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Modellansatz: Verkehrswesen

Es wird eng! Belebte Straßenkreuzung in Seoul

Im Gespräch mit Ulrike Leyn wollten wir den Blick auf Aufgaben im heutigen Verkehrswesen richten. Wir begannen die Unterhaltung damit, zu erkunden, auf welchem Weg Ulrike Leyn zum Verkehrswesen gekommen ist und schließlich für das Thema Feuer gefangen hat. Am Anfang stand wohl ihre Entscheidung für das Studienfach Wirtschaftsingenieurwesen aus dem einfachen und sehr nachvollziehbaren Grund, sich damit thematisch nicht so stark festlegen zu müssen und im Anschluss sehr viele auch sehr verschiedenartige Möglichkeiten des beruflichen Einstiegs zu haben.

Im Wirtschaftsingenieurwesen gibt es je nach Universität verschiedene Ausbildungsstrategien. An einigen muss man sich zu Beginn auf eine Ingenieurdisziplin festlegen, die dann mit ökonomischen Fächern kombiniert wird. In Karlsruhe ist die Ausbildung jedoch ingenieurtechnisch sehr breit angelegt. Es werden also Grundlagen für sehr verschiedene Ingenieurwissenschaften im Studium gelehrt und erst in der Vertiefung erfolgt eine Spezialisierung nach eigener Neigung. Außerdem ist auch der Anteil zwischen ökonomisch ausgerichteten und ingenieurstechnischen Fächern am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) je nach persönlicher Wahl stark variabel. Das waren zwei Aspekte, die Ulrike Leyn darin bestärkten in Karlsruhe zu studieren.

Für sie war es schließlich die Wahl der Fächerkombination 'Grundlagen der Raum- und Infrastrukturplanung', die zum ersten Schritt in die Richtung Verkehrwsesen wurde. Die Interdisziplinarität des Themas hat sie von Anfang an sehr angesprochen. Deshalb schrieb sie schließlich auch ihre Diplomarbeit am Institut für Verkehrswesen. Direkt im Anschluss begann sie, als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut zu arbeiten.

In ihrer jetzigen Tätigkeit im Verkehrswesen kann Ulrike Leyn vor allem ausnutzen, dass sie im Studium gelernt hat, sich in sehr viele verschiedene Probleme selbstständig einzuarbeiten. Außerdem erwies sich ihre Tätigkeit als Tutorin der Vorlesung Programmieren in Java als sehr hilfreich, um Simulationen anzupassen und automatisiert auszuwerten.

In Karlsruhe am KIT ist Verkehrswesen als Teil des Bauingenieurwesens an der KIT-Fakultät für Bauingenieur-, Geo- und Umweltwissenschaften etabiliert. Inzwischen gibt es auch einen eigenen Master-Studiengang Mobilität und Infrastruktur. Neben der Möglichkeit als Ingenieurs-Vertiefung im Wirtschaftsingenieurwesen (und der technischen VWL) kann es auch als Zusatzfach in Informatik, Physik oder Wirtschaftsmathematik gewählt werden oder als technisches Fach im Master Technomathematik. Die Lehrangebote des Instituts erstrecken sich über mehrere Bereiche.

Das Projekt, an dem Ulrike Leyn für lange Zeit gearbeitet hat und das gerade abgeschlossen wurde, soll die Möglichkeit bieten, Verkehrs-Simulation auf Computern so zu verwenden, dass man sie einfacher als Ergänzung bzw. Ersatz der Richtlinien im Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen (HBS) einsetzen kann. Diese Richtlinie hilft die Qualitätsstufe von Anlagen einzuschätzen.

Allerdings – insbesondere bei Nicht-Standard-Situationen ist es heute schon üblich, statt der stark vereinfachenden Rechnungen nach dieser Richtlinie, Simulationen zu benutzen. Denn die Voraussetzungen für die Anwendung der Richtlinien sind nur dann gegeben, wenn auch vorher Richtlinen-getreu gebaut wurde für Normalverkehrssituationen. Ein Schwerpunkt der Untersuchungen waren Autobahnen, wo z.B. Ein- und Ausfahrten und starke Anstiege besondere Herausforderungen an die Modellierung stellen. Das Ziel war kurz gesagt das Finden von Parametern, bei denen die durch Simulation erzeugten Ergebnisse denen nach der Richtlinie berechneten entsprechen.

Das klingt einfacher als es ist. Ein generelles Problem ist beispielsweise, dass es häufig nicht genug verlässliche Verkehrsdaten gibt bzw. die Güte der Daten nicht offensichtlich ist. Trotzdem soll mit den so gefundenen Einstellungen der Realität möglichst gut entsprechende Simulationen möglich werden – sogar falls keine Daten vorhanden sind – wenn man nun mit den Einstellungen arbeitet, die im Projekt gefunden wurden. Die Parameter sind zugeschnitten auf die Situation auf deutschen Autobahnen (also auch ohne Tempolimit). Der Einfluss verschieden großer Anteile von Schwerverkehr auf der Autobahn wurde untersucht und als etwas vereinfachender Standard dann 10% gewählt. Es gibt neben Standard-LKWs auch längere Zugverbände, die dann mehr Platz brauchen. Das wird auch beim Einfädeln relevant.

Bei der Bewertung der Güte der Modelle werden vor allem Endergebnisse von Simulationen für festgelegte makroskopische Größen wie z.B. die Kapazität der Strecke (nämlich typischerweise etwa 2000 PKW-Einheiten pro Fahrstreifen pro Stunde) zugrunde gelegt. Das Messen der Kapazität ist aber gar nicht so einfach, weil man eigentlich nur konkrete Fahrzeuganzahlen pro Zeit- oder Raumeinheit der Simulation oder der Realität entnehmen kann. Die Kapazität ist die Obergrenze für realisierbare Dichten, also das, was kurz vor dem Zusammenbrechen des Verkehrs als maximaler Zustand vorliegt. Eine Verkehrssimulation zum zusammenbrechen zu bringen ist aber nicht so einfach, weil es nicht vorgesehen ist.

Verkehrswesen hat viele sehr unterschiedliche Aspekte. Sie reichen von sehr technisch motivierten Arbeitsbildern zu mehr soziologisch geprägten. Letztere sind z.B. Fragen, warum Wege zurückgelegt werden, wie Verkehrsmittel ausgewählt werden und Veränderungen hierbei. Außerdem sind u.a. autonomes Fahren und Elektromobilität neue und spannende Themen.

Literatur und weiterführende Informationen


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