Mathematische Knobelei: Die Entdeckung Europas
die Augen der 23 Waldgeister mögen über euch wachen und euch beschützen. So wie sie ihre Hand über Alika halten in diesem fremden Land Europa, das weit entfernt von unserer Heimat liegt. Noch ferner als der Boden sind aber das Denken, Fühlen und Handeln der Menschen in Europa. In diesem Bericht will ich euch von einigen seltsamen Eigenarten dieser Leute erzählen. Sie leben so ganz anders als das Volk der No-Hau. Die Menschen in Europa sind entfernt von allen Dingen und Wesen der wahren Welt.
Zuerst ist mir aufgefallen, dass sie entfernt sind von der Erde. Ich glaube, sie haben Angst vor ihr, denn sie versuchen, die Erde einzusperren in eine dicke Hülle aus Stein. Fast überall haben sie den Boden verschlossen mit einem schwarzen Brei, der härter als jedes Holz wird, oder mit grauen Felsen mit glatter Oberfläche. Nur an ganz wenigen Stellen lassen sie die Erde atmen. Doch sie haben Furcht vor diesen Plätzen und stellen Warnschilder auf, dass niemand seinen Fuß dorthin setzt. Und Wächter verscheuchen Kinder, die ihrer Natur folgen und auf dem Gras spielen wollen. Zum Schutz vor dem Kontakt mit der Erde trägt in Europa jeder Mensch an den Füßen Säcke aus Tierhaut mit einer dicken Gummischicht unter den Fußsohlen. Auf diese Weise kann die Erde selbst dann nicht mit ihnen kommunizieren, wenn sie auf eine unverhüllte Fläche geraten.
Auch vor der Sonne und dem Wind suchen die Menschen Schutz. Ihre ganzen Körper hüllen sie in Gewebe aus Fasern, nur das Gesicht und die Hände schauen heraus. Alle Menschen fliehen die Kälte und die Wärme, indem sie mehr oder weniger von diesen Geweben um sich hängen. Und wenn es regnet, tragen sie ein künstliches Dach an einem Stock über ihren Köpfen. Niemand freut sich über diese Liebkosung des Himmels und genießt das lebensspendende Geschenk, wie es die Arme und Beine entlang fließt.
In ihrer Furcht schlafen sie nicht in der Obhut der Wälder - die Wälder sind hier auch ganz selten und so klein wie eine Siedlung der No-Hau. Die Menschen in Europa haben sich Löcher in festen Bergen aus Stein gemacht. Sie kontrollieren genau, was in so ein Loch hinein darf. Pflanzen, Tiere und sogar andere Menschen dulden sie nur in Ausnahmefällen. Meist bleibt ein Mensch oder eine Familie für sich alleine. Manche haben Tiere, die sich ihnen unterordnen müssen und von ihnen abhängig sind. In einigen Löchern gibt es Pflanzen, aber nur kleine, und diesen geben sie nur wenig Erde in einer Schale. Wahrscheinlich geschieht auch das aus Angst vor zu viel Erde.
Weil es in ihren Siedlungen kaum freien Boden gibt, wachsen auch keine Büsche und Bäume, die Nahrung schenken. Deshalb können die Menschen ihr Essen nicht selbst sammeln. Sie bekommen es aus großen Löchern in bestimmten Steinbergen. Die Nahrung der Menschen hier sieht ganz anders aus als bei den No-Hau. Meistens kann man nicht erkennen, um was für Nahrung es sich überhaupt handelt. Sie ist oft von einer seltsamen Schale umhüllt und muss vor dem Essen gekocht werden. Der Geschmack beleidigt häufig die Zunge.
Am meisten erstaunt hat mich jedoch, dass die Menschen auch von der Zeit entfernt sind. Sie stehen morgens nicht mit der Sonne auf und legen sich abends nicht mit ihr schlafen. Mit kleinen Sonnen, denen sie befehlen können, machen sie auch die Nacht so hell, dass ich nur wenige Sterne am Himmel sehen konnte. Auch ist ihnen nicht bekannt, in welchem Jahr der wievielten 23 sie gerade leben. Als ich Thorsten Heierberg danach fragte, hat er mir erklärt, die Menschen in Europa zählen seit 2002 Jahren die Zyklen von Sommer und Winter. Ich schlug ihm vor, er solle die Zahlen 1, 2, 3...2002 ohne Abstand nebeneinander aufschreiben. Er folgte meinem Rat und schrieb:
Dann fragte ich ihn, wie oft die Ziffernfolge 23 in dieser Zahlenkette vorkommt. Damit wüsste er, die wievielte 23 in Europa herrscht. Er musste die Antwort nachzählen, wobei er sich dreimal verzählte. Selbst die Kinder der No-Hau können dieses Problem durch Nachdenken lösen und brauchen nicht alles aufzuschreiben. Ich fürchte, die Menschen in Europa sind nicht sehr klug.
Meine Beobachtungen zeigen, dass die Menschen in Europa sich weit von der Welt entfernt haben und sie sogar fürchten. Vielleicht machen sie deshalb so viele Entdeckungen, weil sie nach einem Zufluchtsort suchen, an dem sie keine Angst haben müssen. Aber die Angst wohnt in ihren Herzen und begleitet sie bei jedem Schritt. Sie werden ihr nicht entfliehen können. Ich werde die Menschen hier noch intensiv weiter erforschen. Wenn die Sonne 23-mal aufgegangen ist, werde ich wieder glücklich in eurer Mitte sein.
Eure Alika
Alika hat wissenschaft-online erlaubt, ihren Brief zu übersetzen und zu veröffentlichen. Sie hat zwar Zweifel, aber vielleicht macht es den Herzen der Menschen ja Mut, wenn sie erfahren, dass die Erde nicht ihr Feind ist, sagt Alika dazu. Vielleicht können Sie einen kleinen Beitrag zur Ehrenrettung der Europäer machen und ausrechnen, wie oft die Ziffernfolge 23 in der Kette aller Jahreszahlen von 0 bis zu diesem Jahr vorkommt?
23, 123, 223, ..., 1923
In Form der Hunderter- und Zehner Stelle kommt sie ebenfalls 20 mal vor:
230, 231, 232, ..., 239, 1230, 1231, 1232, ..., 1239
Die 23 aus zwei Zahlen zusammgesetzt gibt es 12 mal:
2 3, 32 33, 302 303, 312 313, ..., 392 393
(1+1+10=12)
Insgesamt erscheint die 23 also genau 52mal.
Das mathematische Problem stammt von Univ.-Prof. Dr. Gerd Baron und Dr. Richard F. Mischak. Weitere Aufgaben finden Sie auf den Seiten des Wettbewerbs Jagd auf Zahlen und Figuren. Die erzählerische 'Verpackung' gestaltete Dr. Olaf Fritsche.
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