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Der ewige Kalender am Becher

Treitz-Rätsel

Cornelia zu Thomas: "Hoffentlich haben wir an meinem Geburtstag nicht ausgerechnet Physik!"

Thomas: "Dann fragen wir doch mal meinen Bleistiftbecher. Der weiß nämlich von jedem Tag, was für ein Wochentag das ist, sogar für Jahrzehnte im voraus."

Was Sie dazu brauchen: eine kleine leere Konservendose, Papier, Schreibzeug.

Was Sie vorbereiten müssen: Schneiden Sie zwei rechteckige Papierstücke aus, die so breit sind wie der Umfang der Dose (mit einem Papierstreifen abmessen!). Die Höhe des einen (größeren) Streifens kann gleich der Höhe der Dose (zwischen den Umbördelungen) sein, der andere (kleinere) muss auf den unbeschriebenen Teil des größeren passen und als drehbare Bauchbinde auf ihm sitzen. Schreiben Sie auf den größeren Streifen die folgende Tabelle. Sie enthält oben die Jahreszahlen (Schaltjahre rot hervorgehoben) und unten die Nummern der Tage, der freie Platz dazwischen ist für die Bauchbinde:

Der (kleine) bewegliche Streifen enthält die Monate (Januar und Februar in zwei Farben getrennt für Schalt- und Gemeinjahre (wie der schöne Fachausdruck für die übrigen Jahre ist):

Wie es benutzt wird: Wenn die Bauchbinde so gedreht ist, dass der Monat und die Jahreszahl in der gleichen Spalte sind, steht bei jedem Tag des Monats der zugehörige Wochentag. Dabei gelten in Schaltjahren (rot eingetragen) die Spalten mit rot geschriebenen Abkürzungen für Januar und Februar, für die übrigen Jahre die blau eingetragenen.

Wenn Sie gerade nicht den Wochentag für ein Datum aus Vergangenheit oder Zukunft ablesen wollen, können Sie den laufenden Monat auf das laufende Jahr stellen und dann für alle Tage dieses Monats die Wochentage ablesen.

Wie können Sie diese Anleitung zur Anfertigung und zur Benutzung des "Immerwährenden Kalenders" selbst überlegen?

Die meisten Jahre dauern 365 Tage und haben den schönen Namen "Gemeinjahre". Alle durch 4 teilbaren Jahreszahlen gehören zu Schaltjahren (Ausnahmen: 1700, 1800, 1900, 2100, 2200, 2300, 2500 usw.), die als 366. Tag noch einen 29. Februar haben. Das hat man so festgelegt, weil ein Jahr ziemlich genau 365,2422 Tage hat und man durch diese Bestimmung (97 Schaltjahre in 4 Jahrhunderten) immerhin auf 365,2425 Tage kommt. Das wurde 1582 von Papst Gregor XIII eingeführt und galt zunächst nur in den katholischen Ländern (andere standen auf dem Standpunkt: "lieber einen ungenauen Kalender als einen vom Papst"). Vorher hatte man den nach Gaius Iulius Caesar benannten "julianischen Kalender" mit jedem vierten Jahr als Schaltjahr, also 365,25 Tagen pro Jahr.

Ein Gemeinjahr hat 52 Wochen und einen Tag Rest, ein Schaltjahr 2 Tage Rest. Wenn also Neujahr auf einen Sonntag fällt, so fällt es ein Jahr später auf einen Montag oder (wenn dazwischen noch ein Schalttag war) auf einen Dienstag, anders gesagt: ein Jahr später ist der gleiche Wochentag jeweils schon ein Datum früher dran (bzw. sogar zwei Datumstage). Aus diesem Grunde wandern unsere Jahreszahlen nach links durch die Spalten dieses Kalenders und springen bei Schaltjahren um zwei Schritte.

Mit ähnlichen Überlegungen (die hier in Worten zu umständlich wären) können Sie sich klar machen, wie die Schaltjahre und ihre ersten beiden Monate hier eingebaut sind.

Falls Sie keinen Becher-Kalender zur Hand haben, können Sie auf den folgenden Bildern die 7 Einstellmöglichkeiten sehen und benutzen. Es gibt eben – von Schaltjahren abgesehen – nur sieben wesentlich verschiedene Jahreskalender. Der eigentliche Trick ist aber, dass der gelbe Streifen in allen Bildern derselbe ist, nur zyklisch durchgeschoben:

Man kann aber auch alles aus einem Blatt ohne Bewegungen ablesen:

Wer am 29. Februar Geburtstag hat, meint vielleicht, dass er nur alle 4 Jahre feiern kann, ohne zu schummeln, aber ein Blick in den Heiligenkalender (oder in ein Messbuch) zeigt, dass der Schalttag eigentlich gar nicht der 29. ist. Vielmehr wird der 6. Tag vor den Kalenden des März, also der 24. Februar, verdoppelt.

Wenn Sie nun meinen, ich hätte mich hier verzählt: Die Römer haben so gerechnet. Der 1. März sind die Kalenden des März (Caesar wurde bekanntlich am 15., also an Iden des März umgebracht), der letzte Tag im Februar ist pridies ( = Vortag) ante kalendas Martias, der vorletzte ist dies tertius ante Kalendas Martias, wird also schon als der 3. Vortag gezählt.

So ungewöhnlich ist diese Fehlzählung übrigens nicht: Wir nennen eine Folge von 7 musikalischen Intervallen eine Oktave.

Dass wir den 9. (bis 12.) Monat September (usw. bis Dezember) nennen, also um 2 Nummern falsch, hat aber einen anderen Grund: Als die Römer den Jahresbeginn vom 1. März auf den 1. Januar veregten, machten sie sich nicht die Mühe, die Monate mit den inzwischen falschen Nummern umzubenennen.

Das französische und das gleiche englische Wort "bissextile" (das nichts mit sexueller Orientierung oder Nicht-Orientierung zu tun hat) für "Schaltjahr" oder "Schalttag" (italienisch anno bisestile bzw. giorno bisestile, mit einem x weniger und anders verteilten s) findet so seine Erklärung: Wenn zwischen zwei Hausnummern, z. B. 14 und 15, noch eine eingeschoben wird, so heißt sie bei uns 14a, in Frankreich 14bis, was eigentlich "doppelt" heißt.

Wenn Sie Matthias heißen und Ihren Namenstag korrekt feiern wollen, müssen Sie das immer (nach moderner Zählung) am fünftletzten Tag des Februar tun, also in Gemeinjahren am 24. und in Schaltjahren am 25. Februar. Es gibt noch einen (wesentlich jüngeren, nämlich erst im 19. Jahrhundert etablierten) Heiligen am Ende des Februar, und zwar den heiligen Gabriel von der Schmerzhaften Mutter, er wird immer am vorletzten Tag des Februar ("ante diem tertium Kalendas Martias") gefeiert.

Dass das Wort bissextile nicht nur in den romanischen Sprachen erscheint, sondern auch im Englischen, hat mich schon etwas verblüfft: Manchmal bestätigt sich schon, dass Englisch zu zwei Dritteln falsch ausgesprochenes Französisch ist (und zu einem Drittel falsch geschriebenes Plattdeutsch …). Etwas ernsthafter: Der größere Teil des englischen Wortschatzes (wenn auch der seltener benutzte) kommt aus dem Lateinischen, importiert erst von den Römern, dann von den Normannen (mit dem als tsch gesprochenen ch) und schließlich von bildungsbewussten Leuten der Neuzeit. So hat manches Tier im Englischen einen germanischen Namen, wenn es noch lebt, und einen romanischen, wenn es gebraten ist, z.B. ox und beef.

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