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Modellansatz: Teichmüllerkurven

Symbolbild mit Gesicht, Wolken und Zahlen, das sich ein bisschen der Beschreibung entzieht. Es tut mir Leid.
Jonathan Zachhuber war zum 12. Weihnachtsworkshop zur Geometrie und Zahlentheorie zurück an seine Alma Mater nach Karlsruhe gekommen und sprach mit Gudrun Thäter über Teichmüllerkurven.

Kurven sind zunächst sehr elementare ein-dimensionale mathematische Gebilde, die über den komplexen Zahlen gleich viel reichhaltiger erscheinen, da sie im Sinne der Funktionentheorie als Riemannsche Fläche verstanden werden können und manchmal faszinierende topologische Eigenschaften besitzen.

Ein wichtiges Konzept ist dabei das Verkleben von Flächen. Aus einem Rechteck kann man durch Verkleben der gegenüberliegenden Seiten zu einem Torus gelangen (Animation von Kieff zum Verkleben, veröffentlicht als Public Domain):
Torus from rectangle von Kieff

Polynome in mehreren Variablen bieten eine interessante Art Kurven als Nullstellenmengen zu beschreiben: Die Nullstellen-Menge des Polynoms p(x,y)=x^2+y^2-1 ergibt über den reellen Zahlen den Einheitskreis. Durch Ändern von Koeffizienten kann man die Kurve verformen, und so ist die Nullstellenmenge von q(x,y)=2x^2+y^2-1 eine Ellipse. Über den komplexen Zahlen können diese einfachen Kurven dann aber auch als Mannigfaltigkeiten interpretiert werden, die über Karten und Atlanten beschrieben werden können. Das ist so wie bei einer Straßenkarte, mit der wir uns lokal gut orientieren können. Im Umland oder anderen Städten braucht man weitere Karten, und alle Karten zusammen ergeben bei vollständiger Abdeckung den Straßenatlas.

Auch wenn die entstehenden abstrakten Beschreibungen nicht immer anschaulich sind, so erleichtern die komplexen Zahlen den Umgang mit Polynomen in einem ganz wichtigen Punkt: Der Fundamentalsatz der Algebra besagt, dass der Grad des Polynoms gleich der Anzahl der Nullstellen in ihrer Vielfachheit ist. Also hat nun jedes nichtkonstante Polynom mindestens eine Nullstelle, und über den Grad des Polynoms wissen wir, wie viele Punkte sich in der Nullstellenmenge bewegen können, wenn wir an den Koeffizienten Veränderungen vornehmen.

Eine gute Methode die entstehenden Flächen zu charakterisieren ist die Bestimmung möglicher geschlossener Kurven, und so gibt es beim Torus beispielsweise zwei unterschiedliche geschlossene Kurven. Die so enstehende Fundamentalgruppe bleibt unter einfachen Deformationen der Flächen erhalten, und ist daher eine Invariante, die hilft die Fläche topologisch zu beschreiben. Eine weitere wichtige topologische Invariante ist das Geschlecht der Fläche.

Die Teichmüllerkurven entstehen nun z.B. durch das Verändern von einem Koeffizienten in den Polynomen, die uns durch Nullstellenmengen Kurven beschreiben- sie sind sozusagen Kurven von Kurven. Die entstehenden Strukturen kann man als Modulraum beschreiben, und so diesen Konstruktionen einen Parameterraum mit geometrischer Struktur zuordnen. Speziell entstehen Punkte auf Teichmüllerkurven gerade beim Verkleben von gegenüberliegenden parallelen Kanten eines Polygons; durch Scherung erhält man eine Familie von Kurven, die in seltenen Fällen selbst eine Kurve ist. Ein Beispiel ist das Rechteck, das durch Verkleben zu einem Torus wird, aber durch Scherung um ganz spezielle Faktoren zu einem ganz anderen Ergebnis führen kann.

Die durch Verklebung entstandenen Flächen kann man als Translationsflächen in den Griff bekommen. Hier liefert die Translationssymmetrie die Methode um äquivalente Punkte zu identifizieren. Für die weitere Analyse werden dann auch Differentialformen eingesetzt. Translationen sind aber nur ein Beispiel für mögliche Symmetrien, denn auch Rotationen können Symmetrien erzeugen. Da die Multiplikation in den komplexen Zahlen auch als Drehstreckung verstanden werden kann, sind hier Rotationen als komplexe Isomorphismen ganz natürlich, und das findet man auch in den Einheitswurzeln wieder.

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