vinke zusammengearbeitet. Sie hatte die Idee, zunächst einen für ein Laienpublikum verständlichen Text zu schreiben, der die Grundideen der Arbeit von Johannes beinhaltet. Johannes hatte bis dahin schon Erfahrungen mit Vorträgen für mathematisch Vorgebildete, aber hier war es eine besondere Herausforderung den Spagat zwischen der Korrektheit des Textes und seiner Verständlichkeit zu meistern.

Die endgültige Version entstand in Zusammenarbeit der beiden (auch mit den beiden Betreuern) und in mehreren Iterationsstufen. Sie wurde im Soundstudio von Johannes eingesprochen und in Abschnitte zu je 2-3 Sätzen unterteilt.

Als Visualisiserung des Forschungsgebietes dient außerdem eine auf den Boden gezeichnete Zickzack-Linie, die das Thema von Johannes (Splitting-Verfahren) symbolisiert. Wenn man diese Linie entlangeht, werden jeweils an den Ecken die Teilstrecken die mathematischen Ideen per Kopfhörer vom Band vorgelesen.

Johannes schätzt im Rückblick auch den Einblick in die Arbeit an der Hochschule für Gestaltung.



Text zum Vorsprechen beim Kunstprojekt »Cooking Math« mit der Hochschule für Gestaltung.

Station 1:

Lieber Zuhörer,
mein Name ist Johannes Eilinghoff. Ich bin Doktorand im Fach Mathematik an der technischen Universität in Karlsruhe.
Während Sie der Linie vor Ihnen folgen, erkläre ich Ihnen, was ich erforsche und warum Sie auf einer Linie laufen.
Ich bin beteiligt an einem großen Rätsel der Wissenschaft: Wir wollen Teilchen aus der Quantenmechanik besser verstehen. Dafür würden wir gerne wissen, wie sich kleinste Teilchen, wie zum Beispiel Elektronen, im Raum bewegen.

Station 2:

Wenn ich mit meiner Arbeit anfange, weiß ich eines so gut wie Sie: Wenn Sie jetzt auf die Uhr schauen, können Sie genau sagen, zu welcher Zeit Sie auf dem Ausgangspunkt gestanden sind.
Auch ich kenne die Ausgangszeit und Anfangsposition meiner Elektronen.
Was Sie noch nicht wissen, ist, mit welcher Geschwindigkeit Sie sich bewegen werden und zu welchem Zeitpunkt Sie in der Mitte oder am Ende der Linie angelangt sein werden. Genau das interessiert mich in meiner Forschung.

Station 3:

Leider betrachte ich nicht Sie als Forschungsgegenstand. Sie sind schön groß, wunderbar langsam und auf der ausgewiesenen Linie relativ berechenbar.
Meine Elektronen sind so klein, dass es so ist als ob Sie, lieber Zuhörer, versuchen würden, eine Maus auf dem Mond zu beobachten. Sie sind flink und tanzen so unberechenbar, dass wir einen Computer und eine mathematische Gleichung brauchen, um das Unmögliche für uns möglich zu machen.

Station 4:

Wir wollen wissen: Zu welcher Zeit ist das Elektron an welchem Ort? Und mit welcher Geschwindigkeit bewegt es sich?
Für die Lösung dieser Fragen verfolge ich folgenden Ansatz: Meine Gleichung besteht aus zwei Teilen. Ich weiß, dass jeder meiner beiden Teile mit dem Computer einfach und schnell zu lösen ist.
Die Idee ist nun, die gute Lösbarkeit der beiden Teile für mein ursprüngliches Problem zu nutzen.
Mein Vorgehen kann man sich vorstellen wie diese Linie auf dem Boden. Es ist einfach, einen Teil eines geraden Wegstücks entlang zu gehen. Wenn Sie das Wegstück immer weiter geradeaus laufen würden, würden Sie die Linie verlassen und nicht ans Ziel kommen.

Station 5:

Um ans Ziel zu kommen, macht mein Computer das Folgende: Er berechnet die Lösung des einen Teils. Diese verwendet er um den anderen Teil zu lösen. Dessen Lösung verwendet er wieder für den ersten Teil und so weiter.
Bildlich können Sie sich das wie einen Gang auf dieser Linie vorstellen: Erst nach vorne, dann entlang der Linie nach rechts, dann wieder nach vorne, und wieder nach rechts.
So schicke ich meinen Computer über Umwege ans Ziel. Das Schöne an den Umwegen ist, dass er sie wesentlich schneller und leichter berechnen kann.

Station 6:

Dieses Verfahren ist nicht exakt, denn es berechnet nicht die Lösung der ursprünglichen Gleichung, sondern nur die Lösung der beiden Teile. In meiner Forschung versuche ich nun zu beweisen, dass diese Abweichung gering ist. Damit kennen Sie die Thematik meiner Doktorarbeit.

Station 7:

Nun sind Sie am Ende der roten Linie und damit am Ziel angekommen. Hier möchte ich mich für Ihre Aufmerksamkeit bedanken und Ihnen zum Schluss noch verraten:
Die Art von Gleichungen, die ich in meiner Forschung betrachte, nennt man Differentialgleichungen.

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