Direkt zum Inhalt

Wirkstoffradio: Was hat Grippe mit Sternanis zu tun?

Vogelgrippe: H5N1-Viren

Bernd und André sitzen wieder zusammen in Bernds Wohnzimmer. Es geht diesmal um einiges, was in der letzten Folge WSR019 Schlaganfall, Stroke Units und die Verantwortung der Forschung mit Prof. Dirnagl angesprochen wurde. Aber auch einige andere Themen, die den beiden sonst aufgefallen sind.

Bernd hat das von Prof. Dirnagl angesprochene Hong Kong Manifest herausgesucht, das auf der 6th World Congress on Research Integrity im Juni 2019 beschlossen wurde. Die beiden gehen die insgesamt 5 Forderungen durch und ordnen diese ein. Es wird aber auch etwas allgemein über die letzte Folge, Schlaganfälle und das Stroke Einsatz Mobil gesprochen. Außerdem hat Bernd einen spannenden Wirkstoff mitgebracht in der neuen Rubrik »Wirkstoff des Monats«. Zum Abschluss hat sich André den Gesetzesentwurf des Digitale-Versorgungs-Gesetz angeschaut und einige Einschätzungen dazu mitgebracht. Auch eine Diskussion wird geführt, was es bedeuten kann, dass Apps verschrieben werden können und was das für Patientendaten bedeuten kann.

Tolles Feedback und Engagement von Hörer*innen – Danke

Danke an alle Hörer*innen für Ihr Feedback. Viele liebe Worte und Feedback hat uns erreicht und dafür wollen Bernd und André Danke sagen. Gerne mehr davon! Ganz besonders hervorzuheben: Ein Hörer, der Bernd und André darum bat ihm Flyer zuzuschicken, damit er diese auf der Langen Nacht der Wissenschaft in Halle (Saale) verteilen könnte. Danke dafür. Außerdem gab es ein paar sehr ausführliche Kommentare unter der Folge WSR016 und unter WSR006 von dem Apotheker Friedhelm Holzwarth, mit Einordnungen zu diesen Folgen aus seinem Alltag in einer öffentlichen Apotheke. Danke Friedhelm!

Zur letzten Folge über Schlaganfälle und die Verantwortung der Forschung

Bernd und André reden über die letzte Folge WSR019 Schlaganfall, Stroke Units und die Verantwortung der Forschung mit Prof. Dirnagl, bei der es um zwei Themenfelder ging. Einmal um die Ursachen und die Behandlung eines Schlaganfalls, aber auch um die die Aktivitäten im QUEST (Quality, Ethics, Open Science, Translation) am Berlin Institute of Health (BIH).

Bezüglich Anzeichen, wie man einen Schlaganfall erkennen kann, möchte André deutlich darauf hinweisen, dass man immer den Notruf 112 wählen sollte.

Wenn es Dir, oder jemandem in Deiner Nähe, schlecht geht, und Du bist Dir nicht ganz sicher, ob es etwas Ernstes ist, dann rufe 112. Die Mitarbeiter*innen des Rettungsdienstes sind speziell geschult und werden immer Hilfe schicken.

Hong Kong Manifest und der Kontext von open science

Prof. Dirnagl leitet das QUEST (Quality, Ethics, Open Science, Translation) am Berlin Institute of Health (BIH). Als er davon erzählte, erwähnte er auch das Hong Kong Manifest, das auf dem 6th World Congress on Research Integrity im Juni 2019 beschlossen wurde. Hier der direkte Link (englisch): The Hong Kong Manifesto for Assessing Researchers: Fostering Research Integrity.

Links dazu für mehr Kontext:

Reproduktionskrise der Wissenschaft

Nachdem Bernd einigen Kontext zu dem Thema offene Wissenschaft (s.o.) und Predatory Journals (s.o.) geliefert hat, erzählt er von der Reproduktionskrise. Links dazu:

Im weiteren Verlauf gehen Bernd und André die fünf Thesen des Hong Kong Manifests durch und erklären, was dahinter steckt. Hier nochmal der direkte Link (englisch): The Hong Kong Manifesto for Assessing Researchers: Fostering Research Integrity.

André fällt bei dieser ganzen Sache ein, dass gerade im August 2019 neue »Leitlinien zur Sicherung der guten wissenschaftlichen Praxis« von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) herausgegeben wurden. Er wird diese Leitlinien für Folge 22 des Wirkstoffradios mal vorbereiten und dann vorstellen.

André hat mal einen Artikel auf seinem Blog geschrieben über Wissenschaft und Software – der passt gerade gut zu der Thematik, die zum Abschluss des Hong Kong Manifests angesprochen wird.

Neue Rubrik: Wirkstoff des Monats von Bernd

Bernd stellt in dieser neuen Rubrik immer einen Wirkstoff vor, den er bemerkenswert oder faszinierend findet – also auch nicht zwangsläufig etwas neues aktuelles aus der Forschung.

Heute geht es um den Wirkstoff Oseltamivir, der im Medikament Tamiflu enthalten ist. In der EU war die Markteinführung von Tamiflu 2002. Im Jahr 2005 gab es Hamsterkäufe von Tamiflu und von Sternanis, der Pflanze aus der der Wirkstoff gewonnen wird, als die WHO Tamiflu als Präventionsmittel gegen Grippe empfohlen hat. In den Jahren 2005 und 2006 war die Vogelgrippe H5N1 überall in der Presse. Ende 2005 stellte man erste Übertragung von Enten und Hühnern auf Schweine in China und Vietnam fest. Anfang 2006 starben zwei Kinder in der Türkei an diesem Grippevirus mit der Bezeichnung H5N1 (nachgewiesen durch Nasenabstriche).

Aber was hat Tamiflu mit Sternanis zu tun? Bernd erklärt, dass Tamiflu aus der Shikimisäure gewonnen wird, die im Sternanis enthalten ist. Aus der Shikimisäure wird, in einem neun-stufigen Prozess der Tamiflu-Wirkstoff Oseltamivir gewonnen, mit einer 35% Ausbeute.

Sternanis wird bei uns selten verwendet, bei einigen Dingen zu Weihnachten ist er enthalten. In China ist der Sternanis allerdings fester Bestandteil der Küche, insbesondere im Fünf-Gewürze-Pulver (in der Sendung sprechen Bernd und André auch von der 5-Gewürze-Mischung), die unter anderem verwendet wird um Schweinefleisch zu marinieren.

»›Roche kauft derzeit große Mengen an Sternanis, um daraus Tamiflu herzustellen. Zusätzlich dazu kaufen Leute auch das Gewürz selbst ein, um sich vor der Influenza zu schützen‹, berichtet Ed Deep, Gewürzbroker aus Hoboken/New Jersey. Hinzu komme noch die Nachfrage chinesischer Köche und die Angst der chinesischen Bevölkerung, dass sie ihr geliebtes süß-gebeiztes Schweinefleisch nicht mehr essen können. Die Medien in China sind voll mit den Meldungen, dass Sternanis dringend gebraucht werde.«

(Zitat aus »Sternanis: Hamsterkäufe für Tamiflu-Herstellung«, innovations-report.de)

»Experten wie Ulrich Matern vom Institut für pharmazeutische Biologie der Uni Marburg bezweifeln diese These allerdings. ›Ich kann mir nicht vorstellen, dass Roche aus dem Naturprodukt Sternanis das Oseltamivir herstellt. Da die Gentechnologie inzwischen weit fortgeschritten ist, wird der Stoff mit gentechnisch veränderten E. coli-Bakterien erzeugt‹, so der Experte im pressetext-Gespräch. Diese Methode sei schneller, billiger und effektiver. ›In der Phytopharmazie ist Sternanis allerdings als Medikament bekannt‹, erklärt Matern. Die ätherischen Öle wirken gegen Husten und Erkältung. Allerdings sei eine richtige Influenza damit nicht behandelbar.«

(Zitat aus »Sternanis: Hamsterkäufe für Tamiflu-Herstellung«, innovations-report.de

Der Wirkstoff Oseltamivir ist ein Neuraminidase-Hemmer, der dafür sorgt, dass der Grippevirus sich nicht mit den Viruseigenen Neuraminidase-Enzymen von der Oberfläche einer befallenen Zelle lösen kann. Im Jahr 2014 wurde Tamiflu von der Cochrane Collaboration neu eingeordnet als nicht mehr essentielles Medikament. Weitere Links zu dem Thema:

Gesetzesvorschlag: Digitales-Versorgungs-Gesetz

Es gab im Mai 2019 bereits einen Referenten-Entwurf und jetzt gibt es einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Digitale-Versorgungs-Gesetz (DVG). Der Gesetzentwurf ist hier als PDF online. André war beim ersten Einlesen fasziniert und spricht daher ein paar Aspekte an. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Ärzte Apps verschreiben dürfen, aber nur solche die beispielsweise an Medikamente erinnern, oder Tagebücher für Diabetiker*innen oder Bluthochdruckpatient*innen. Diese digitalen Medizinprodukte müssen in irgendeiner Weise kontrolliert werden. Eigentlich bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA), welche Medinzinprodukte und Leistungen von den Krankenkassen erstattet werden müssen. Im aktuellen Gesetzentwurf des DVG ist vorgesehen, dass dies nun vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gemacht wird – was ungewöhnlich und bemerkenswert ist.

André hat bei seinen Recherchen eine Stellungnahme der Bundesärztekammer gefunden, die viele der Probleme des Gesetzentwurfs anspricht, und aus der er auch zitiert. Links dazu:

Besonders über das Solidaritätsprinzip macht sich André Gedanken, denn das DVG sieht auch vor, dass Krankenkassen zusammen mit IT-Unternehmen Apps entwickeln können und auch die Sozialdaten der Patient*innen auswerten dürfen. Das würde, nach Andrés Ansicht, Möglichkeiten eröffnen das Solidaritätsprinzip zu untergraben. André bezieht sich dabei auf zwei Quellen, die er jedem zum lesen und hören ans Herz legen möchte:

Bernd macht noch eine interessante Anmerkung: So wie André den Gesetzentwurf vorgestellt hat, mit der Gefahr von Tracking durch Krankenkassen, macht man sich etwas anderes kaputt, nämlich die Mithilfe von Patient*innen, wenn es darum geht Daten für die Wissenschaft zu erheben. Wenn Apps dafür benutzt werden können, um günstigere Tarife zu bekommen, also immer Kosten für die Patent*innen mit eine Rolle spielen, dann wird die Bereitschaft von Patient*innen vermutlich gering sein, Gesundheitsdaten für die Forschung bereit zu stellen.

Anstehender Termin

André wird im Oktober 2019, wie schon im Jahr 2018, den Gesundheits-Berufe-Tag moderieren. Bei dieser Veranstaltung der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung geht es um den direkten Austausch zwischen Schüler*innen und Student*innen von Gesundheits- und Heilberufen und der Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.