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Hemmes mathematische Rätsel: Liebe nach Fahrplan

Ein Mann geht an die U-Bahn-Station und nimmt die erstbeste, die kommt – nach Süden oder Norden. Warum fährt er häufiger in die eine Richtung?
Mann telefoniert am Bahnsteig

Martin Gardner (1914–2010) war Autor oder Herausgeber von über hundert Büchern, die von den unterschiedlichsten Themen handeln: Mathematik, Philosophie, Literatur, Politik, Wirtschaft, Magie, Naturwissenschaft und vieles mehr. Von 1956 bis 1984 schrieb er monatlich für das Magazin »Scientific American« die Kolumne »Mathematical Games«, in der er mathematische Spielereien und Knobeleien vorstellte. Im Jahr 1957 veröffentlichte Gardner das folgende Problem:

Ein junger Mann hat zwei Freundinnen, eine blonde und eine schwarzhaarige. Er wohnt in der Innenstadt, seine blonde Freundin in einem nördlichen und seine schwarzhaarige in einem südlichen Vorort. In der Nähe der Wohnung des jungen Mannes liegt eine U-Bahnstation, von der alle zehn Minuten ein Zug nach Norden geht, und auch die Züge nach Süden fahren mit jeweils zehn Minuten Abstand. Jeden Tag besucht der junge Mann eine seiner Freundinnen.

Da er beide Mädchen gleich gerne mag, überlässt er es dem Zufall, zu welcher er fährt. Er geht einfach irgendwann, ohne auf die Uhr zu schauen, zur U-Bahnstation und steigt in den Zug, der zuerst ankommt. Fährt dieser Zug nach Norden, besucht er seine blonde Freundin, fährt er nach Süden, besucht er das schwarzhaarige Mädchen. Trotzdem stellt er nach einigen Monaten fest, dass er neunmal so oft bei der Freundin im Norden als bei der im Süden war. Woran kann das liegen?

Es ist kein Zufall, dass der junge Mann neunmal häufiger die Blondine als die Schwarzhaarige besucht, sondern eine Folge des Fahrplans.

Die Züge in den Süden fahren immer um 0, 10, 20, 30, 40 und 50 Minuten nach jeder vollen Stunde, während die nach Norden um jeweils 9, 19, 29, 39, 49 und 59 Minuten nach jeder vollen Stunde abgehen. Trifft er also in dem Zeitraum von 0 und 9 Minuten nach der Abfahrt eines Zuges nach Süden in der U-Bahnstation ein, wird er einen Zug in den nördlichen Vorort erwischen, gelangt er aber in der Zeit von 9 bis 10 Minuten danach an, bekommt er einen Zug nach Süden.

Der erste Zeitraum ist neunmal so lang wie der zweite, deshalb ist die Wahrscheinlichkeit auch neunmal so groß, nach Norden zu fahren als nach Süden.

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